6725078-1965_28_15.jpg
Digital In Arbeit

Der fröhliche Senor Lope

Werbung
Werbung
Werbung

Lope de Vegas stupende literarische Fruchtbarkeit hat, als Phänomen an sich, immer wieder Literarhistoriker mit statistischen Neigungen beschäftigt. Die Zahl der Werke, die er verfaßte und die man ihm zuschreibt, schwankt zwischen 400 und 3000, wobei man sogar ein durchschnittliches „Tagespensum“ von 180 Versen errechnete. Selbst wenn man Lopes eigene Worte für bare Münze nimmt, würden sich noch immer insgesamt 927 Komödien und Autos sacramentales ergeben. Kein Wunder also, daß bei solch einem Rekord an Vielschreiberei der Dramatiker seine Stoffe oft sehr sorglos handhabte, nach dem Urteil Grill-parzers „planlos wie die Natur selbst, deren Lieblingssohn er vor allen anderen Dichtern ist“.

„Die kluge Närrin“, die während der diesjährigen Klosterneuburger Kulturtage im Junioratsgarten des Stiftes aufgeführt- wurde, ist gute Mittelqualität aus dem Großangebot des Spaniers, wohl geeignet, einem trotz unsicherer Witterung sommerlich gestimmten, geneigten Publikum kurzweilige Intrigen aus den Gefilden zwischen Illescas und Madrid zu bieten. Fürwahr, es ließ sich gar artig mit Mantel und Degen über die Bühne vor dem Kaisertrakt spazieren, um so mehr, als Peter Weihs für

seine lockere, animierte Inszenierung die gut spielbare Neufassung von Helmut Schwarz heranzog. Helma Gautier war eine Närrin, die, geleitet von jener Naivität, der so oft eine typisch weibliche zielsichere Klugheit verschwistert ist, den Kavalier ihres Herzens zu erringen verstand. Mezzo-Stimme neben dieser harmlos-raffinierten blonden Anmut: Ulli Fessl, die uns diesmal voll verhaltener Glut spanisch, ergo schwarzhaarig kam. Frank Dietrich präsentierte sich mit leicht amerikanisiertem Charme und mit Sprechkultur als der auserwählte Herrlichste von allen, ein Ritter ohne Tadel, der vielleicht dereinst an der Seite der Geliebten doch mitunter ein wenig das Fürchten lernen wird. Von unserem Dichter füreinander bestimmt und einander an Munterkeit ebenbürtig: der Diener (Georg Trenkwitz) und die Zofe (Elfriede Ramhapp). Cholerisch auf das Ansehen seines Hauses bedacht, tappte Wolfgang Hebenstreith als polternder Vater durch das kleine Labyrinth behend ins Werk gesetzter Winkelzüge, ließ manches Donnerwetter los (glücklicherweise die einzigen an diesem Abend) und gab zu guter Letzt den Liebenden seinen Segen, wie es Lustspielvätern seit Lopes und Shakespeares Zeiten eben

zukommt. Ihnen allen und den übrigen Mitwirkenden dankte das Publikum für die gelungene Aufführung, nicht zuletzt dem im Programm leider nicht genannten Gitarristen, der viel dazu beitrug, daß man vermeinte, trotz der Kühle, die von der Donau heraufwehte, einen Hauch des heißen Windes von den Ufern des Tajo und des Guadalquivir zu verspüren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung