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Wo ist der Messias?

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oße Adventsehnsucht hereingebrochen ist, die Sehnsucht nach einem Retter der Menschheit. Folgt man dem suchenden Blicke dieses Sohnes des Konfuzius, so ist es, als o~b er in der Ferne schon den Stern erspähte, der künftig ihn und ungezählte Millionen seiner Heimat nach Bethlehem führen würde.„

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oße Adventsehnsucht hereingebrochen ist, die Sehnsucht nach einem Retter der Menschheit. Folgt man dem suchenden Blicke dieses Sohnes des Konfuzius, so ist es, als o~b er in der Ferne schon den Stern erspähte, der künftig ihn und ungezählte Millionen seiner Heimat nach Bethlehem führen würde.„

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In diesen Tagen der „Demokratie”, da Millionen in das Elend der gewappneten Rassenideolpgie gerieten und nur die Politik des „Aug-um-Auge, Zahn-um-Zahn” anerkennen wollen, ist es lehrreich, unsere Augen auf die vier Heiligen Asiens zu richten: Sakamuni, Konfuzius, Jesus und Mohammed. Von diesen war nur Jesus proletarischen Ursprungs und Proletarier in seinem Leben. — Ich säge Jesus, weil der Name „Christ” in unsern Tagen zu oft mit Kapitalismus gleichgesetzt wird. Sakamuni war der Sohn eines Fürsten, Konfuzius Sohn eines Mandarins. Aber der Heilige, an den heute Millionen glauben, wurde geboren in einer Krippe, als seine Eltern auf einer mühevollen Reise waren. Bald nach seiner Geburt wurde er als Flüchtling von Ägypten aufgenommen. Seine Apostel waren Arbeiter, Fischer. Sein Leben war gewidmet den Armen und Niedrigen, er stand unter den Habenichtsen, den Armen und Kranken, er verurteilte die Pharisäer. Er wurde gefangengenommen und vor die Richter geschleppt. Er wußte, daß er Menschlich-Unmögliches versuchte, seine umstürzenden Lehren und Gesetze kannten kein Kompromiß: Entweder — oder. In tiefer Seelenruhe opfert er sich selbst für Gerechtigkeit und Wahrheit. Welch eine zwingende Anziehungskraft ist er für die Menschen!

Seine Tage waren nicht weniger unruhevoll als die unsern. Die griechisch-römische Kultur lag in Todeskrämpfen, die Gesellschaft war zerrüttet. Ruhelosigkeit, Apathie gegen das äußese Geschehen hatte alle erfaßt. Die geistige Lage dieser Zeit war getragen von widersprechenden Ideologien, Stoizismus und Materialismus.

Wirklich geistiges Denken — ob philosophisch oder religiös — ist immer bewegt von Güte und Liebe. Konfuzius predigte Menschlichkeit, Sakamuni Dankbarkeit, Mohammed Edelmut, Jesus forderte mehr und verlangte Feindesiliebe. Dies mag als unerfüllbares Gebot erscheinen, aber mit dem Blick auf die Wunden der Welt von heute müssen wir gestehen, daß es in der Tat ein wirksames und dringend notwendiges Heilmittel ist.

Während des Krieges betonte Churchill nur zu oft die Identität der Vereinten Nationen mit dem Christentum und wurde deshalb angegriffen, weil er die Mohammedaner der Sache der Alliierten entfremdete. Heute hören wir Radio Moskau die Engländer und Amerikaner als Kriegshetzer und christliche Kapitalisten bezeichnen. Aber wenn Jesus oder Sun Yatsen wieder- kämen, ihre Gedanken über die Welt von heute wären wohl die gleichen. Keiner haßte das Geld mehr als Jesus. Seine Lehren müßten durchdacht werden und was er von dem hielt, was heute Angelpunkt der Welt ist: industrielle Ausbeutung des niederen Volkes, Goldbarren und Konkurrenz von außen.

Jesus war ein Mann des Volkes, einer aus der unterdrückten, ausgebeuteten und ausgeraubten Masse. Wenn er heute lebte, würde er wohl die Behandlung der Neger in Amerika und Afrika billigen? Ebensowenig würde er sich einverstanden erklären mit der Politik „Australien nur für die Weißen”. In Wort und Tat würde er ein- trVten für Gleichheit der Menschen und kämpfen für. den Fortschritt. „Wer der Größte unter euch sein will, muß euer Diener sein.” Welch demokratischer Geist! Welch hoheitsvolle Warnung für die Volksführer! Weit mehr als Konfuzianisten, Buddhisten und Taoisten ist Jesus umstürzlerisch gegen den Geist dieser Welt, ohne jedes Kompromiß. Er trieb die Geldmenschen aus dem Tempel.

Vom sozialen Standpunkt aus sind Christentum und Konfuzianismus positiver als Buddhismus und Taoismus. Jesus wünschte, das Gottesreich auf Erden zu errichten, Konfuzius zielte auf das rein menschliche z Handeln. Dieser legte das Hauptgewicht auf den Familiensinn’ und führt zürn sozialen, wirtschaftlichen und politischen Feudalismus, der bald Staatsform wurde. Die menschliche Einzelperson wurde in den Hintergrund gestellt. Aber die Person — der Mensch, nicht der Staat und die Gemeinschaft — ist die Grundlage der modernen Kultur. Der Mensch war Inhalt der Renaissance, er stand im Anfang der industriellen Revolution und aller Strömungen des Westens und ist der geistige Urgrund der Demokratie. Konfuzius kann überreden, gut zu sein, aber er kann niemand bewegen, am Kreuz zu sterben für irgendwelche Unbekannte.

Weihnachten 1937 war das Ende des kriegerischen Ereignisses von Sianfu … Dann kamen acht düstere Weihnachten. Auf halb China lag die Hand der Bedrücker und’ die andere Hälfte lag unter dem Schrecken der Bomben. Zwei Jahre später gab uns der Sieg der Alliierten eine Atempause. Am folgenden Weihnachtsfest wuchs unsere Hoffnung, als auf Trumans Weisung General Marshall in China eintraf und der Frieden im Innern durch einen Waffenstillstand mit den Kommunisten anzubrechen schien. Weihnachten 1946 war umnebelt, der Friede schwand. Heute finden wir nichts vom Weihnachtssinn. Es ist dunkel!

Es gab immer Spezialisten in der Welt, heute mehr denn je: Wirtschaftsspezialisten, Spezialisten für Technik, Spezialisten für Atomenergie, Spezialisten auf dem Gebiete der Bakteriologie. Aber die Welt war noch nie so arm an Experten für die geistige und moralische Führerschaft. Wach auf, Asien, China, in all euren Parteien, Hindostan, Pakistan, Araber, Juden! Warum folgt ihr dem Wahnwitz internationaler Politik? Warum folgt ihr nicht euren Heiligen und Weisen?

Wie einst die Hebräer vor 2000 Jahren, so erwarten wir heute einen Messias!

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