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IM STREIFLICHT

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KULTUR in Wien war immer eine intime, persönliche Anlegenheit. Eine großartige Feier hat dies soeben den Wienern wieder bewußt gemacht: die Aufführung des „Demetrius“ und „Robert Guiscard“ zum 60jährigen Burgtheaterjubiläum der Doyenne des Hauses Hedwig Bleibtreu. Nach der Vorstellung, nach der Feier, spannte die junge Burg dem Ehrenfiaker die Pferde aus und sich selber ein, um die Künstlerin heimzubringen; wohl im sicheren Bewußtsein, daß das schönste Roß und die teuerste Sach' die eine nicht ersetzen kann: die „Tradition“, das Weiterziehen und Tragen, von Mensch zu Mensch.

DER Bibliophile merkt's: die Bücher werden billiger. Nicht die .Kunstbildbände, noch nicht die großen Erst- und Sammelausgaben; aber die dritten, die vierten und die folgenden Auflagen gehen allmählich im Preis herunter. Die Rotatiönsdruckreihen — wie sie Rowohlt, S. Fischer, .List und neuerdings auch ein österreichischer Verlag in hohen Auflagen und.zu knapp kalkulierten Preisen auf den Markt werfen — haben viel Verdienst an dieser Entwicklung und die prallgefüllten Antiquariate haben das ihre getan, die Preise zu drücken. Tatsächlich: es scheint, als ob die Zeit, in der das Buch nicht mehr Luxus-, sondern wieder Gebrauchsgegenstand sein wird, doch langsam näherrückte ...

LOB und Preis sei den schnell zahlreicher werdenden Dünndruckausgaben alter und neuer Klassiker gespendet, die uns wirklich eine neue Aera des Buchdrucks zu bringen scheinen. Die Dünndruckausgabe kann der Liebhaber bequem nach Hause nehmen, ohne Schwierigkeiten auf seinen schmaler gewordenen Bücherregalen aufstellen, er könnte sie Wohl auch. leichter „bergen“, wenn's, was wir nicht hoffen wollen, notwendig sein sollte. Freilich, ein wenig unheimlich ist es schon, wenn man all das, Was —■ zum Beispiel — ein Heinrich von.Kleist erlitten, geschrieben, errungen und mit dem Tod bezahlt hat, in die Tasche stecken kann, als wäre es ein dicker Brief. Und dabei sind's an die 1000 engbedruckten Seiten...

WIR wollen nicht allzu engherzig sein: aber “ es will uns doch nicht recht behagen, daß die Stadt Wien einen Wettbewerb zur Erlangung einer — Operette veranstaltet. Operetten mögen bei allem Respekt vor ihren Großen — geschrieben und komponiert werden, wenn Lust und Laune und Aussicht auf Erfolg da ist; aber solange die Dichter hungern, sollte man doch wohl eher sie und nicht die Librettisten fördern.

ZERTRÜMMERTEV verbogene und verquetschte “ Autokarosserien, auf ein Holzpodium gestellt und mit etlichen schreienden Reklameslogans verziert — sie mögen gewiß eindrückliche Werbemittel für Autoversicherungsgesell-schaften sein. Das ist kaum zu bezweifeln. Aber sie sind, und auch das wird niemand bezweifeln, der's gesehen hat, keineswegs ein Schmuck für die Freyung, den Schwarzenbergplatz oder die Umgebung der Oper. Dort wirken sie vielmehr, wie — nun, wie altes Gerumpel eben wirkt. Weshalb denn unsere Forderung lautet: man räume diese Zeugen stattgehabter Verkehrsunfälle schleunigst von der Freyung, dem Opernvorplatz und dem Schwarzenbergplatz weg und stelle sie dort auf, wo sie hingehören: vor Garagen in abliegenden Seitengassen und auf Parkplätze, auf denen kein Austriabrunnen, kein Denkmal und kein Staatstheater steht. •

EHRFURCHT und quasi natürliche Scham gegenüber einem Trauerfall der Geschichte bewies nicht etwa der französische Film mit der Produzierung des Streifens „Das Geheimnis von Mayerling“, auch nicht die hohe amerikanische Auszeichnung des Films, und schon gar nicht der österreichische Verleih mit der geschäftlichen Auswertung des Films in dem von der Story am tiefsten betroffenen Land —, sondern die Besatzungsmacht, die die Einreise des Films nach Niederösterreich, Burgenland und in Teile von Wien sperrte. Dieses hohe Verständnis für die Vergangenheit des befreiten Landes läßt erwarten, daß sich die gleiche Stelle demnächst auch für die Gegenwart und Zukunft Oesterreichs aufgeschlossen zeigt,

ZWEF bis vier Filmpremieren pflegen sich Freitag abends zur gleichen Stunde zu verknoten. Es läßt sich an den Fingern abzählen, daß diese Zeit wohl knapp und bei einiger Organisation zu den Straßenbahnfahrten von Kino zu Kino, nicht aber zur gewissenhaften Besichtigung und Wertung der Filme selbst reicht. Unser Vorschlag: gleichzeitige Vorführung der Filme i n ' e i n und demselben Kino (damit die zeitraubenden Fahrten fortfallen). Einen vernünftigeren Ausweg weiß wohl niemand?

NACH drei kommt meistens vier, bemerkt die „Oesterreichische Film- und Kino-Zeitung“ mit angebrachter Bissigkeit zur Nachricht von der vierten Ehescheidung der ExÖsterreicherin Hedy Kiesler-Mandl-Lamarr-Stauffer. Das kommt davon, wenn man gleich anfangs so hoch hinaus will. Von einem (Hirten- und Starhem-) Berg kann es dann nur noch bergab gehen.

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