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Ein Buch der Erinnerung

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Das Buch ist jahrzehntelang aus Aufsätzen, Skizzen und Notizen gesammelt worden. „Zu den Vorfahren richtet sich sein Blick, ihre Arbeitswelt wird beschworen, mithin dürfte, wer sich am Fieber der Gegenwart erregen will, an der alten Sage einer Landschaft nicht auf seine Weise froh werden... Die Schildereien dieses Buches reichen selten über die Jahrhundertwende herauf, seine Herzmitte ist gut altösterreichisch..

Wir haben diese Worte des Verfassers, die er in seiner Einleitung ausdrücklich aussagt, durch die ganzen 249 Seiten nachprüfen und als absolut zutreffend feststellen können. Nicht die leiseste Anspielung auf die Gegenwart, wohl aber zahlreiche Historien, die auch auf ausgedehnte archivalische Forschungen schließen lassen, und auch etliche Histörchen, z. B. über die weiße Frau am Bachern, über das Gold von Tüffer, über Grünrocks Kohlenglut finden sich eingestreut, alle reden sie von ferner oder näherer Vergangenheit, und die großen historischen Schilderungen, die er über Marburg, Pettau und Cilli bringt, besonders die große Abhandlung über die Grafen von Cilli, sind rein historisch.

Sie alle aber sind gelagert und gebettet in die herrliche Landschaft, die der Dichter mit feinster Sprachkunst wahrhaftig zur Sage werden läßt, die das Ganze zu einem einheitlichen Buch verbindet. Der Bachern und die windischen Bühel, die Kollos und die vielen Burgen, wie Neuhaus, Ankenstein, Negau, Windisch-Landsberg, Pischätz, Wisell u. a., sie alle verbinden sich so sehr mit der umgebenden Landschaft, daß wir das Buch nur langsam zu lesen empfehlen, weil es beim schnellen Durchfliegen fast ein wenig monoton wirken könnte. So sehr wiederholt sich die Landschaftsschilderung. Das aber wäre gar nicht im Sinne des Dichters, der jedes einzelne Kapitel des Buches als Kunstwerk gestaltet hat.

Wie und mit welch erlesener Sprachkunst das gemacht ist, das soll uns nur ein Absatz über die Kartause Seitz zeigen:

„Die steingewordene Andacht, die wir im Anblick gotischer Bauten empfinden, hat sich hier auf zauberische Weise mit dem Antlitz der Natur ver-schwistert; die Gotik des Waldes wetteifert mit der von Menschen erdachten, und die Besinnung, die aus solchen Domen gegen Himmel schwebt, auch sie hat sich mit der Andachtsgebärde der Natur verbündet und ihre kühle Weltferne im Irdischen erlöst. Du ahnst es kaum, du fühlst es nur, daß dieser Ort von der Zeit nicht bezwungen wurde; du fühlst dich von der Feierlichkeit des Ortes angerufen, das läßt dich auch im Innersten verstummen. Ein Gesamtbild, darin du in der kindhaften Verzauberung der Natur den Pinsel Schwinds und im Ernst der Andacht den des Caspar David Friedrich zu ahnen glaubst. Hier wird verständlich, wie ungeheuer weltabweisend und gottfühlend die Seele der Gotik war... Rundum schließt wieder der Tann seine waldrauschende Einsamkeit und es ist, als sei von der ganzen Klosterherrlichkeit ihr strengstes Gebot, das der Stille, am reinsten erhalten geblieben.“

In solcher und ähnlicher Art ist das ganze Buch geschrieben. Ein feiner Kunstgriff ist das letzte Kapitel „Donatiblick“. Hier wird am großartigen Fernblick vom Donatiberg noch einmal das Ganze zusammengefaßt, die Nähen und die Fernen, und die Landschaftssage beschlossen: „Was sich im kommenden Morgen auch berge, Liebes oder Trübes, es wird sich immer vor der ewigen Größe solcher Begegnungen und Erlebnisse offenbaren müssen. Aus diesen seligen Quellen wird uns die Kraft kommen zu Bestand und Wandlung. Stark und tief ist die Heimat in uns gesunken und wir sind von ihr erfüllt.“

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