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Östliches und Fernöstliches

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Der östliche Wind, der derzeit über Wien weht, scheint auch manche Filme aus dem Raum jenseits des Eisernen Vorhangs zu uns getrieben zu haben. Immerhin hat der Filmfreund dadurch Gelegenheit zur Bekanntschaft mit Werken, die auf internationalen Filmfestivals der letzten Jahre Preise errangen und interessante Einblicke in verschiedene Strömungen und Ausdrucksformen des filmischen Schaffens im Ostblock gestatten.

Am höchsten zu werten ist wohl der ostdeutschbulgarische Gemeinschaftsfilm „Stern e“, erst heuer in Cannes mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Der DEFA-Regisseur Konrad Wolf machte schon mit dem bei uns noch nicht gezeigten Streifen „Lissy“ von sich reden und erweist sich in seinem neuen Film als ein sehr eigenwilliger Künstler, der alle billigen Effekte und Publikumskonzessionen verabscheut. Ein bulgarisches Dorf liefert die Kulisse zur Geschichte eines deutschen Unteroffiziers, der durch die Begegnung mit einer jungen Jüdin, die einem Transport in ein polnisches KZ angehört, die Kraft zu menschlicher Bewährung und Nächstenliebe findet. Hier stören einmal keine Mißklänge des Dialogs und des Bildes den reinen, verinnerlichten Grundakkord dieser in poesievolle Melancholie getauchten Erzählung. Photographie, musikalische Illustration und Darstellung (durchweg neue, bei uns unbekannte Gesichter) vereinigen sich zu einem Werk von persönlichem Stil und künstlerischem Profil.

Schon 1955 wurde auf dem Festival von Venedig die russische Tschechow-Verfilmung „Die Grille“ mit dem „Silbernen Löwen" ausgezeichnet. Wir waren schon damals, nach jahrelanger Ueberfütterung mit politischen Propagandamachwerken, gefangen von der Stil- und milieugetreuen optischen Verlebendigung einer Welt bürgerlicher Dekadenz und angenehm überrascht, daß sich hier keine in die Zukunft weisenden sozialkritischen Tendenztöne einschlichen. Auch hier ist ein einheitlicher St.l unverkennbar und manifestiert sich vor allem in einer an Stanislawskis Schule gemahnenden Art des schauspielerischen Ausdrucks: psychologisches Kammerspiel mit feinsten Schwebungen und Zwischentönen.

Der unter dem unglücklichen Titel laufende russische Film „Der letze Schuß" erhielt 1957 in Cannes als „Der Einundvierzigste" einen Sonderpreis, vor allem für seine hervorragende Farbphotographie. Die optische Leistung ist auch das Hervorstechendste an dem Streifen, dem es nicht an menschlicher Kraft fehlt, der aber die Auseinandersetzung zwischen Ideologie und Liebe zu einer Lösung führt, die uns nur befremden kann.

Daneben liefen noch, weniger beachtet, das gar nicht uninteressante russische Lustspiel „Schabernack“ sowie der ostdeutsche Kriminalfilm „S i e kannten sich alle“, in dem bei bescheidenen formalen Mitteln faustdicke politische Agitation betrieben wird.

Von den Japanern bekamen wir bisher entweder erlesene filmische Kunstwerke oder letztklassigen Schund zu sehen. Die „Insel der harten Mi ä n n e r“ gehört nicht in die erste Kategorie. Hier sind die Unarten französischer Sittenfilme und billiger amerikanischer Abenteuerkolportage, potenziert.

Nichts Besseres hatte allerdings Frankreich mit „Pesthauch des Dschungels“ (trotz der Regie von Luis Bunuel und prominenter Besetzung) » sowie dem unappetitlichen Gruselfilm „Die Bestie von Paris" entgegenzusetzen.

Amerika steuerte mit „Brückenkopf Tarawa“ einen noch halbwegs annehmbaren Kriegsfilm und mit „Dino, der Bandit" eine überflüssige, langatmige Halbstarkengeschichte bei.

Das deutsche Lustspiel „Gangsterjagd in Lederhosen" schließlich ist eines von der Sorte, die bald auch die anspruchslosesten Besucher aus den Kinos vertreiben wird.

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