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Vom Wind verweht
Als Spiel auf dem See hat man Lehars Meisteroperette „Das Land des Lächelns” mit besonderer Spannung erwartet. Franz Lehar ist in seinem wohl schönsten Werk höchste Musikalität und ein zündendes Ins-Ohr-Gehen gelungen; dazu kommt die für eine Operette ganz unkonventionelle Handlung mit dem Thema der Rassenmischehe und dem tragischen Schluß. Dennoch stellte die scheinbar völlig risikofreie Wahl vor ein neues Probelm. Die zarten Töne werden auf den Dimensionen der Seebühne vom Winde verweht; die Handlung kommt gegenüber den Massenszenen, wie sie die Insel mjt ihren Brücken erfijrflern, zu kurz. Bewußt wurde „das Wiener Jieft des ersten Aktes auf einer fast leeren Bühne von den chinesischen Tempeln mit dem Riesenbuddha der Seitenschauplätze getrennt. Dieser Scheidung diente scheinbar auch die Verlegung der Ouvertüre vor den zweiten Akt. Daß Lisas Salon von Lehär-Walzern belebt wurde, paßte gut in die Stimmung. Prachtvoll war das chinesische Kolorit der Massenszenen, wobei wiederum im dritten Akt, der Spannung erfordert, des Guten reichlich viel getan wurde. Hier konnte sich die Inszenierung von Wolfgang Liebeneiner samt der Bühnengestaltung von Walter Hoesslin nach Herzenslust ausleben.
Giuseppe Campora als Prinz Sou Chong befriedigte zumindest jene Zuhörer, die zu jung sind, um Richard Tauber in seiner Glanzrolle erlebt zu haben. Gerda Scheyrer war eine noble Lisa, während dem heiteren Pärchen Heinz Holecek und Liselotte Ebnet wenig Entfaltungsmöglichkeit blieb. Die aktuellen Witze des Obereunuchen (Herbert Prikopa) litten darunter, daß eine Fistelstimme gegen den Westwind noch weniger aufkommt als ein Tenor.
Optisch gesehen: eine Glanzleistung der Bregenzer Festspiele, die sich an die „Nacht in Venedig” und an „Tausendundeine Nacht” reiht, musikalisch ein Beweis, daß sich allzu feine Kost für allzu große Dimensionen nicht restlos eignet.
Das Wiener Burgtheater setzte mit dem „Geretteten Venedig” von Hugo von Hofmannsthal ein, wobei für das Spiel drei Verantwortliche zeichnen: der 1685 verstorbene Engländer Thomas Otway, dessen Tragödie Hofmannsthal nachgedichtet hat, und dazu Peter Mosbacher, der wiederum Hofmannsthal gründlich umgestaltete. 1618 droht der Dreißigjährige Krieg auszubrechen: Spanien trachtet, die Republik Venedig auf seine Seite zu ziehen und zettelt dazu nach altvenetianischem Brauche eine Verschwörung gegen den Senat an. Antonio, dessen Schwiegervater, der Senator Priuli, ihn vor die Türe gesetzt hat, will mitputschen, schlägt sich aber auf die andere Seite, als einer der Revoluzzer gegen seine Gattin deutlich wird. Diese egoistische Mischung von Volkserhebung und Verrat wirkte wenige Tage, nachdem die Problematik des 20. Juli 1944 noch einmal die Menschheit erschüttert hatte, doppelt deplaciert.
Stefan Skodler und Josef Krastel als Senatoren, Klaus Jürgen Wussow als idealistischer und Alexander Trojan als verhinderter Menschheitsbeglücker sowie Erika Pluhar und Blanche Aubry in den beiden Frauenrollen bemühen sich um eine von vornherein verlorene Angelegenheit, bei deren Betrachtung man versteht, warum Hofmannsthals Versuch 59 Jahre lang in einer Schreibtischlade liegen bltyb,. Mut zum Experiment ist schön, und ‘ ”fiubepn Jftrln mit manchen versuchen mitgegangen, denen die Kritik zum Teil sehr ungnädig war. Dieses „Venedig” aber hätte nicht gerettet werden sollen.
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