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Abschieben ist keine Lösung
Daß es in wirtschaftlich schlechteren Zeiten Probleme mit den ausländischen Arbeitnehmern gibt, ist klar. Sie, die ursprünglich willkommene Lückenbüßer waren, werden nun als Konkurrenten um die knapper werdenden Arbeitsplätze betrachtet (FURCHE 39/1984).
Trotzdem können einerseits die Betriebe nicht auf die ausländischen Arbeitnehmer verzichten, wie es umgekehrt ihnen nicht zuzumuten wäre, ihre Arbeitsplätze für arbeitslose Inländer zu räumen.
Übrigens ist es ein Trugschluß, zu glauben, wir könnten mit der Entfernung der ausländischen Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit beseitigen.
Noch immer werden Arbeiten, die in den letzten Jahren den ausländischen Arbeitskräften überlassen wurden, weil sie keine hohen qualitativen Anforderungen stellten und deshalb schlecht bezahlt waren, von Inländern nicht oder nur sehr selten angenommen.
Der Rückgang der Zahl der ausländischen Beschäftigten zeigt allerdings, daß wir die Arbeitslosigkeit zu einem nicht geringen Teil exportiert haben, indem Ausländer infolge der wirtschaftlichen Unsicherheit oder nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes von sich aus in ihre Herkunftsländer zurückgegangen sind.
Dieser Prozeß dürfte im wesentlichen abgeschlossen sein bzw. bald abflauen. Dies auch deshalb, weil die Betriebe den jetzigen Stand an ausländischen Arbeitnehmern brauchen, um einen geordneten Produktionsablauf aufrechterhalten zu können.
Wir werden also damit rechnen müssen, daß wir auch in Zukunft eine beträchtliche Zahl von ausländischen Arbeitskräften in unserem Lande haben werden, von denen viele nicht mehr in ihre
Heimatländer zurückgehen werden.
Sie selbst und ihre älteren Kinder stehen schon im Arbeitsprozeß oder suchen Arbeit. Die Zahl der Arbeitsuchenden aus der zweiten Generation wird in den nächsten Jahren stark zunehmen.
Wir haben also allen Grund, uns Gedanken zu machen, wie die künftige Ausländerpolitik aussehen soll. Vorrangiges Ziel einer solchen Politik müßte es sein, sie in die Lage zu versetzen, frei zu entscheiden, ob sie sich hier integrieren oder in ihrer alten Heimat reintegrieren wollen.
Dazu ist es notwendig, daß die Familienzusammenführung ermöglicht und geregelt wird.
Auch denen, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, sollte dies durch finanzielle Unterstützung erleichtert werden. Neben Rückkehrbeihilfen ist auch die Unterstützung von Betriebsgründungen in den Heimatländern denkbar.
Eine künftige Ausländerpolitik müßte sich an folgenden Grundsätzen orientieren:
• Strikte Begrenzung des weiteren Zuzuges (auch wenn die wirtschaftliche Situation besser werden sollte) mit Ausnahme der Familienangehörigen (Ehegatten, Kinder);
• klare gesetzliche Regelungen für den Familiennachzug: Kinder sollen nicht durch verspätete Einreise um ihre Bildungsmöglichkeiten und ihre Zukunftschancen beraubt werden;
• Förderung der freiwilligen Rückkehr;
• die Integration der auf Dauer hier lebenden Ausländer: der Aufenthalt derer, die seit vielen Jahren hier leben und arbeiten, muß rechtlich abgesichert werden.
Die Erkenntnis, daß aus den „Fremd-" bzw. „Gastarbeitern" Einwanderer geworden sind, drängt zu Taten im Interesse der ausländischen Arbeitnehmer als auch im Interesse der heimischen Bevölkerung und des sozialen Friedens.
Der Autor ist Präsident der Vorarlberger Kammer für Arbeiter und Angestellte.
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