Orientierung auf dem Weg

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Die Zeitschrift wort auf dem weg handelt viel vom Suchen, weniger vom Ankommen

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Die Zeitschrift wort auf dem weg handelt viel vom Suchen, weniger vom Ankommen

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Wege sind schmäler als asphaltierte Strassen, individueller, vorläufiger. Wege können verwachsen, neu angelegt werden. Wege haben mit Suchen zu tun, Straßen mit Ankommen." Mit diesem Bild des Weges beschreibt der Wiener Autor Georg Bydlinski die Arbeit des Schriftstellers, dessen Suchen und Finden von Worten und deren Platz im Text, im Gedicht bis es stimmig ist: "Etwas ,rastet ein', das über das rein Sprachliche hinausgeht."

Zu lesen ist die zitierte Wegmetapher in der Sommernummer der Zeitschrift wort auf dem weg. Und Bydlinski bietet damit nicht nur eine gelungene Beschreibung seiner Arbeitsweise, ihm ist hier auch eine treffliche Definition von wort auf dem weg insgesamt geglückt. "Die Zeitschrift zur biblisch-christlichen Orientierung", wie sich die Zweimonatsschrift im Untertitel selbst nennt, wird von der Frauengemeinschaft Werk der Frohbotschaft mit Sitz in Batschuns herausgegeben. Die Schwestern des Säkularinstituts arbeiten in verschiedenen Bildungs- und Sozialeinrichtungen weit über die Grenzen Vorarlbergs hinaus. Mit wort auf dem weg verlegen sie zudem eine anspruchsvolle Lektüre für biblisch und literarisch interessierte Leserinnen und Leser, erweitert mit Impulsen zu den jeweiligen Schriftlesungen und dem Tagesevangelium.

Das heurige Jahresthema des Periodikums ist "Wort und Sprache". Nummer eins bot Gelegenheit, in das Haus der Sprache einzutreten, Autoren in ihre Sprachwelt zu begleiten. Weiter ging es mit den Räumen zwischen den Worten, der Stille, dem Schweigen, der Sprachlosigkeit. Die Mai-Juni-Nummer widmete sich der "Muttersprache". Über die Sprache der Heimat, der Alten, der Seele war zu lesen. Aus der Sommernummer wurde schon Georg Bydlinski zitiert. Neben ihm kommen weitere Künstlerinnen und Künstler zu Wort, denn das Heft thematisiert "Kunst als Sprache - Sprache als Kunst".

Gerade das zuletzt erschienene Sommerheft ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Redaktion unkonventionelle Zugänge zu ihren Themen gelingen: Eingerahmt von den Klassikern Rilke, Jandl, Botho Strauß und Christine Busta rezensiert eine 14-Jährige ihr Leseerlebnis, schildert ein Bregenzerwälder Tischler seinen Lebensstil, und ein Facharzt für Psychiatrie erklärt das Projekt "Häuser", in dem Menschen nach einem psychischen Zusammenbruch den Weg zurück ins Alltagsleben suchen.

Doch eigentlich wird dem Redaktionsteam Unrecht getan, wenn man eine Nummer hervorhebt. wort auf dem weg lässt in jeder Ausgabe Überraschendes entdecken. Ein Beispiel noch: Das Heft zum Raum zwischen den Worten, zur Stille, zur Sprachlosigkeit ließ im Interview - ein fixer Bestandteil jeder Nummer - drei junge gehörlose Erwachsene in deren Gebärdensprache zu Wort kommen. Eine eigene Sprachwelt tut sich beim Lesen dieses wortlosen, aber ausdruckreichen Gesprächs auf. Ausgezeichnete Fotos von der Begegnung unterstützen die Gesamtwirkung. Eine gute Idee war es auch, die Illustrierung des ganzen Heftes mit Bildern aus dem Gespräch zu gestalten (siehe Cover links).

Die Auswahl für die Rubrik "aufgelesen" kann ebenfalls als gelungen bezeichnet werden. Nette Episoden, einmal witzige, ein andermal nachdenkliche Kürzestgeschichten, einige nahe dem Skurrilen - Schmankerl mit einem Wort - wechseln sich hier Ausgabe für Ausgabe ab.

Erwähnt sei noch die Schriftbetrachtung, ein weiterer fixer Bestandteil jeder Nummer von wort auf dem weg. Bekannte und weniger bekannte Bibeltexte werden in einer sehr guten Übersetzung vorgestellt und kommentiert, zuweilen auch gegen den Strich gelesen - neue Einsichten zu altbekannten Geschichten nicht ausgeschlossen. "Um eines Verses willen, muss man viele Städte sehen ...", wird einmal Rainer Maria Rilke zitiert. Um eines neuen Gedankens willen, könnte man daran anschließend sagen, sollte man vieles lesen, unter anderem unbedingt auch wort auf dem weg.

wort auf dem weg. Die Zeitschrift zur biblisch-christlichen Orientierung.

Verlag Die Quelle, Postfach 82, A-6800 Feldkirch, Tel.: 05522/72885-0, Fax: 05522/78397. Jahresabo: öS 294,-/e 21,36 (Probeabos gibt es für 1/2 Jahr unverbindlich und gratis.)

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