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Begegnungen mit Dichtern

19451960198020002020

Zeitgefährten. Von Felix Braun. Nymphenburger Verlagsanstalt. 154 Seiten. Preis 10.80 DM. Begegnungen mit Dichtern. Von Herbert Steiner. Rainer-Wunderlich-Verlag — Hermann Leins, Tübingen. 8 Seiten. Preis 9.80 DM.

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Zeitgefährten. Von Felix Braun. Nymphenburger Verlagsanstalt. 154 Seiten. Preis 10.80 DM. Begegnungen mit Dichtern. Von Herbert Steiner. Rainer-Wunderlich-Verlag — Hermann Leins, Tübingen. 8 Seiten. Preis 9.80 DM.

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Der schmale Band von Felix Braun ist ein Buch des Dankes und der Verehrung, der Wertschätzung, die ein Dichter für andere hegt: und zwar für Zeitgenossen. Also an sich ein seltenes Phänomen. Felix Braun, der selbst viele junge Talente auf die gütigste Weise gefördert hat, berichtet hier über seine Begegnungen und vielerlei Förderung, die er durch Hofmannsthal, Rilke, Leif- helm, Carössa, Reinhold Schneider, Hesse und Thomas Mann erfahren hat. Wir meinen Förderung im weitesten Sinn, auch die des eigenen Talents durch Bestätigung, Anregung und freundschaftlichen Zuspruch. Obwohl Felix Braun alle diese Dichter verehrt, basiert seine Beschreibung der menschlichen und geistigen Gestalt auf sehr genauen und detaillierten Erinnerungen. Zumeilen sind es fast psychologische Röntgenbilder, die er gibt. Aber Felix Brauns Sprache ist so behutsam, daß sie nie verletzt. Als Künstler weiß er auch, daß man eine Figur nicht weiß in weiß zeichnen darf. Daher setzt er nicht nur Farben (meist zarte), sondern gelegentlich auch Schatten (aber mit vorsichtiger Hand). So will dem Rezensenten, bei aller Brillanz in der Darstellung der ganz Großen, als das meisterhafteste Porträt das von Stefan Zweig erscheinen, das auch im Psychologischen dem Meister des psychologischen Porträts angemessen ist. Ein schönes, gutes und kluges Buch.

Dr: Herbert Steiner, der ver-

dienstvolle Herausgeber der großen fünfzehnbändigen Hofmannsthal- Aüsgabe. hat Sich schon als junger Gymnasiast’ nicht nur für Literatur ihtefessiert, sondern eine ganze Reihe berühmtester Dichter persönlich kennehgelefht, von denen er ins’ Vertrauen gezogen wurde. Der kaum Siebzehnjährige trifft 1909 in Wien Stefan George (Steiner vermerkt: „Er lächelte über Züge, die ihm österreichisch erschienen • - es lag ‘ Neigung und Verurteilung darin Auf Wien sei nicht viel Verlaß, dort gebe es wenig Treue, nur seltsam schönes Farbenspiel“). Und Steiner erkennt: „Der demiur- gische Trieb war wohl sein zentraler.“ Wenige Monate später ist er zum erstenmal bei Hofmannsthal. Wenn dieser von Menschen spricht, so geschieht es mit zarter Genauigkeit, „ohne die von Natur scharfen Züge zu verschärfen, mit leisem Humor, nicht ohne Hoffnung“. Derart sind Steiners Charakterisierungen, die dokumentarischen Wert haben. Die an konkreten Quellenhinweisen reiche, nur vier Seiten umfassende Studie über Hofmannsthals „Kleines Welttheater“ ist ein kleines Meisterstück. Auch Rilke hörte er noch als Schüler lesen. Früh, vor vielen anderen, beschäftigte sich Steiner mit dem esoterischen Werk Paul Valerys, dem eine erhellende zweiteilige Studie über „Valéry und Goethe“ gewidmet ist. Den stärksten persönlichen Eindruck empfängt er von Rudolf Borchardt, den er in seinem freiwillig gewählten italienischen Exil in der Nähe von Siena besucht („Bei ungeheuren Gaben eine schwere Natur“). „Drei heroische Zeiten waren Börchardts Traumsphäre, seine innere Heimat Er tränkte sie mit seinem Blut. und holte sie herauf ins Leben“: die Antike, besonders das griechische Mittelalter, unser Mittelalter: die Provenzalen, Dante und Wolfram, und die deutsche Klassik und Romantik, an die Borchardt selbst organisch anschloß. Der Reiz und Wert von Steiners Darstellungen liegt in der engen Verbindung von Persönlichem und fundiert Sachlichem, von Impression und Erkenntnis. Das Büchlein ist als Quellenwerk unentbehrlich.

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