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Das Jahr der vierzehn Monate

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Die Enzyklika „Redemptoris Mater“ , .das bevorstehende Marianische Jahr und das 70-Jahr-Jubiläum von Fatima - am 13. Mai 1917 gab es dort die erste Marienerscheinung - verschaffen dem Thema Marienverehrung höchste Aktualität.

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Die Enzyklika „Redemptoris Mater“ , .das bevorstehende Marianische Jahr und das 70-Jahr-Jubiläum von Fatima - am 13. Mai 1917 gab es dort die erste Marienerscheinung - verschaffen dem Thema Marienverehrung höchste Aktualität.

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Schon des öfteren hat Papst Johannes Paul II. auf das Jahr 2000 hingewiesen. Ungeachtet der vier bis sieben Jahre Differenz, die unsere Zählung „nach Christi Geburt“ seit Dionysius Exiguus (t 550) dem Punkt Null nachhinkt, gewinnt der Hinübergang in das dritte Jahrtausend besonderen heilsgeschichtlichen Charakter: „Durch die Gegenwart Christi bėstarkt, schreitet die Kirche in der Zeit voran auf die Vollendung der Geschichte zu und geht ihrem Herrn entgegen, der kommt.“ (1) Dieses Wort des II. Vatikanums

zitiert der Heilige Vater am Beginn seiner vierten großen Enzyklika „Redemptoris Mater“ (RM), die er nach der feierlichen Ankündigung vom Neujahrstag 1987 am 25. März, dem Fest der Verkündigung des Herrn, zur Vorbereitung des Marianischen Jahres veröffentlichte.

Der Papst hebt in diesem Zusammenhang hervor: „Auf dieser Pügerschaft geht sie (die Kirche) denselben Weg, den auch die Jungfrau Maria zurückgelegt hat, die ,den Pilgerweg des Glaubens gegangen ist und ihre Verbundenheit mit dem Sohn in Treue bewahrt hat’.“ (RM Nr. 2) Uber die Synthese der wirklichen Lehre zum Thema „Mutter Christi“ , die das letzte Konzil in einzigartiger Klarheit sah und aufzeigte (2), weist Johannes Paul II. auch auf die Aussagen Pauls VI. in dessen Apostolischen Schreiben „Signum magnum“ und „Marialis cultus“ zurück (3) und stellt fest: „Der Umstand, der mich nun drängt,… ist der Blick auf das bereits nahe Jahr 2000, in dem das 2000-Jahr-Jubiläum der Geburt Christi unsere Augen zugleich auf seine Mutter lenkt.“ (RM Nr. 3)

Seinem Doppelnamen entspre- . chend vereinigt der Heilige Vater in seiner Heilsverkündigung immer neu die Gnadenbotschaft der Apostel Johannes und Paulus: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Jo 1,14), „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von der Frau“ (Gal 4,4).

Auch darin folgt der Papst dem II. Vatikanum, das, wie kaum je ein Konzil vor ihm, alle Aussagen über „Die selige Jungfräuliche Gottesmutter Maria im Geheimnis Christi und der Kirche“ im Blick auf die unlösbare Einheit „Maria-Christus-Kirche“ ausgerichtet hat. „Vom Vater gesandt“ , „von der Frau geboren“ , übergibt „sein Sohn“ vor der Vollendung seines Opfers am Kreuz „die Frau“ dem „Jünger, den er liebte“ , und umgekehrt (Jo 19,27).

Nach seinen großen Rundschreiben über den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist (4) vergleicht der Papst unter Hinweis „auf die gute Gelegenheit“ (RM Nr. 3) „die Jahre, die uns dem Ende des zweiten Jahrtausends nach Christus und dem Beginn des dritten näherbringen“ , um sich mit allen „in diesem Zeitabschnitt in besonderer Weise an diejenige zu wenden, die in der .Nacht* der adventlichen Erwartung als wahrer .Morgenstern* zu leuchten begann“ .

Ihr weiht er das Marianische Jahr und verfügt, daß es mit dem Pfingstfest 87 beginnen und mit dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel des folgenden Jahres enden soll. (RM Nr. 49f.) Ganz im Geist des Konzils sieht der Heilige Vater im Pilgerweg Mariens den Pilgerweg der Kirche und will mit beiden, mit seinem Rundschreiben „Redemptoris Mater“ wie mit dem Marianischen Jahr, „auf jenen .Pilgerweg des Glaubens* hinweisen, den die selige Jungfrau gegangen ist und auf dem sie .ihre Verbundenheit mit Christus in Treue bewahrt hat*“ . (RM Nr. 2)

„Auf diese Weise erhält das .doppelte Band*, das die Mutter Gottes mit Christus und mit der Kirche verbindet, eine gesamtgeschichtliche Bedeutung… Es geht hierbei um die Geschichte des gesamten Gottesvolkes, aller, die am selben .Pilgerweg des Glaubens* teilnehmen.“ (RM Nr. 5) Letztlich ist diese Sicht des II. Vatikanums zugleich Grundlage und Maß all dessen, was Johannes Paul II. schon mit seinem Wappen und seinem Wahlspruch verkündet: nichts Neues, aber, weil grundwahr, immer neu Gültiges und Wichtiges.

Es kann nicht Aufgabe dieses

kurzen Beitrags sein, den einzelnen Abschnitten der großen drei Teile der päpstlichen Enzyklika eine gesonderte Betrachtung zu widmen. Schon die Übersicht wird den Leser so informieren, daß er „sich auskennt“ und - hoffentlich — auch an die Lektüre des Textes heranmacht.

