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„Umvolkung” und „Multikultur”
Am Anfang war das Ende. Kaum begann der Wirtschaftswohlstand leise vor sich hin zu bröckeln, bangten wir schon um unsere Existenz. Schnell noch eine vielleicht letzte Fahrt in die Karibik im. Winter und nach Pört-schach im Sommer, und schon ließen wir den „Nachbar in (seiner) Not” allein. Wir stellten unsere Hilfeleistungen ein, und die Bundesregierung verdoppelte sie - wie die Steuervorschreibung.
Wichtig ist nur unser Welt-Image als „Asylland Nummer eins”, das wir sicherlich unter allen Staaten zwischen Boden- und Neusiedlersee bleiben. Aus humanitären Gründen bleiben wir auch neutral, auch wenn der Mock davon nichts mehr wissen will. Aus diesem Grund stellen wir auch die militärische Produktion von Nachtsichtgeräten - wir haben im Dunkeln, außer unser Bundesheer, nichts zu verbergen - auf die „Nachsichtgeräte” um. Dieses typische österreichische Erzeugnis macht jedwede Fehlersuche nicht so sehr überflüssig, als viel mehr unmöglich. Es funktioniert, gekoppelt mit einer zweiten heimischen Erfindung, mit der „Unter-den-Tep-pich-Kehrmaschine” -falls gut geschmiert -reibungslos.
Nach diesem kurzen Ausflug in die neutrale Militärtechnik dürfen wir zu unserem heutigen (Un-)Thema des Tages zurückkehren: In unserem (Asyl-)Land des Lächelns wird manchmal auch gelogen. Da wir bekannterweise keine Egoisten sind, beherrschen wir nicht uns, sondern lieber die anderen. Ähnlich unser Verhältnis zur Lüge:
■ Die mehr Magen als Herz bewegende Angst, bei vollen Schüsseln zu verhungern, bremst unsere ansonsten sehr stark ausgeprägte Sucht nach Konkurrenz am Arbeitsmarkt und in der Geschäftswelt.
■ Als Folge unserer unstillbaren Sehnsucht nach Multikultur gibt es bei uns an allen Ecken und Enden exotische Bestaurants, die unsere Abenteuerlust auf „Wiener Schnitzel ä la Seczuan” und „Schweinsbraten ä la Mexicana” ständig stillen.
■ Das Proponentenkomitee des Vereins „Ja keine ,Umvolkung'!” wird von den Familien Globocznik, Neswa-dal, Konitzky und Meszäros angeführt. Diese Urgermanen, die sich bereits vor den Kelten in den Wärmestübchen von Laibach, Brünn, Warschau und Budapest aufhielten, sprechen sich für einen rigorosen Aufnahmestopp aus und hüllen sich in deutsch-nationale Fahnen und in Schweigen. Familienforschung gehört nicht zu ihrer Lieblingsbeschäftigung.
Wir sind keine Lügner - und außerdem haben schon die alten Römer junge Christen verfolgt! Wir lieben die Wahrheit - unsere! Wir machen auch unsere Grenzen vor Menschen, die bei uns Schutz vor Frieden und Sicherheit suchen, nicht dicht; nur Arme, Verfolgte und Bombenopfer sollten zu Hause bleiben. Asylsuchende müssen nur einwandfrei nachweisen, daß in ihrem Land Krieg und Unsicherheit unbekannt sind.
Nur böse Gegner unserer Lebensart besudeln uns mit „Lügen-Land des Lächelns und der Lämmer”, die hinter „ Heim - ins - Reich ” - gekehrten Leithammeln der Schlachtbank entgegen- „ gemütein ”. Das sind häßliche Verleumdungen entarteter Staatskünstler und Nestbeschmutzer in unserem Land der Reinlichkeitsfanatiker, die sogar das Geld waschen lassen.
Ehrlich währt am längsten! Auch erkaltete Herzen aus Gold.
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