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Das Bild, das die Wiener Galerien bieten, ist derzeit sehr abwechslungsreich und bunt. So vermittelt die Galerie Würthle die Bekanntschaft mit dem tschechoslowakischen Maler Bohdan Hefmansky, der als Kolig- Schüler 1922 schon in ihren Räumen zu sehen war und 1929 nach Prag übersiedelte. Bei Kolig und Wiegele als illusionistischer Kolorist geschult, hat sich Hefmansky — heute achtundsechzig jährig — in manchem gewandelt. Die Begegnung mit dem Kuibismus veranlaßte ihn, Form und Fläche aufzubrechen, aber im Sinn einer Lösung, die nicht zu einer neuen Verschränkung der Raumpläne führt. Das konstruktive Element liegt bei ihm wie ein Netz über dem Motiv und schafft in Bildern wie dem „Veitsdom” Spannungen, die an Feininger erinnern. Im wesentlichen wird bei ihm aber die Form nicht so eindeutig transponiert, und die Bilder beziehen ihren Reiz aus der Widersprüchlichkeit eines Verfahrens, das zwischen Anschauung und Vorstellung schwankt. Gelegentlich tauchen auch surreale Elemente sowohl im Sujet wie in der Darstellung auf. Die Bilder sind das Zeugnis des Ringens einer frühen Begabung, die sich unter schwierigen Umständen behaupten mußte.

Die „Galerie nächst St. Stephan” wird ihrem Ruf nach Avantgardis- mus wieder gerecht, indem sie Arbeiten von Jorrit Tronquist zeigt. Unter ultraviolettem Licht oder in wechselnden Lichtphasen verbreiten seine mit Leuchtfarbe bemalten Gestelle und Seile — ausgefallene Gags — die Atmosphäre des utopischen Horror-Films. Wer könnte oder möchte damit leben? Die farb-„kinetischen” Panneaus sind besser und richtiger in den Farbtafeln von Oswald und Aemilius Müller enthalten. Die Serigraphien von Günther Fruhtrunk, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind, sind saubere Möbelstoffe, die dem Jugendstil und Vasarely einiges schulden.

Nicht gerade hinreißend sind die Graphiken von Dali — zu „Don Quixote” und zu Dante — die in der Galerie 6 in der Bäckerstraße bei dem unerhört tüchtigen Kunsthändler Scheer zu sehen sind. Vor den meisten Vertretern der „Wiener Schule”, die rundum zu Schleuderpreisen zu haben sind, zeichnet sie aber eine freche Frische aus, die überzeugend nicht vorhandene Genialität vortäuscht.

Virtuos begabt — in der Mache und in der Sensibilität des Striches — ist der junge Robert Lettner, von dem 44 Graphiken in der Zentralbuchhandlung ausgestellt sind. Daß diese Virtuosität eine Gefahr ist, zeigt er in seinem Liebäugeln mit den verschiedensten Möglichkeiten, die ihm noch keine Entscheidung abgezwungen haben, sondern ihn Wirkungen und Effekte suchen lassen und leider an der Oberfläche bleiben.

Für ihn ginge es darum, die Anschauung zu vertiefen, da — um ein altes Bonmot zu variieren — „ein Geschickter noch kein Gesandter ist”.

Keine Talentproben sind vorderhand aber die Arbeiten von Veronika Louis-Minnigerode in der „Galerie im Griechenbeisel”. Dieser verspätete Nachklang der „Cobra”-Gruppe — der in Österreich erst jetzt anscheinend die Provinzgemüter bewegt — wirkt eher rührend durch die Naivität, mit der der Unemst ernstgenommen wird. Die „Hinstellung” von Josef Bauer, mit ihren kalten, beliebig verschiebbaren Industrie- und Konfektionsformen, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Hier werden durch den Mangel an Gestaltung, an dem verhüllten Naturalismus, an der arrangierten Schablone wirkliche Probleme der Plastik durch ihre Negation sichtbar.

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