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Heimkehr ohne Erfolg?

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„Et portae inferi non praevalebunt — Und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“ Diese Verheißung gilt für die Kirche als Ganzes, aber sie gilt nicht für das Schicksal der Kirche in einzelnen Ländern. In einzelnen Ländern kann die Kirche untergehen und verschwinden und ist auch untergegangen und verschwunden. Das berühmteste Beispiel ist Afrika, das in der Frühzeit des Christentums einer der blühendsten Teile der Kirche war, der ihr Männer schenkte wie Augustinus, .Cyprian und Tertullian, die gleichsam Säulen der frühen Kirche waren. Unter den Schlägen des Islams verschwand die Kirche aus Nordafrika, als ob es dort nie ein Christentum gegeben hätte.

Die großartige Missionstätigkeit der Jesuiten in Indien, in China und Japan im 16. und 17. Jahrhundert ■war dank kleinlicher Eifersüchteleien innerhalb der Kirche zuschan-den geworden, und der Versuch, das „Aggiornamenrto“ Johannes* XXIII. schon lim 17. Jahrhundert zu verwirklichen, 'fehlgeschlagen. Fehlgeschlagen war auch die Jesuitenmission unter den Indianern Südamerikas im 17. und 18. Jahrhundert, wiederum dank der Intrigen der christlichen Mächte. Fehlgeschlagen war auch die Jesuttenmission unter den Negersklaven Nordamerikas, dank der Härte weißer Ausbeuter.

Wohl gab es im 19. Jahrhundert überall Missionen auf der Welt. Von den Eskimos angefangen bis Lappland, von Janan bis zu den Indianern Amerikas. Sie waren nicht sehr bedeutend. Die eigentliche Missionskraft der Kirche erschöpfte ich im 19. Jahrhundert in dem Versuch, das schwarze Afrika zu missionieren. Aber die Missionare folgten im großen und ganzen den Spuren der Kolonialherren, das heißt, sie versuchten in jenen Gebieten, die sich die Weißen erobert hatten, die Lehre Christi zu verkünden. Es war eine mühsame Mission mit scheinbar sehr geringen Erfolgen. Sie stand außerdem sichtlich unter dem Schutz der weißen Kolonialherren. Was der Mission nicht immer nützte. In einer ungeheuren Explosion schüttelte innerhalb kürzester Zeit das schwarze Afrika die Kolonialherrschaft der Weißen ab. Was aber nun folgte, war nicht ein Aufblühen, sondern ein unvorstellbares Chaos. Stammesfehden sprangen auf und führten zu schauerlichen Massakern. Korruption begann in unvorstellbaren Ausmaßen zu blühen. Die nfuen Herren, die die Herrschaft der Weißen abgeschüttelt hatten, übernahmen nur zu willig den Luxus der Weißen. Von Demokratie kann in den meisten Staaten, die nun entstanden, nicht geredet werden. Viele Neger zogen es vor, aus ihrer sogenannten freien Heimat in die Südafrikanische Union zu fliehen. Denn in den dortigen Negerreservationen leben sie besser und sicherer als in der befreiten Heimat. In diesen befreiten Staaten zog sehr rasch eine oft unbeschreibliche Armut ein. Stammesfehden verwandelten sich in regelrechte Bürgerkriege. In diesem chaotischen schwarzen Afrika, das regional verfeindet ist und voller Affekte gegen die Weißen im allgemeinen und die Weißen in Rhodesien und in Südafrika im besonderen, blüht uraltes Heidentum, dringt rasant der Islam vor und blüht aber auch, fast kaum zu glauben, das Christentum. In dieses schwarze Afrika fuhr Paul VI.

Die Beiisen Pauls VI. haben einen tiefen symbolischen Charakter. Seine Beise ins Heilige Land zum Beispiel war ein Symbol des Friedens zwischen Ost- und Westkirche. Die Beise nach Südamerika ein Aufruf zur sozialen Gerechtigkeit. Die Beise nach Genf, in die Sltadt Calvins, ein Versuch, Kontakt vor allem mit der protestantischen Welt zu bekommen. Und die Beise nach Afrika sollte dieser jungen afrikanischen Kirche von höchster Stelle die Bestätigung geben, daß sie lebt und das Becht hat zu leben und daß es nicht um die Frage geht, ob sie eine lateinische oder afrikanische Kirche sein soll, sondern darum, daß es eine katholische Kirche sein soll.

In der Weltöffentlichkeit wurde als Hauptzweck dieser Beise der Versuch des Papstes, den Frieden zwischen Biafra und Nigeria herzustellen, dargestellt. Gewiß, einer der Hauptzüge dieses Pontiflkates ist sein ständiger Versuch, den Frieden zwischen den Völkern herzustellen. Und Paul VT. würde sich unverzüglich nach Vietnam begeben, wenn irgendeine Chance bestünde, daß durch diesen Schritt der Friede in Asien wiederhergestellt würde.

Aber diese Friedensversuche Pauls VI. sind von einer andieren Art als die Frietdensversuche der irdischen Mächte. Sie sind bar aller irdischen Interessen. Wohl wurde auch dem Papst unterschoben, daß er ähnlich wie Großbritannien, Sowjetrußland, de Gaulle sehr irdische Gedanken über den Frieden zwischen Nigeria und Biafra habe, aber diese Behauptungen sind völlig aus der Luft gegriffen. Die Friedensversuche Pauls VT. sind lediglich von dem Wunsch getragen, der armen und gequälten Menschheit Leid zu ersparen. Dieser so vielgeschmähte Panst ist vielleicht heute der einzige, der den Frieden Wirklich nur um des Friedens willen vermitteln will.

Der Friede in Afrika kam nicht zustande. Ohne Erfolg auf diesem Gebiet kehrte der Papst nach Born zurück. Ohne Erfolg?

Denn seine Anwesenheit im schwarzen Afrika war gleichsam ein Symbol des Mündigwerdens dieser Christen, damit sie den Mut haben, den Weg ihres Glaubens zu gehen. „Du aber stärke deine Brüder.“ Und es war der Aufruf, den niemand mehr übersehen kann, den Frieden in diesem Teil der Welt herzustellen, damit die Menschen ein menschliches Leben haben können. Vielleicht wird die Frucht dieser Reise erst sehr spät aufgehen. Nicht jeder Erfolg, der schnell komimlt, ist von Dauer. Die großen Erfolge kommen öflt leise und kaum hörbar und scheinbar hinter etoem Baravant von Mißerfolgen.

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