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Von der Macht des Glaubens

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Der bekannte Philosophieprofessor von der Päpstlichen Universität Gregoriana legt uns mit diesem Werk ein in seiner Thematik hochaktuelles Buch in die Hand. Der Untertitel „Zur geistigen Situation des technischen Zeitalters“ verspricht es bereits. Worum es dem Verfasser geht, ist, jene Tiefenschicht der Seele wjeder freizulegen, aus der heraus allein der Mensch voll sein menschliches Leben leben kann, jene „Wesensmitte des Menschen, die den innersten Kern des ihm eigenen Seins bildet“ (S. 12), von woher erst echt menschliche Begegnung möglich ist, Begegnung mit der Natur, mit dem Mitmenschen, mit Gott. Dazu kommt. aber nur der Mensch, dem einmal die letzte Einsamkeit seines Daseins aufgegangen ist, in der er weiß, daß ihn nur eines ganz erfüllen kann: Gott. Erfährt der moderne Mensch nicht ohnehin ganz von selbst diese Einsamkeit? Nein, sagt der Verfasser, was er erfährt, ist nicht die fruchtbare, tiefe Einsamkeit, sondern ihre „Pseudoform“ (S. 14), die seichte „Vereinsamung“. Der moderne Mensch ist „ausgestoßen aus der Natur“ (S. 32 ff.) — in Naturwissenschaft und Technik erreicht er nicht ihr Eigentliches —, er ist „beraubt der menschlichen Nähe“ (S. 45 ff.) — die äußerliche Nähe der Menschen zueinander durch Betrieb und „Wohnmaschine aus Beton und Stahl“ (S. 52) unterstreicht nur die innere Ferne der Herzen — und der Mensch ist schließlich „getrennt von Gott“ (S. 61 ff.)

— Gott ist tot. Zwei Wege führen (einer allerdings nur scheinbar) aus dieser Vereinsamung heraus: „der Weg der Betäubung“ (S. 90) und „der Weg der Ueberwindung“ (S 92). Der erste Weg ist leider nur zu bekannt, er ist die breite Heerstraße, die kein Ziel hat. Der andere Weg aber führt mitten in die Einsamkeit hinein, in die schweigende Sammlung und Selbstbesinnung. Und gerade dazu kann dem modernen Menschen seine Situation Anstoß und Gelegenheit sein: die Technik selbst kann ihm Zeit und Kraft ersparen, die dadurch frei werden für die innere Welt, die bittere Erfahrung der Vereinsamung kann ihn dazu bringen, diese Möglichkeit auch tatsächlich zu benützen.

P. Leo W a 11 n e r SJ.

Wie man die Welt erobert. Die Geschichte der Legio Mariae. Von Frank Duff. Volksliturgisches Apostolat Klosterneuburg bei Wien. 331 Seiten. Preis 45.60 S.

Ein verlockender Titel, aber ein noch viel verlockenderer Inhalt. Denn hier wird die Geschichte der Legio Mariae von ihrem Gründer selbst erzählt

— aber nicht in Form eines langweiligen Berichtes, londern einer ungemein packenden Schilderung jener atemberaubenden Ereignisse, die für den Beginn der Legio Mariae ebenso bedeutsam wie.für deren Wesen und Weiterentwicklung charakteristisch sind. Ein berüchtigtes Prostituiertenviertel Dublins (Irland), um das selbst die Polizei seit Jahrzehnten einen weiten Bogen machte, wurde von einer Handvoll Menschen gänzlich ausgerottet, die zu diesem waghalsigen Unternehmen nichts anderes mitbrachten als „nur“ einen felsenfesten Glauben an die Macht der Gnade und die Bereitschaft, diese Macht mit dem Einsatz aller Kräfte, ja wenn es sein müßte, auch mit dem Leben „flüssig“ zu machen. Man begann durchaus nicht damit, für diese Straßenmädchen — notorische Trinkerinnen von Methylalkohol — zuerst eine bürgerliche Existenz zu schaffen oder ihnen sonst irgendwie materiell zu helfen, sondern man wagte es, ihnen von Gott zu sprechen und der Rettung ihrer Seele. Und diese Lasterhöhlen horchten auf! Nach der aufreibenden Kleinarbeit unzähliger Hausbesuche und Gesprächen mit sehr wechselndem Erfolg, die den „Aposteln“ manchmal äußerst drastisch vor Augen führten, wie niederschmetternd wenig sie selbst erreichen, aber dadurch gerade noch mehr ihren Glauben an die Macht der Gnade, an die Liebe des Guten Hirten anfachten, wagte man den Vorstoß, die Prostituierten einfach zu Exerzitien einzuladen. Und siehe da — viele kamen, fast alle bekehrten sich und (was hier wohl das größte Wunder ist) verharrten dauernd im Guten.

