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Seit wann ist die Uhr ein Firmungsgeschenk?
Dem Gefühl der Zuneigung eignet ein fragenloses, selbst erständliches Hinnehmen und Sich-erfreuen-Lassen. So üben wir Bräuche, weil sie uns persönlich Zusagen, oft auch nur so, daß wir uns dabei der engeren, ielfach sogar der allgemeinen Umweltstradition anschließen. Uber Sinn und Herkommen eines, ja gerade der am allgemeinsten erbreiteten Bräuche weiß man aber oft nichts; man könnte dies mit als eines der wichtigsten Brauchtumsmerkmale aufzählen.
Wird nun einmal die Frage nach dem Woher aufgeworfen, dann frappiert sie zunächst buchstäblich, weckt aber auch spontanes Interesse. Dies erlebten wir, als wir mit unserer Fragestellung an die Fachwelt herantraten. Die nachstehenden Mitteilungen sind kein exaktes und abgeschlossenes Ergebnis, wohl aber — was dankbar gewürdigt werden soll — ein in der kurzen Zeitspanne nur weniger Tage dazu aufgestöberter Beitrag.
Zur Zeit unserer Ur äter — so erfahren wir aus den Familienblättern der bis 1788 zurückzu erfolgenden Handwerkertradition der Wiener Uhrmacherdynastie oggenberger — galt es als das wichtigste äußere Gebot, daß der Firmling .anständig gekleidet und mit .sauberem Haarschnitt sich würdig zum Empfang des hl. Sakraments finfand, wofür der Firmpate mit erantwortlich war. Als Geschenk wird ein „feingearbeiteter“ Rosenkranz, on den sogenannten „Betenmachern“ erfertigt, angeführt. Am Anfang des 19. Jahrhunderts tritt neben den Rosenkranz das Gebetbuch als Firmungsgeschenk. Etwa um 1830 finden sich in den gleichen Familienaufzedch- nungen erstmalig goldene Uhren als Firmungsgaben, aber ausschließlich auf aristokratische Kreise beschränkt.
Wie so manche andere Gepflogenheit des Adels (man denke nur an die Einführung der Tanne als Weihnachtsbrauch auch in Wien durch eine ertreterin des Erzhauses!) wurde auch diese allmählich om begüterten Bürgertum übernommen. Illustrati ist in diesem Zusammenhang eine Anzeige der „Wiener Zeitung“ (Inserat Nr. 7112-2) om 16. (Pfingstsonntag) und 19. Mai 1880 (also om ortag zum „Nobeltag“, für welchen damit ein terminus ante quem aufgestellt werden kann): „Firmungsgeschenke / Das reichhaltige, seit 30 Jahren renommirte Uhrenlager on M. Herz/ bürgerlicher Uhrmacher / Wien, I., Stephansplatz 6 / Außenseite des Zwettlhofes / Filiale: Kärntnerstraße 36 / Große Auswahl gut regulirter Uhren mit reeller Garantie. Preiscourant gratis und franco.
Demnach dürfen wir schließen, daß sich die Uhr als Firmungsgeschenk bei uns ungefähr nach der Mitte des origen Jahrhunderts durchgesetzt hat und im letzten iertel desselben schon durchaus populär war. Die wörtliche Wiedergabe der Herzschen Anzeige mag uns — als kleine Nachlese zur Weltwerbe- woche 1952 — den Textierungsgeschmack on einst eranschaulichen und dürfte ielleicht noch manchen zu preislichen Relationen animieren! Zur fachlichen Erläuterung darf hinzugefügt werden, daß Zylinder- und Ankeruhren (die Bezeichnungen rühren on der Art des Mechanismus her) noch mit einem Uhrenschlüssel aufgezogen wurden und — auch preislich ausgedrückt — gegenüber den sich immer mehr durchsetzenden Uhren mit Aufzug am Bügel (Remontoiraufzug) zur angeführten Zeit bereits modisch überholt waren. Die drei im Bilde dargestellten Taschenuhren sind ehemalige Firmungsuhren und wurden ungefähr um 1850 und 1860 in der Schweiz hergestellt. Wir erdanken ihre eröffentlichung sowie die technischen Angaben Herrn Direktor Rudolf Kaftan om Uhrenmuseum der Stadt Wien. Seiner als liebe ollsten Kenner und Sammler on rund 10.000 Uhren aus eigenen Mitteln, die 1917 zur Gründung des Wiener Uhrenmuseums geführt haben, in ehrender Weise zu gedenken, gibt uns das or kurzer Zeit (4. Mai 1952) gefeierte 35jäh- rige Bestandsjubiläum dieses Instituts Anlaß, das im malerischen Barockhaus dies Alt-Wiener Platzes, Schulhof Nr. 2, wo die Zeit wahrhaft stillzustehen scheint, in symbolisch-glücklicher Ortswahl untergebracht ist. — ielleicht darf man als sicher nicht wirkungslose, wohl aber sinn oll ergänzende „Draufgabe“ empfehlen, dem uhrbeschenkten Firmling auch einen Besuch dieser kulturhistorisch interessanten Sammlung zu bieten. Und immer noch bliebe dann Zeit genug zur Traditionsfahrt in den Prater übrig …
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