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Erstaufführung in der Volksoper

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Die Neuinszenierung der „Banditen“ von Offenbach in der Volksoper hat fast die Bedeutung einer österreichischen Erstaufführung, denn das Werk stand — ein knappes halbes Jahr nach der Pariser Premiere — nur 1870 auf dem Spielplan des Theaters an der Wien. Daß es so lange in den Archiven geruht, ist verständlich, denn es erweist sich nicht gerade als starker Offenbach. Zwar ist der von Gustav Gründgens bearbeitete und von F. Gribitz für die Volksoper eingerichtete Text nicht wesentlich naiver als der vieler anderer Operetten. Aber die Musik ist weniger zügig, vor allem die Harmonisierung der Melodien weniger originell als die der Meisterwerke Offenbachs. Bleibt also der springlebendige Rhythmus und die sparsam-wirkungsvolle Instrumentierung, welche man anscheinend ziemlich unangetastet ließ. Für die Neuinszenierung in der Volksoper ist Theo Lingen verantwortlich, der im dritten Akt auch als Schatzmeister des Fürsten von Braganza eine kleine Rolle agiert und singt. Man war bemüht, den Text, insbesondere den einiger Couplets, nach alter Operettensitte durch Aktualisierung zu würzen. Doch ist Indezenz kein angemessener Ersatz für Geist und Witz. Das gilt besonders für das Couplet des Regisseurs. Dagegen hatte Lingen einige wirklich hübsche Regieeinfälle, etwa gleich nach dem Aufgehen des Vorhangs und am Schluß. Nicht minder einfallsreich war der Bühnenbildner Walter Hoeßlin, der zugleich „moderne“ und zeitstilgerechte Dekorationen schuf. Künstlerische Phantasie zeigte auch Elli Rolf in den aparten, märchenbunten Kostümen. Kurt Preger als Räuberhauptmann und Erich Kunz als dessen Stellvertreter waren die stimmlich und darstellerisch gleichermaßen erfreulichen Träger der männlichen Hauptrollen. Sehr hübsch auch Rosl Schwaiger als schmächtiger, aber feuriger Liebhaber der Fiorella (Martha Rohs, die — in der weiblichen Hauptpartie — leider wenig befriedigte). Wie seinerzeit im „Bettelstudent“ und in „Tausendundeine Nacht“ kommt ein großer Anteil an dem lebhaften Premierenerfolg dem virtuosen und dekorativen Ballett unter der Leitung Erika Hankas zu. Hier zeichneten sich Julia Drapal (übrigens auch in einer kleinen Sprech- und Gesangspartie) und Lucia Bräuer als Anführerin einer Gruppe von Cancantänzerinnen glänzend aus. Das Orchester unter Anton Paulik musizierte schwungvoll, präzise und klangschön.

Das Publikum wird an dieser Neuinszenierung vermutlich Gefallen finden. Aber wie wäre es, wenn man es einmal mit einem neuen Werk versuchte, das zugleich auch ein Kassenstück werden könnte? (Die „Bettleroper“ war weder das eine noch das andere.) Da gibt es zum Beispiel „Die Kluge“ von Carl Orff. (Keine Angst vor der „Klugen“. Sie ist mit der „Antigonae“ nur sehr weitläufig verwandt...)

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