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Jugendgeschichtep

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Melodie der frühen Jahre. Roman von Elick Moll. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Gretl Friedmann. P.-Zsoinay-Verlag. Wien—München, 196 . 231 Seiten. Preis 79 S. — Und keiner sagt ihm seinen Weg. Erzählungen über einen Fünfzehnjährigen. Von Rolf De- . 253 Seiten. Preis 13.80 DM.

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Melodie der frühen Jahre. Roman von Elick Moll. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Gretl Friedmann. P.-Zsoinay-Verlag. Wien—München, 196 . 231 Seiten. Preis 79 S. — Und keiner sagt ihm seinen Weg. Erzählungen über einen Fünfzehnjährigen. Von Rolf De- . 253 Seiten. Preis 13.80 DM.

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necke. Glock-&-Luti-Verlag, Nürnberg, 1963.

Ein Mann in der Lebensmitte, der alles hat, was man sich gemeinhin wünscht — eine schöne Frau, gute Freunde, Erfolg im Beruf und wenig Sorgen — verläßt eines Tages unversehens dieses gesicherte Dasein. Ein längst vergessener alter Frack, mit dem ein wesentliches Kapitel seiner Jugend verbunden ist, hat ihm seine bewußt verdrängte Vergangenheit wieder nahegebracht, und so macht er sich auf nach New York, wo er in einem jüdischen Viertel Brooklyns als Knabe und Jüngling aufgewachsen ist. Dort, an einem Frühlingstag, an dem eine unbekannte Frau aus dem gegenüberliegenden Mietshaus ihm zulächelt, derweil sie eine armselige Geranie auf ihr Fenster stellt, ist dann plötzlich alles wieder lebendig da, jene alte Zeit mit ihrer Wärme und Geborgenheit. Die große Familie, Spielgefährten und Freunde des Hauses, Mädchengestalten, die einst viel bedeuteten. Die Freuden und Bitternisse jener frühen Jahre werden beschworen, eine bei allen äußeren Entbehrungen erfüllte und behütete Lebensepoche, die dem Mann die innere Einsamkeit seiner Gegenwart noch spürbarer macht.

Dem Autor fehlt ganz und gar der lebenstüchtige Optimismus, den wir so gern mit amerikanischem Wesen verbinden. Sein Held gibt sich nicht zufrieden mit den Erfolgen, die er für sich buchen kann; der Ausflug in die Vergangenheit lehrt ihn nur, daß er jenen Lebenssinn, den er als Jüngling so heftig suchte, nicht gefunden hat, genauso wie ihm die echten menschlichen Kontakte verlorengingen, die einst sein Leben reich machten. Die zaghafte Frage, ob er diese Einsamkeit zu durchbrechen versuchen und zu jener anderen Einsamen, die ihm zulächelte, gehen soll, um mit ihr zu sprechen von Mensch zu Mensch, um „für eine Stunde der Wärme und Kameradschaft beisammenzusitzen“, wird wohl gestellt. Aber sie geht unter in der folgenden Schlußbetrachtung, daß jenes kleine Frühlingswunder, das zwei Unbekannte einen Augenblick lang ihre Fremdheit vergessen ließ, keine Wirkkraft über den Augenblick hinaus hat. Daß „alle beunruhigenden Winke der Unsterblichkeit“ den Menschen

ihließlich doch nicht zu andern ermögen. Daß er immer und zu llen Zeiten ausnützen und betrü- sn, zusammenraffen, hassen und irstören wird.

Das klingt trostlos, und doch liegt ber dieser Geschichte, wenigstens weit sie die Jugend jenes Mannes ihildert, etwas vom Glanz des aradieses, wenn auch eines verlornen.

Dieser Zauber fehlt völlig in Roll eneckes Bericht über das Leben nes Fünfzehnjährigen, einem Zeit- ihicksal, wie es heute viele gibt, ugen Wirkler ist einer jener Burn, die in einer Onkelehe auf- achsen, ohne den Halt und die [aßstäbe, die eine gesunde Fami- örn onnv co] hcfvnrcfänd —

lieh ausstrahlt. Fremde Menschen nehmen sich zwar des Halbwüchsigen an, zwei ältere Frauen, die ihm die tote Mutter ersetzen wollen, und zwei junge Mädchen. Aber sie alle verbinden mit ihrem Einsatz eigene Ansprüche, sind nicht selbstlos und auch nicht einsichtig genug, um ihm wirklich helfen zu können. Wenn der Junge trotzdem einigermaßen heil davonkommt und seine vielen Enttäuschungen zu verkraften vermag, es bleibt doch die Frage, wie es weitergehen wird, bis er reif genug ist, allein sein Leben zu meistern.

Der Autor hat gewiß mit diesem Bericht — es ist weder ein Roman noch eine Erzählung — ein wesentliches Zeitproblem ebenso gescheit wie verständnisvoll angeleuchtet. Schade nur, daß er leicht in den Ton des Traktats verfällt. Mitunter glaubt man, einen fleißigen Schul- aufsate zu lesen.

Anneliese Dempf

„Ich muß diese Gefahr hinter mich werfen sonst ersticke ich.“ War sein Tod durch diese Leistung gerechtfertigt, auch den uneingelösten Verpflichtungen seiner Familie gegenüber? Hätte es nicht hundert andere Möglichkeiten für Vieuchange gegeben, sich im Abenteuer zu bewähren, so, wie der ihm in

vieler Beziehung verwandte Saint- Exupery es versuchte? Die dichterische Bewältigung seiner im Alltäglichen gescheiterten Existenz hätte vielleicht gerechtfertigt, was diese Reisenotizen und die mitgebrachten wissenschaftlichen Aufzeichnungen nicht können.

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