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Fernsehen und -hören
Insgesamt 72 Produktionen plant das Fernsehen in seinem Musikprogramm für das Jahr 1970. Nur
15 davon sind echtes Fernsehen, das heißt, es wird wirklich etwas dabei zu sehen sein. Unter den übrigen 52 sind zahlreiche Opern- und Operettenaufzeichnungen, deren Wiedergabe durchs Fernsehen erfahrungsgemäß diskutabel ist und eben schlichtweg Konzerte. Ich bedauere seit eh und je, daß Konzerte bei uns in hellbeleuchteten Sälen und nicht im Dunkeln gegeben werden. Ein Konzert ist zum Anhören da, nicht zum Anschauen. Auch die Exertionen des Dirigenten gehen tatsächlich nur die Musiker etwas an, nicht das Publikum. Somit ist und bleibt der Hörfunk und nicht das Fernsehen das gegebene Mittel für Musikübertragungen. Und dazu gehören natürlich auch Opern und Operetten, weil dort kaum je etwas geschieht außer Singen und ein bißchen Stellungswechsel zum Singen. Es sind auch noch sechs Ballette im Programm des Fernsehens vorgesehen. Nun, wird man sagen, das ist doch etwas zum Anschauen. Eben deshalb, eben deshalb. Der Jammer ist nämlich, daß der Fernsehschirm so klein ist, daß wir von den Tänzern entweder nur Körperteile zu sehen bekommen oder wenn das Ganze, dann winzig. Hans Weigels Fernsehspiel „Kat hi" wurde uns mit dem derzeit so beliebten Unfug eines Vorspanns gezeigt, mit dem ge samten technischen Apparat, Kameraleuten, Schauspielern ohne Maske und Kostüm. Und so auch von Zeit zu Zeit zwischen den einzelnen Bildern, damit ja nicht ein Alzerl Illusion entstehen könnte. Diese Manier der Verfremdung mochte man noch Brecht zugestehen, der weltanschauliche Gründe dafür vorwies. Jetzt jedoch hat man das Gefühl, daß es eher deshalb geschieht, weil die Autoren ihrer eigenen Aussage nicht über den Weg trauen.
Dabei wäre nichts gegen die Methode einzuwenden, wenn damit Spielhandlung und heutige Wirklichkeit in Beziehung zueinander und die erstere uns damit näher gebracht werden würde — zumal die Autoren heute einige Schwierigkeiten damit haben. Im Falle Kathi Fröhlich und Franz Grillparzer, dieser Geschichte einer nicht stattgehabten Liebe, wäre das nicht so unangebracht. Das ganze Spiel handelt von nichts als der Vergeblichkeit dieser Unbeziehung, und das 50 Jahre lang. Wir hätten gerne etwas darüber erfahren, was Grillparzer zu dem Neurotiker gemacht hat, der er war. Die zwei gesprochenen Sätze über die Mama und den Papa reichten dafür nicht aus. Holts Grillparzer war so charmant, daß man ihm gar nicht Zutrauen konnte, so ein Versager gewesen zu sein. Und Frau Ott ist in Wirklichkeit viel zu couragiert, um sich das bieten oder nicht bieten zu lassen, was ihr Grillparzer vorenthalten hat.
Becketts „Spiel“. Ich weiß nicht. Haben wir es wirklich nötig, gesagt zu bekommen, wie unglücklich wir sind? Verhilft es uns dazu, glücklicher zu werden?
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