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Unterm Regenmond

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Die Fragwürdigkeit der „Tat“, des Abenteuers und des Ruhmes, über die Grillparzer in „Der Traum ein Leben“ philosophisch gegrübelt hat („Schatten sind des Lebens Güter, Schatten seiner Freuden Schar, Schatten Worte, Wünsche, Taten, die Gedanken nur sind wahr“) ist ein alter abendländischer Legendenstoff, der sich vielleicht bis zur Kreuzzugszeit, besser: ihrem psychologischen Rückstoß zurückverfolgen läßt. Ein japanischer Film unserer Tage, der unter dem Titel „Ugetsu — Erzählungen unter dem Regenmond“ zwei, japanische Erzählungen des Akinari Ueda (1734 bis 1804) zusammengefügt hat, stellt sich als richtiges fernöstliches Gegenspiel zu Grillparzer dar. Bei aller Wesensfremdheit steht uns die japanische Fassung sehr nahe, denn sie erhärtet ihre Weisheit in und vom Krieg. Die beiden Töpfer, von denen der eine ■“nachj/ffisWbii det-noBikr nach soldataadlelBJrJluhin l,%iej*vkc9steihwil Gferobajsse furzte fccfmt'stäili?! sten Versuchungen unserer Zeit hingenommen werden. Ihre Heilung geschieht auf verschlungenen Wegen, am Ende aber finden sich beide im Frieden des Heimatdorfes. Die „nicht'gen Schatten“ Grill-parzers, die das „lose Spiel“ des Ruhmes gibt, sind wörtlich zu nehmen' Der eine Töpfer sündigt in einem Geisterschloß mit einer Geisterprinzessin, wie denn überhaupt dieser japanische Film stark aus dem bisherigen kämpferischen, fast brutalen veristischen Gleis biegt und, unterstützt durch eine stimmungsatte Nebelphotographie (schönstes Bild: die Flucht über den See), eine melancholische Lyrik von unirdischer Schönheit, rezitiert. Sein Schöpfer, Kenje Mizoguchi, ist 1956 nach einem reichen Werk von knapp 80 Filmen gestorben — wohl den schönsten, reichsten davon sehen wir in diesen Tagen im Wiener Programm.

Nicht unterm Regenmond, sondern unter der brennenden Sonne Kaliforniens gediehen, eine brillante Persiflage der kommerzialisierten Erotik unserer Tage, „Immer die verflixten Frauen“, mit der herrlichen Shirley McLaine und David Niven, die nachdenkliche Geschichte vom Ausbruch eines kleinen Mannes aus den Mühlsteinen eines unsozialen Arbeitsbetriebes: „Die Kaninchenfalle“ (mit Ernst Borgnine) und ein schwächerer Jean-Negulesco-Film, „Alle meine Träume“, nach dem alle berufstätigen Frauen nur eine Sorge haben: Männer.

Nicht unterm Regenmond, sondern unter rosarotem deutsch-österreichischen Himmel gedieh ganz vergnüglich Liebeneiners österreichisches Lustspiel „Ich heirate- Herrn Direktor“, das die Josefstädterin Heidelinde Weis vielversprechend ins Spiel bringt, weniger ansprechend „Ich ließ mein Herz am Wörther Se e“, der zur Abwechslung nahe München liegt; es sollte uns nicht wundern, wenn demnächst der unglückliche König Ludwig in der Bucht von Millstatt ertrinkt.

Film schau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich), Nr. 6 vom 6. Februar 1960: III (Für Erwachsene und reifere Jugend, etwa ab 16): „Abschied von den Wolken.“ — IV (Für Erwachsene): „Bumerang“, „Fähre nach Hongkong“, „Rote Haare, freche Lippen“, „Ugetsu — Erzählungen unter dem Regenmond“**). — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Britta, das Malermodell“, „Herkules, der Schrecken der Hunnen.“ — V (Abzuraten): „Frau Warrens Gewerbe.“

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