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und in der Unterstützung für Friedrich II. von Preußen bestand. Mit sichtlichem Entzücken spricht er von den Vorbereitungen zur Großen Revolution, von jenem Siecle des Lumieres, dessen dunkle Seiten ihn weit weniger stören, als die des vorangehenden, größeren Großen Jahrhunderts. Gar prächtig charakterisiert er den Geist des nun sich vollziehenden Umbruchs und auch die Geister, die, herbeigerufen, nun nicht mehr loszuwerden waren. Doch dieses Bild hat einen Schönheitsfehler: Sieburg erzählt nichts von den Machenschaften, die eine Situation, die noch ganz andere Auswege geboten hätte, so hoffnungslos gestalteten. Es bleibt bei ihm die traditionelle Ansicht, tausend Mißstände hätten nur jenen einen, mit Naturgewalt hereinbrechenden Untergang des A n c i e n Regime übrig gelassen. Während in Wirklichkeit das alles ein Werk zielbewußter, zerstörender Kräfte war — man sollte Cochin lesen! —, die vom Ausland her, aus England und aus Preußen in ähnlicher Weise kurzsichtig gefördert wurden, wie das später Ludendorff mit den Bolschewiken gegen das Zarentum getan hat. Ausgezeichnet sind die Kapitel über Napoleon I., über Restauration und Julikönigtum, die beiden letztgenannten ungeachtet sich ein letztes Mal vor der Vernunft dieses Landes und, nicht ohne Besorgnis, vor der „festen Burg des Individualismus“. Aus dieser Vernunft eine Göttin, aus der vermeintlich festen Burg einen Gott zu machen, das dünkt uns der Hauptirrtum Sie-burgs; nicht etwa in der Doktrin, über die wir keineswegs mit ihm hadern wollen, sondern in der Perspektive. Er hat jene andere, aus der Urgeschichte her lebendige, Komponente des ewigen Frankreichs unterschätzt, die mystisch, religiös und „c o m m u n a u t a i r e“ ist und die in den schwersten Zeiten das Land mehrmals zu retten berufen war.

Was nicht hindert, daß wir in dieser, in Friedrich Sieburgs Symphonie aus einer alten und doch stets so neuen Welt — freilich, c*est le feuilleton qui fait la musique — eine Höchstleistung dessen erblicken, das von unzünftiger Geschichtserzählung durch einen mit allen Gaben des gefälligen Prosastils gesegneten, politisch hellsichtigen und seinem Gegenstand, seinen Helden wohlgesinnten Schriftsteller geboten werden kann.

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