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Erlebte Kunst — ohne Fachjargon

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Von den Chinesen zu den Kindern. Notizen zur Malerei. Von Wieland Schmied. Bergland-Verlag, Wien. 116 Seiten. Preis 32 S.

Neben Betrachtungen über die chinesische Kunst des Farbholzschnitts und über die Gesetze kindlicher Zeichen- und Malkünste enthält, das Bändchen £uf-, Sätze zum Schaffen zahlreiche Kunstmaler unseres Jahrhunderts. Wer es unvorbereitet in die Hand nimmt und seine Titel überfliegt, der mag sich vielleicht noch fragen, ob denn eine solche Essaysammlung nicht nur unverbindliche Tupfen anstatt eines umfassenden Panoramas zu bieten hat. Doch wer sich in dieses Büchlein hineingelesen hat, der spürt es deutlich, wie hier ein Kenner aus dem Einzelporträt eines Künstlers oder aus dem Zentrum eines Themas immer wieder bewußt übergreift in größere Zusammenhänge. Das ist nicht der nüchterne analytische Stil der meisten heutigen Kunstästheten, es ist Durchdringung der Kunst mit dem Wissen auch aus außerkünstlerischen Bereichen, sei es aus der Anthropologie oder der Religion, der Erziehung oder der Geschichte. Schmied schlägt zum Beispiel Kreise zwischen Picassos asketischen Tierzeichnungen und den vorgeschichtlichen Symbolzeichnungen oder er erläutert die nüchternen Abstraktionen Piet Mondrians mit dem Hinweis auf übersinnliche Harmoniegesetze. Vor chinesischen Farbholzschnitten bewegt ihn nicht nur die zauberhafte Farbkunst und die feine Zeichnung, sondern ganz allgemein die chinesische Fähigkeit verinnerlichter Betrachtung, um sie schließlich bedauernd mit dem zunehmenden Verlust dieser Gabe im Abendland zu vergleichen. Seine Besprechung der Bilder aus Kinderhand wiederum führt ihn zur Kritik an der beckmesserschen Methode unserer Zeichenlehrer, die oft gerade die Endstation wahrer kindlicher Intuition bedeutet.

Die Diktion dieser Essays ist bewußt persönlich gehalten. Schmied trägt uns immer auf den Wellen seiner eigenen Begeisterung zu den Werken, die ihm wichtig erscheinen und die er verkannt, falsch verstanden oder vielleicht nur äußerlich interpretiert weiß. Er kennt nicht jene unsichtbare Bannlinie, welche die Freunde und die Gegner der modernen

Kunst scharf trennt. Indem er die formalistische Geheimsprache der „Eingeweihten" ignoriert und sich einer Betrachtungsweise von Fleisch und Blut bedient, durchbricht er sie im Gegenteil ohne Bedenken. Mag sein, daß der einzelne Leser ihm hie ' und da.-nicht folgen wird,'oder nicht folgen- will

(das ist dis Schicksal aller Betrachter mit:».'subjektivem Elanl), wir werden doch bei der Lektüre immer zum Gesprächspartner des klugen Interpreten. In unserer stummen Diskussion mit ihm gewinnen wir manchen neuen Standort und nähern uns oft dem Geist. und der Werkgesinnung zahlreicher Künstler von Picasso bis Klee, von Chagall bis Marc von ganz neuen Seiten. So schlägt aus dem schmalen Band mehr Gewinn, als der äußere Umfang von gut hundert Seiten uns vermuten läßt.

Büchereinlauf

An dieser Stelle werden sämtliche an die Redaktion eingesandten Bücher verzeichnet. Diese Anzeige bedeutet noch keine Stellungnahme zum Inhalt des Buches. Eine Rezension bleibt vorbehalten.

Colette. Von Maurice Goudeket. Deutsch von Stefanie Neumann. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien. 295 Seiten.

Mein Freund Graham Greene. Von Ronald Matthews. Paul-Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien. 349 Seiten.

Adieu, mon amour. Roman von Gabor von Vaszary. EduardWancuraVerlag,Wien. 335 Seiten.

Ursus, der Höhlenbär. Von Niels Meyn. Deutsch von Helen U h 1 s c h m i d. Eduard-Wancura-Verlag, Wien. 150 Seiten.

Das grüne Paradies. Roman von Andre Brin- court. Deutsch von Alfred Bu11ar - Moscon. Eduard Wancura Verlag, Wien. 309 Seiten.

Nicht vom Chronisten berichtet. Ein moderner historischer Roman. Von Herbert Stein. Paul- Zsolnay-Verlag, Hamburg-Wien. 351 Seiten.

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