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Tunnels unterm Meer

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Seit Jahrzehnten losen sich die ver- schiedeiftteW Plfifte* e5H& Ttf'Stkehleif' Verbindung zwischen dem italienischen Festlahd- urid ’Sizilien SV? Zumeist war von einer Hochbrucke fiber die drei Kilometer betragende Meerenge von Messina die Rede. Der erste, der 1953 diesem Brfickenprojekt mit prazisen Unterlagen, Berechnungen und vor allem mit dem Voranschlag der Ge- samtkosten auf dem Papier zu Leibe rfickte, war der amerikanische Inge- nieur Steinman. Es ist der gleiche, der seinen guten Ruf mit dem Bau der Golden-Gate-Hangebrficke von San Franzisko begrfindet hatte.

Aber dieses Projekt einer Hange- briicke wurde schliefilich aus zwei Grfinden verworfen: Der Auf wand von 120 Milliarden Lire (fast ffini Milliarden d. S.) war damals uner- schwinglich und, wichtiger noch, weder der unsichere Meeresgrund noch die standig lauernde Erdbebengefahr schienen den Bau hochragendet Brfickenpfeiler zu empfehlen. Ihre Tragfahigkeit war von Beginn an in Frage gestellt.

In den folgenden Jahren tauchten neue Projekte auf, an deren Vorlage sich die Brfickenbauer verschiedener Natiojien, so auch die Firma Krupp, wetteifernd beteiligten. Die Vor- anschlage der Kosten stiegen ins Un- gemessene. Die italienischen Inge- nieure aber wollten m i t im Rennen sein, ohne dab sich jedoch zunachst die Erfolgsaussichten verbessert hat- ten. Von der inzwischen aufgegebenen Hangebrficke zur ebenfalls verworfe- nen schwimmenden Schiffsbrficke san- ken die Projekte tiefer und tiefer — bis unter den Meeresspiegel, und da-

Das Ei des

Einem

F. Cristaldi. war

Monaten vorbehalten, das Ei des Kolumbus in Form eines Tunnels vorzufiihren. Bis dahin war namlich eine unerlafiliche Vorbedingung auBer acht geblieben: die genaue Unter- suchung der Erdbeschaffenheit des Meeresgrundes. Erst im August 1960 unternahm es die AGIP-Mineraria. eine Untergesellschaft des staatlichen Unternehmens ENI, die geologische Beschaffenheit bis zu einer Tiefe von 500 Metern unter dem Meeresspiegel mit einem Aufwand von 200 Millio-

nen Lire zu untersuchen. Uber die endgfiltjgen'Ergebnisse hat die‘X5f’nt-; lichkeit bisher nichts Zuverlassig'eS er-. fahren.™ins n‘

Es scheint aber nunmehr festzu- stehen, daB das Brfickenprojekt wegen seismisch bedingter Einsturzgefahr endgfiltig aufgegeben wurde und dab der Tunnelplan aus mannigfachen Grfinden in vorderster Linie rangiert. Zudem hat er den Vorteil relativer Billigkeit. Denn der Voranschlag be- miBt die Gesamtkosten auf nur 21 Milliarden Lire (zirka 8 50 Mil- lionen o. S.), das heiBt auf wenig mehr als ein Sechstel der Steinman- schen Brficke.

Die machtige Konstruktion aus Eisenbeton soil oberhalb des

Meeresgrundes liegen, und auch die Kopfenden am Anfang und am Ende des Tunnels sollen auficrhalb des un- mittelbar erdbebengefahrdeten Ge- bietes liegen. Die Eisenbetonrohren werden in etwa 30 Meter Tiefe ver- senkt, womit der Einflufi der in der Meerenge lebhaften Wellenbewegun- gen oder gar der haufig auftretenden Seesturme ausgeschaltet sein soli. Der genannte Ingenieur scheint seiner Sache sehr sicher zu sein. Unter Um- standen weist er auf die mit Unter- seebooten gemachten Erfahrungen hin, die im Faile von plotzlich auf hoher See losbrechenden Meeresstiirmen sich 20 Meter und, wenn mbglich, tiefer versenken, um dort ruhigere atrno- spharische Bedingungen abzuwarten. Auch etwaige, nicht seltene Seebeben konnen nach Meinung Cristaldis dem Tunnel nichts anhaben, weil diese Beben sich erfahrungsgemafi in Fort- setzung der Kfiste entwickeln und so- mit mit ihrer ungeheuren Wucht den Tunnel nicht frontal treffen, sondern nur streifen, das heiBt gleichlaufend mit dessen Richtung.

Das Projekt Cristaldis ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, sowohl was Ausffihrung im einzelnen als auch Montage angeht. Nicht einmal fiir die Anbringung der Verbindungsstficke fiir das Zusammenffigen der einzelnen Teile des etliche Kilometer langen ..Betonrohres" bedarf es der Arbeit unter Wasser, die den einzusetzenden Tauchern infolge der aufierst starken Stromungen schwer, wenn nicht un- moglich gemacht wurde.

Zwei Ebenen

Uber die Dimensionen des Tunnels liegen folgende Angaben vor: Es soli sich nicht um einen, sondern um zwei fibereinander gelagerte Tunnels han- deln. Der tiefer gelegene soil acht Meter breit und ffinf Meter hoch sein; der hbhere 10,5 Meter breit und 4,40 Meter hoch. Der untere dient dem Eisenbahnverkehr in beiden Richtungen, der obere dem Strafien- und FuBgangerverkehr. Die Wandun- gen der Tunnelrohre sind 1,20 Meter stark.

Wie sehr die Planung nunmehr nach Verwirklichung drangt, ergibt sich aus einem uniangst der Depu- tiertenkammer in Rom von zahl- reichen Abgeordneten der groBten Partei, der Democrazia Cristiana, zur ■ BeschluBfassung vorgelegten Antrag. Darin heiBt es unter anderem, daB der fortschreitende EntwicklungsprozeB Si- ziliens durch die unzulangliche Verbindung zwischen Insel und Festland (durch Fahrboote) erheblich gehemmt werde. Die Regierung wird gebeten, die Prfifung zum AbschluB zu bringen und dem Parlament das Ergebnis bal- digst mitzuteilen.

auch die Kosten.

Kolumbus italienischen Ingenieur, es vor wenigen

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