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Paula von Preradovic

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Porträt einer Dichterin. — Ernst von Molden: Skizzen zu einem Porträt. — Fragmente eines autobiographischen Romans. — Gedanken über Dichtung. — Oesterreichische Verlagsanstalt, Innsbruck. 152 Seiten

Constantin von Hörmann, durch viele Jahre an vorderster Stelle Verwalter des Kulturguts Bosnien-Herzegowinas, pflegte aus seiner Erfahrung die Mischung von Begabungen und Temperamenten des kroatischen und deutschen Volkstums als eine der schönsten Ausblühungen österreichischen Wesens zu rühmen. In Paula von Preradovic, der Dichterin, die durch ein eigenartiges Schicksal berufen wurde, zu der Komposition Mozarts die Verse der österreichischen Bundeshymne zu schreiben, ist das Wort Hörmanns über ihr Grab hinaus lebendige Bezeugung geworden. Es hat wahrhaftig etwas zu sagen, daß die Enkelin des kroatischen Nationaldichters Petar von Preradovic, dessen Standbild auf dem Marktplatz von Agram steht, die größte österreichische Lyrikerin unseres Jahrhunderts geworden ist. Seltsam fließen in. ihrem Wesen, aus ihrer Familienherkunft, dem Erlebnis adriatisch-kroatischer und österreichischer Landschaft und ihrer Erziehung geistige Ströme zu einer Harmonie von ergreifender Herrlichkeit zusammen. Ernst Molden, der ihr früh im Tode gefolgte hochsinnige Gatte, beschenkt uns noch nach seinem Heimgang mit einem eben erschienenen Gedenkband, der Leben und Werk der Dichterin mit einem Porträt krönt, das uns die edle Tote aufs neue menschlich nahebringt. Dem Autor wurde eine so tiefe seelische Verknüpfung mit der Frau zuteil, die er durch ihr Schaffen und viel schweres Erlebnis be-gteitete; daß man zuweilen vermeint, sie selbst aus

'dem gedruckten Wort zu vernehmen. Wieder werden die Zauber istrianischer Landschaft wach, wieder glaubt man, aus den Rhythmen der Dichterin den schwermütigen Gesang einsamer Hirten im abend-durikelnden Karst zu hören. Dem Band sind einige Fragmente aus ihrem Nachlaß angeschlossen. Kurze

' Skizzen setzen auseinander, was Dichtung und was religiöse Lyrik ist und was nicht, und man empfängt die Feststellung, daß die sehr häufige Ablehnung des Gedichtes durch viele Gebildeten ihre Begründung leider darin findet, daß dilettantische Lyrik die echte bei Vielen zu kompromittieren vermochte, so sehr, daß-^dilettantische Lyriker die wahren Feinde des Gedichtes sind“. — Es sei hier daran erinnert, daß

Ernst Molden bald nach dem Ableben der Dichterin in einer neuen Ausgabe der gesammelten Gedichte, den Bänden „Verlorene Heimat“ und „Gott und das Herz“, die noch von ihr selbst vorgenommene Planung, verwirklichen konnte. In ihrer religiösen Erhebung gewinnt die Lyrik Paula von Preradovic höchste klassische Kraft. Wenigstens eine Strophe aus dem Gedichte „Advent“ finde hier Platz:

Ich las, wie Odysseus den Toten bot Des Bluts, sie zu tränken und trösten; Es traf mich ins Herz'ihre ewige Not, Die lieblose Liebe, der endlöse Tod Der jammervoll Unerlösten.

Den Homer auf den Knien, türkisch umblaut An lorbeerumbuschtem Gestade. Da hab ich zuerst deinen Sinn geschaut, Da hast du zuerst mir ins Herz getaut, O Advent, voller Wunder und Gnade!

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