Hermann Stresau: Von einem, der nicht mitmachen wollte

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Chronik einer inneren Emigration – die Tagebücher von Hermann Stresau aus den Jahren 1933–1939 wurden neu aufgelegt.

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Chronik einer inneren Emigration – die Tagebücher von Hermann Stresau aus den Jahren 1933–1939 wurden neu aufgelegt.

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Hermann Stresau wurde zwangsläufig zum Schriftsteller. Er ist 35 Jahre alt, als er 1929 an der Spandauer Bibliothek angestellt wird, im April 1933 wird er aus politischen Gründen entlassen. Er beginnt, Bücher aus dem Englischen zu übersetzen, übernimmt Lektoratsarbeiten für den S. Fischer Verlag, verfasst Bücher, die heute kaum jemand kennt, darunter einen Nibelungenroman oder eine Biografie über Joseph Conrad.

Von besonderem Wert aber sind seine Tagebücher, die erstmals 1948 erschienen und jetzt neu aufgelegt wurden. Viel Missbrauch wurde getrieben mit dem Begriff „innere Emigration“, aber ­Stresau paktierte tatsächlich mit dem Naziregime nicht. Mit politischem Widerstand hat er, für den nicht infrage kommt, in die Partei einzutreten, dennoch nichts zu tun. Es handelt sich um eine Allerweltsbiografie, die ideal den Alltag eines Mannes nachempfinden lässt, der wohl erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen hat, aber nicht bedroht wird.

Sein Widerwille gegenüber den ­Nazis ist stark genug, dass er der Propaganda nicht auf den Leim geht und – wie er im Vorwort bekennt – „bewusst jeder Begünstigung durch die herrschenden Mächte“, um die als Schriftsteller er sich hätte bemühen können, aus dem Weg geht. Im geheim gehaltenen Tagebuch findet er die Gelegenheit, sich Luft zu verschaffen über die Zustände in ruchloser Zeit. Wären sie in falsche Hände geraten, wäre er mit dem Leben nicht davongekommen.

Kritischer Beobachter

Als Chronist befindet sich Stresau in einer fatalen Lage. Seine Informationen bezieht er aus Quellen, deren verlogene und verfälschende Natur ihm bewusst ist. Also muss er aus Nachrichten das herauslesen, was sie eigentlich nicht mitteilen wollen. Eine Hitler-Rede deutet er gegen deren eigenen Anspruch. „Immerhin ist deutlich“, notiert Stresau am 24. Februar 1935, „dass er [Hitler] alles, was an sozialrevolutionären Antrieben in seinen Anhängern lebt, nach Kräften zu bremsen sucht. Versprechen und halten ist eben zweierlei in der Politik.“

Die Tagebücher sind für Stresau notwendige Selbstvergewisserung, um der Rohheit mit einer für ihn selbst verbindlichen moralischen Antithese zu kontern. Er erweist sich als kritischer Beobachter, der mitkriegt, wie Anpassung und freiwillige Subordination funktionieren, wenn er sich im kleinbürgerlichen Biotop umsieht. Dabei ist Stresau nicht frei von Zweifeln, stellt gar Überlegungen an, ob nicht doch verborgene Qualitäten im National­sozialismus steckten, um ihm dann doch vehement und mit kühlem Kopf eine Abfuhr zu erteilen.

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