Wer das Buch gelesen hat, kennt nicht nur die Geschichte der Legio Mariae und ihren Geist, sondern weiß auch, daß es ein höchst aktuelles, aufregendes Buch ist: Es rüttelt an unserem Gewissen! Die Macht der Gnade ist immer die gleiche — gibt es also „unlösbare Probleme“ für einen gläubigen Menschen oder gibt es nicht vielleicht bloß jene nicht, die sich dieser Gnade zur Verfügung stellten?

Dr. Hildegard W a a c h

Mystische Theologie. Jahrbuch für mystische Theologie. Herausgegeben von Friedrich W e s s e 1 y, Andre Comfaet, Karl Hör mann. — Jahrgang 1/195$. Herold-Verlag, Wien. — Jahrgang H/1956. Volksliturgisches Apostolat Klosterneuburg. — Preis: Jhg. I 88 S. - Jhg. II 81.50 S.

Mit der Begründung eines „Jahrbuches“ für „Mystische Theologie“ haben die drei Herausgeber, deren Legitimation für ein solches Unternehmen längst anderweitig erbracht ist, nicht nur etwas in seiner Art Neues, sondern auch sehr Bedeutsames begonnen. Fehlte es doch bisher an einem Forum, das auf dem Gebiet der Mystik zwischen dem oft allzu engen Rahmen einer Zeitschrift und dem nicht immer gangbaren Weg der Einzelpublikation die Mitte gehalten hätte. Die Aufgabe, die sich das neue Jahrbuch stellt, besteht — laut Vorwort — darin, einerseits die Lehren der großen Theoretiker und Praktiker des geistlichen Lebens darzustellen und miteinander zu vergleichen. um dadurch ein tieferes Verständnis der von ihnen verwendeten Begriffe zu ermöglichen, anderseits bisher unbekannte oder wenig bekannte Quellen religiösen Lebens zu erschließen und so einen Beitrag zur Geschichte des Frömmigkeitslebens zu liefern. Diesem Programm gemäß findfcn sich in den beiden bisher vorliegenden Bänden neben einer Reihe wegweisender Arbeiten über die Großen der Mystik (wie Johannes vom Kreuz, Theresia von Avila, Franz von Ssles, Therese von Lisieux) andere, die teils ganz aus bisher unerschlossenem Quellenmaterial schöpfen — wie die Darstellung der Mystik Giovanna Maria della Croces, einer Klarissin des 17. Jahrhunderts, von Anna Coreth —, teils an Themen heranführen, die der Mehrzahl der Leser gleichfalls nur wenig oder gar nicht bekannt sein dürften — wie die Artikel von K. Hörmann über das Geistreden bei Ignatius von Antiochien: von Francois Charmot SJ. über die Spiritualität der Kongregation vom „Ce-nade“; von F. Wessely über die Mystik und das Apostolat der Legio Mariae — und last not ieast die glänzende Analyse einer „Bekehrung und Verirrung“, nämlich der Jansemstin Angelique Arnauld von H. Waach. Jede dieser Arbeiten wäre einer eingehenden Besprechung wert — und es fiele schwer zu entscheiden, welcher dabei die Palme gebührte. Je nach dem eigenen Interessengebiet wird der Leser selbst urteilen müssen. Nur so viel kann wohl allgemein für alle bisherigen Beiträge — die Bestes für die weiteren Folgen des „Jahrbuches“ erhoffen lassen — behauptet werden: daß es schwer sein dürfte,; anderswo auf knappem Raum so viel Wesentliches in Belangen der Mystik ausgesagt zu finden, wie an dieser Stelle.

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