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IM STREIFLICHT

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PARIS ist immer noch das Mekka moderner Kunst und so ist es kein Wunder, daß zahlreiche junge österreichische Künstler, Studenten oder Kunstwissenschafter mit und ohne Stipendium für kurze oder längere Zeit nach Paris pilgern — wa6 denn auch im Interesse des gegenseitigen Kulturaustausches und der allgemeinen Völkerverständigung nur zu begrüßen ist. Nun herrscht aber in Paris wie anderswo auch drückende Wohnungsnot — und jene anonymen Träger des gegenseitigen Kulturaustausches stehen nach ihrer Reise nicht nur an der Seine, sondern auch vor dem Problem des Unterkommens — einem nahezu unlösbaren Problem! Andere und glücklichere Länder haben in der „Cite universitaire“, der Studentenstadt, für ihre Studenten und jungen Künstler vorgesorgt: dort können sie billig wohnen, vielleicht auch essen. W i r haben dergleichen nicht — und der Kulturattache der Pariser Gesandtschaft schüttelt verwundert und ratlos den Kopf, wenn ein Wiener Maler — beispielsweise •— ihn um Rat und Hilfe wider die Unterkunfts- misere bittet. Muß das sein? Wenn Österreich sich schon nicht einen Pavillon in der Studentenstadt leisten kann, könnten seine Kulturvertreter doch wenigstens einige halbwegs erschwingliche Untermietzimmer in Evidenz halten — was für Attaches zwar möglicherweise keine allzu vornehme Aufgabe wäre, dem Kulturaustausch aber nur zum Nutzen gereichen könnte.

EIN Dramatikerwettbewerb, veranstaltet von - einer der Wiener Nachmittagszeitungen, verzeichnet auch weiterhin gute Erfolge: von den zehn eingereichten Stücken — die Autoren waren namentlich zur Teilnahme aufgefordert worden — waren zwar nur zwei preisgekrönt worden, bi6 jetzt stehen aber bereits vier von ihnen auf den Spielplänen österreichischer Theater. Das ambitionierte „Kosmos“-Theater spielt des Preisträgers Harald Zusanek Drama „Die Straße nach Ca- varcere“ mit bestem Erfolg in österreichischen Landstädten, die Gastspiele größerer Theater bis jetzt nicht kennengelernt haben, das „Theater am Parkring“ wird im Herbst Raimund Bergers, des zweiten Prei6trägere, großartige „Ballade vom nackten Mann“ auf die Bühne bringen — der Sender Rot-Weiß- Rot hat übrigens beide Stücke ebenfalls in sein Hörspielrepertoire aufgenommen —, ein Grazer Theater hat mit freilich geringerem Erfolg Rudolf Bayrs „Sappho und Alkaios“ dpr Öffentlichkeit vorgestellt und abermals das kleine Parkringtheater erzielt in diesen Tagen mit Friedrich Kühnelts „Make-up“ guten Kartenverkauf. Alles in allem: Bessere Ergebnisse kann sich ein literarischer Wettbewerb kaum wünschen. Und: wie geringer Anlässe bedarf es doch, um Österreichern Mut zu künstlerischem Schaffen zu geben …

MIT tiefer Beschämung erfuhr die Offent- lichkeit dieser Tage, daß einer der bedeutendsten österreichischen Künstler -- Ludwig Heinrich Jungnickel, 71 Jahre alt — in Abbazia sein Leben fristen muß, indem er, in den Hotels von Tisch zu Tisch gehend, die Gäste um Aufträge für „Schnellporträts“ bittet. Dies ereignet sich in Abbazia, während in Wien eine staatliche Kunstsammlung denselben Künstler durch eine große und viel beachtete Ausstellung ehrt. Wenn jemals noch Subventionen und Aufträge der öffentlichen Hand als Kunsthilfen vergeben werden sollten, sei hiemit den Zuständigen verraten, wohin sie sich zu wenden haben.

SCHADE, daß aus dem gescheiten Einfall eines Wiener Gemeindefunktionärs, im Rahmen der Festwochen und in einer Straße des ersten Bezirks eine „Bouquinisten“-Aus- stellung nach Pariser Vorbild zu schaffen, nichts wurde. Freilich, solche Dinge lassen sich nicht erzwingen und daß unsere Künstler sich scheuen, ihre Arbeiten unter freiem Himmel auf einer Art von Kunst-Naschmarkt zu verkaufen, ist auch verständlich. Wie wäre es aber, wenn die Buchhändler versuchten, diesem im Grunde durchaus vernünftigen Gedanken Rechnung zu tragen? Es ist nicht nur in Pari6 üblich, daß auch erstrangige Buchhandlungen vor die Türen ihres Geschäftes Tische voll von antiquarischen Büchern stellen, in denen der Vorübergehende nach Belieben wühlen, wählen oder lesen kann -— warum sollte sich das nicht auch bei uns einführen lassen, mit oder ohne Festwochen? Bürokratische Hindernisse, die dem etwa im Wege stünden, müßten doch mit Vernunft und guten Worten zu beseitigen sein . . .

ĄLLEN Umbauten, Regulierungen und Verschönerungen der Ringstraße zum Trotz leuchten zwischen Parlament und Oper immer noch Reihen von altvaterischen Gaslaternen — oder vielmehr, sie leuchten nicht, sondern glosen trüb und grünlich Auf der Ringstraße! Und in Nußdorf und Heiligenstadt, wo Gaslaternen fast schon Denkmalschutz genießen und sie schon aus Gründen der Sentimentalität ruhig stehenbleiben könnten, ersetzt man sie nach und nadi durch elektrische Lampen Wenn die Gemeinde aber schon nicht empfindsam ist — warum beweist 6ie dann nicht wenigstens Logik, wenn sie die Wiener Beleuchtungskörper modernisiert?

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