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Und wieder der Opernfilm

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Bela B a 1 i z s warnt in seinem Buch „Der Film“ Autoren und Regisseure, die sich an die Verfilmung von Repertoireopern heranmachen, eindringlich vor überflüssigen Spielereien und empfiehlt eine möglichst Werktreue und reiche, sonst aber mätzchenfreie, saubere Inszenierung des Bühnenwerkes. Der Wink ist gut und übrigens gar nicht so überflüssig, wie man meinen sollte. Seine Begründung ist greifbar nahe. Die Irrealität der Oper, am stärksten, aber beileibe nicht ausschließlich spürbar an den singenden Akteuren, setzt eine ungeheure Illusionskraft von Seiten eines anspruchsvollen, durch lange Tradition gebildeten Publikums voraus — der Film dagegen, die höchste Realität in der Kunst, die wir derzeit kennen, so gut wie gar keine. Im Film geschieht alles — als ideales Stilprinzip versteht sich, das nicht immer erreicht wird — so wie auf der Erde, in der Oper dagegen, wie es eben nur in der Oper allein geschehen kann. Wer diese beiden Prinzipien, ja diese beiden Welten miteinander vermengt, geht irre. Das ist oft grausam bewiesen worden, daß man sich nur wundern kann, wenn heute noch und immer wieder derselbe Wider- und Unsinn versucht wird. Puccinls „Boheme“ hat mit der reichen Mitgift, die sie mitbrachte (Melodien und Rollen, gedämpften Ulk und einen unwahrscheinlich süßen Tod am Schluß) eine glückhafte vierundfünfzigjährige Ehe mit dem Publikum und der Kritik bestanden, sie würde sie vermutlich auch weiterhin in einem anständigen, ungekünstelten Filmarrangement bestehen. Nicht vorstellen aber kann man sich, daß nach der jetzigen französisch-italienischen Filmfassung „Eine wunderbare Lüge“ jemals ein Filmmann noch den traurigen Mut haben wird, sie so unglücklich mit einer „modernen Parallelhandlung“ zu ver-schachtehi und zu verkrampfen wie hier. K i e p u r a ist ohne Zweifel ein idealer Rudolf und Marta Eggerth, wohlwollend betrachtet, noch eine ganz nette Mirai. Ein weltberühmter Klangkörper dazu —• ja um Himmelswillen, damit wäre es dodi genug ge-wesenl Hatte man doch damit die „Boheme“ abrollen lassen, wie sie istl Glaubt man denn allen Ernstes, mit einem Wahnsir.nstitel wie „Eine wunderbare Lüge“ (so wahnsinnig, als ob man das Nibelungenlied mit „Der perfekte Mörder“ betiteln würde) auch nur einen jener traurigen Helden in Kino zu locken, die sich sonst an kitzlichen Mordsensationen oder de-krepiden Gesellschaftsfilmen delektieren? Und wieviel Tausende schreckt man damit ab, die eben die „Boheme“ und nur die „Boheme“ sehen und hören wollten? Genug des grausamen Spiels. Der Film muß sich einmal seinen eigenen Opernstil, die F i I m o p e r, schaffen. Kann er das nicht, soll er hübsch bescheiden und ehrfürchtig mit seinen reichen Mitteln die heute verarmte klassische Opern-bühnenkunst neu arrangieren und populär machen: das heißt den Opernfilm machen. Kann er auch das nicht, so soll er es In Gottes Namen ganz bleiben lassen.

Zu dem Typus des Liebes- und Gesellschaftsdramas, wohl einer der frühesten Gattungen des Films überhaupt, heute einer Domäne der englischen Produktion, steuert der nicht sehr glücklich deutsch betitelte, aber vorzüglich synchronisierte englische Film „Gift der Liebe“ eine runde, geschlossene Leistung bei. Für Rollen wie die der erblindeten Frau, deren Eheharmonie durch Intrigen in einem Herrenhaus vorübergehend gestört wird, hat der englische Film seit geraumer Zeit in Margaret Lockwood eine Darstellerin von eigentümlich dynamischer Psyche. Sie gibt auch dieser nicht sehr originellen Fabel Gehalt und Gestalt.

Die „Amerikaner“ der Woche stufen sich wie folgt ab: Hinter dem gut getarnten Titel „Horizont In Flammen“ ein atemberaubender Kriegs- und Nachkriegsfilm von wahrhaft technischer Vollkommenheit und unbegrenzter Materialverwendung über das Prinzip des Flugzeugträgers; eine reizende musikalische Komödie „Erfüllte Träum“ ein etwas bärbeißig-brummiger, aber von lobenswerter Gesinnung erfüllter Schiffsabenteuerfilm „Kapitän Joys gefährlichste Fahrt“; und schließlich eine gelungene Parodie des Wildwestgenres „Die Wildwestwitwe“, deren letzter Witz allerdings nur vom Stammpublikum verstanden werden dürft.

Ein verzweifelt humoriger deutscher Film

„Alles für die Firma“ (das Motiv Ist schon einmal der Bühne entliehen und besser verfilmt worden) startet inmitten so reicher Nennungen nur mit Außenseiterchancen. Sie sind freilich immer da. Es ist immer Publikum da. Dr. Roman Herl

Weitere, auch nur halbwegs verbindliche Zusagen finanzieller Natur liegen vorläufig weder von öffentlicher, privater noch auch ausländischer Seite vor. Die Hoffnung auf ERP-Gelder bleibt offen.

Das Resümee muß bei dieser „Musikolympiade“ den Mangel an einer klaren Grundkonzeption feststellen, die durch ein unklares Konglomerat vager und nicht immer zusammenpassender Einfälle ersetzt wird. Sie versucht, Geschäft, Kunst und Sport zu vereinen und läßt unter diesen drei Interessen jedes Kompromiß zu. Es ist möglich, daß eine Organisation vorhanden ist, aber dann muß sie ganz und gar in Verwirrung sein; es wird ununterbrochen geplant, aber in jedem Augenblick etwas anderes. Diese „Musikolympiade“ weiß selbst nicht, was sie will. Sicher ist nur, daß sie kein Geld besitzt und auf Grund eines energischen Einspruchs des Landeshauptmanns mindestens zwei Monate vor den Festspielen beginnen muß, damit erstere nicht geschädigt werden.

Und trotzdem soll die erste Olympiade schon im nächsten Jahre beginnen?

Man hat den Eindruck, als ob man ihr im besten Fall gerade noch äußerste Skepsis entgegenbringen kann.

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