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Brasilien: Notfalls Gewalt?

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Eduard Ploier versucht, uns das Sprichwort nahezubringen: „Mach es gewaltlos; wenn es nicht geht, mach es mit Gewalt, aber sei nicht lau." Die Konsequenz ist für ihn: nicht Entwicklungshilfe, sondern Entwicklungspolitik, denn die Ursachen der Armut müssen beseitigt werden. Dieser Meinung sei „die dynamische und junge Kirche Brasiliens".

Weiter unten lesen wir allerdings, daß sich nur ein Fünftel der Bischöfe „für die Armut entschieden" und „es aufgegeben habe, auf dem Umweg über die Mächtigen die Strukturen des Landes zu verändern". Wird da nicht unterstellt: immer noch halten es die meisten Bischöfe mit den Reichen, sie wollen die ungerechten Strukturen einzementieren? Unterstellt man dies etwa auch dem Papst, der sich in Mexiko eindeutig gegen blutige Revolution unter christlichem Vorzeichen ausgesprochen hat?

Einer von den wenigen „dynamischen" Bischöfen sagt: „Mehrheitsbeschlüsse (der Gläubigen) haben auch für den Bischof Geltung, auch dann, wenn sie gegen seine wirkliche Uberzeugung seien. Es müsse das, und nur das, geschehen, was die Betroffenen selber wollen." Also völliger Verzicht auf Autorität und geistliche Führung? („Eine Farce, erwachsenen Menschen nicht zumutbar.") Allerdings müssen diese erwachsenen Menschen erst zum Widerstand erzogen werden! Zum gewaltlosen Widerstand, „solange es

eben geht". Das geschieht in den Basisgemeinden.

Wie kann sich eine solche Auffassung auf das Evangelium berufen, das doch gerade den revolutionären Bischöfen und Gemeinden als „Basis" dient? Müßten denn nicht alle, die das tun, wie der erste „gewaltlose" Kämpfer, der Mindu Mahatma Gandhi, der Devise folgen: „Unrecht leiden ist besser als Unrecht tun", und vor allem das Wort des Herrn bedenken: „Fürchtet nicht jene, die nur den Leib töten können, sondern vielmehr..."

Der Zusatz „Wenn es nicht anders geht, dann eben doch mit Gewalt!" macht gerade das hohe Ideal der Ge-. waltlosigkeit zu einer „Farce", denn wer wendet denn überhaupt Gewalt an, wenn er, was er braucht, auch ohne sie bekommt? Jedoch der Hinweis auf die Schändlichkeit der Lauheit ist berechtigt: Wer sich, ohne etwas zu tun, mit offenkundigem Uhrecht abfindet, der wird ja „ausgespien".

Die Alternative ist nach dem Wort des Herrn aber eben nicht Gewalt („wißt ihr noch immer nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?"), sondern der Weg des Kreuzes, des unschuldigen und stellvertretenden Leidens. Die rühmenswerte Solidarität mit den Armen entbindet Bischöfe und Priester doch nicht von ihrer Hauptaufgabe, ihnen dieses Evangelium unverkürzt zu verkünden und vorzuleben? Erika Mitterer 1040 Wien

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