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Budgetkrampf nach Spaltung

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Am Mittwoch dieser Woche wird sich erstmals seit der Wahl des Zentralausschuß-Vorsitzenden der österreichischen Hochschülerschaft (ÖH), Fritz Lennkh, zeigen, welche Konsequenzen die Spaltung der österreichischen Studentenunion (ÖSU) - die FURCHE berichtete vor zwei Wochen darüber - auf die Mehrheitsfindung im Zentralausschuß (ZA) haben wird: An diesem Tag soll das Budget für 1980 beschlossen werden.

Im Grundsätzlichen sind sich die drei „bürgerlichen“ Fraktionen einig: das ÖH-Budget (heuer rund 20 Millionen) soll wie bisher nach dem Schlüssel 55:22:23 zwischen Hauptausschüssen (HA), Zentralausschuß und Sonderprojekten aufgeteilt werden. Die Auseinandersetzungen beginnen erst dort, wo es darum geht, wer und nach welchen Kriterien die 23% des Budgets verteilen darf, die für Sonderprojekte vorgesehen sind: Die ÖSU ist für die Beibehaltung des bisherigen Vergabemodus, wonach eine ZA-Kommission über diese Beträge verfügt. Schwerpunkte sollen wie bisher die Unterstützung von Tutorien (Einführungsveranstaltungen, die den Erstinskribenten den Einstieg ins Studium erleichtern sollen) und von Kommunikationszentren sein.

Forum und JES (Junge Europäische Studenteninitiative) wittern hinter diesem Verteilungssystem Korruption, Freunderiwirtschaft und versteckte Subventionierung linker Gruppen. Forum-Boß Routil nennt ein Beispiel: Eine linke Gruppe an' der Grazer Universität bekam im vergangenen Jahr für die Abhaltung von Tutorien genausoviel wie die gesamte Fakultätsvertretung der Medizinischen Fakultät der gleichen Universität, nämlich S 40.000,-. Forum und JES wollen daher einen Großteil der Sonderprojekte durch die Hauptausschüsse vergeben lassen (wo sie auf Grund der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse weitaus mehr Einfluß nehmen können).

Korruption größeren Ausmaßes vermuten JES und Forum auch beim „Studentischen Wohnservice“ (SWS), eiAer Einrichtung des Zentralausschusses, die Wohnungen anmieten, adaptieren und an bedürftige Studenten weitergeben soll: Es gebe keine Abrechnungen und bisher seien nur einige wenige Wohnungen an Freunde der ZA-Granden vergeben worden. ÖSU-Lennkh hingegen weiß von 60 nach strengen sozialen Kriterien vergebenen Unterkünften und 40 weiteren, die derzeit adaptiert werden, und hält zudem die

Kontrollmöglichkeiten für ausreichend.

Ansonsten wollen die Fraktionen in punkto studentisches Wohnen das Gleiche: Seit Fritz Lennkh von seinem Vorschlag, ein eigenes Studentenmietgesetz zu schaffen, wieder abgerückt ist („rechtspolitisch wahrscheinlich unmöglich“), ist man sich einig, daß Studentenheime zu forcieren sind (wobei die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studenten zu verbessern sind). Unterschiede finden sich nur im Detail: Das Forum schlägt vor, die Heime in kleine Wohneinheiten von etwa 120 Quadratmeter zu unterteilen, innerhalb derer es zu Gruppenbildung und verstärkter Kommunikation kommen soll, die JES will die durch den Bau der UNO-City freigewordenen UNO-Gebäude in Studentenheime umwandeln und die ÖSU erwartet sich von der Einführung befristeter Hauptmietverträge eine Vergrößerung des Angebotes für Studenten.

In vielen allgemeinpolitischen Fragen unterscheiden sich die Aussagen der drei Fraktionen nur wenig: Alle treten für die umfassende Landesverteidigung ein und wollen das Zivildienstgesetz verbessern (die ÖSU tritt allerdings im Gegensatz zu den beiden anderen für die Abschaffung der Zivildienstkommission ein), alle sind gegen die Ganztagsschule, die ÖSU allerdings langfristig für die Gesamtschule ohne Leistungsdifferenzierung, während Forum und JES - ganz auf ö VP-Linie - strikt dagegen auftreten. Alle halten jedoch eine innere Schulreform für wichtiger als organisatorische Änderungen.

Alle glauben auch, daß Studentenpolitik Teil einer Gesamtpolitik sein muß, daß also Studenten keine Privilegien für sich beanspruchen dürfen. Die JES tritt dah'ėr für eirie Umschichtung der Sozialleistungen ein, die dann nicht mehr allen, sondern nur mehr bedürftigen Studenten zugute kommen sollen.

Der „Sozialkampf1 der beiden anderen Fraktionen hingegen artet zur Groteske aus: Als im heurigen Oktober in ganz Österreich Studenten für eine Verbesserung der Schulfreifahrt-Regelung demonstrierten, verlegte das Forum an der Wiener Universität seine Demonstration um eine Woche vor. Zur „Strafe“ dafür wurde der Wiener HA-Vorsitzende Wurz von Lennkh nicht zu den Verhandlungen über diese Materie im Finanzministerium eingeladen. Worauf Wurz sich von Androsch selbst einladen ließ.

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