Im ersten Teil interpretiert der Papst drei der Hauptaussagen über Maria: „Voll der Gnade“ (Lk 1,28), „Selig ist, die geglaubt hat“ (Lk 1,45) und „Siehe, deine Mutter!“ (Jo 19,27). Interpretation, Meditation und Anwendung — all das im Licht der von Christus selbst wiederholten „Einladung“ Mariens zur „anderen Mutterschaft“ hin, zur geistlichen Mutterschaft an dem Jünger, den Gläubigen, auch an allen Menschen. (RM Nr. 7—24) All das in der Sicht „Maria im Geheimnis Christi.“ (RM vor Nr. 7)

All das in einer „neuen Dimension und neuen Sinngebung für all das, was menschlich ist, und somit auch für jede menschliche Bindung hinsichtl5fch der Ziele und Aufgaben, die jedem Menschen gestellt sind. In dieser neuen Dimension bedeutet auch eine Bindung wie jene der .Brüderlichkeit* etwas anderes als das 3rudersein nach dem Fleisch*“ „Und sogar die .Mutterschaft* erhält in der Dimension des Reiches Gottes, im Licht der Vaterschaft Gottes selbst, einen anderen Sinn;… lehrt Jesus genau diesen neuen Sinn der Mutterschaft.“ (RM Nr. 20) Das aber ist „die Mutterschaft derer, die Ihn geboren hat, sich in der Kirche und durch die Kirche .neu* fortsetzt.“ (RM Nr. 24)

So soll sich „die Gottesmutterschaft Marias ausbreiten“ , da „die Mutterschaft Marias über die Kirche der Abglanz und die Fortsetzung ihrer Mutterschaft über den Sohn Gottes ist.** (RM Nr. 24) Die Krönung all dieser Aussagen des Papstes: „Die im Geheimnis Christi als Mutter gegenwärtig ist, wird so — durch den Willen des Sohnes und das Wirken des Heiligen Geistes — auch gegenwärtig im Geheimnis der Kirche. Auch in der Kirche bleibt sie mütterlich zugegen.“ (RM Nr. 24)

Im zweiten Teil der Enzyklika, „Die Gottesmutter inmitten der pügernden Kirche“ überschrieben, werden diese Gedanken breit

ausgeführt: Das Volk Gottes, in allen Völkern der Erde verwurzelt. Der Weg der Kirche und die Einheit aller Christen. Das Ma- gnif ikat der Kirche auf ihrem Pilgerweg. Die „Geographie des Glaubens und der Marianischen Frömmigkeit“ in all den vielen Orten der Marienverehrung erweist die Tatsache der Pilgerschaft des Glaubens in allen Völkern und kann die große Hilfe sein, alle Glaubenden in der einen pügernden Kirche zu vereinen.

Der dritte Teil des Rundschreibens trägt den Titel „Mütterliche Vermittlung“ . Christus ist und bleibt der, von dem Paulus sagt: „Einer auch ist Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Jesus Christus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle.“ (1 Tim 2,5f.). Diese einzigartige Mittlerschaft Christi ist die göttliche Magna Charta jeglichen heüsamen Einflusses, den Maria auf die Menschen ausübt, der „aus dem Wohlgefallen Gottes kommt und aus dem Überfluß der Verdienste Christi hervorgeht, sich auf seine Mittlerschaft stützt, von ihr vollständig abhängt und aus ihr seine ganze Wirkkraft schöpft, in keiner Weise behindert er die unmittelbare Verbundenheit der Gläubigen mit Christus, sondern fördert sie sogar.“ (RM Nr. 38)

Diese „Lehre des II. Vatikanischen Konzüs stellt die Wahrheit von der Mittlerschaft Marias dar als .Teilhabe an der Mittlerschaft Christi*.“ (RM Nr. 38) In diesem Sinn erhält Mariens Wort „Siehe, ich bin die Magd des Herrn“ sei-’ nen tiefsten Sinn, seine weiteste Vollendung. Deshalb ruft die Kirche Maria als ,3ürSprecherin“ , „Helferin“ , „Beistand und Mittlerin“ an (RM Nr. 40). So ist Maria in besonderer Weise Helferin zur Gemeinschaft der Heiligen, in der die pügernden Gläubigen mit denen verbunden sein können, die ans Ziel gelangt sind.

Schon seit den ältesten Zeiten bezeugt die Kirche durch ihren Kult jene tiefe Verbindung, die zwischen ihr und ihrer Mutter besteht. (RM Nr. 42) Sie sieht in der Jungfrau und Mutter Maria, als in ihrem Vorbild, in ihrem Typos, sich selbst: Braut Christi soüte sie sein. Durch gläubige Annahme des Wortes Gottes Mutter, soüte sie durch Predigt und Taufe ihre

Kinder zum neuen unsterblichen Leben gebären und zur Heüigkeit führen.

Mit dem Marianischen Jahr soll nach des Papstes feierlich erklärtem Wunsch die vom II. Vatikanum gewiesene Richtung neu aufgenommen werden, um die besondere Gegenwart der Gottesmutter im Geheimnis Christi und seiner Kirche hervortreten zu lassen: Glaubenslehre und Glaubensleben werden durch die Marianische Spiritualität zu einer neuen starken Einheit gelangen, deren erfreuliche Zeichen heute festzustellen sind. (RM Nr. 48).

Zum Schluß gibt Johannes Paul II. seiner Hoffnung Ausdruck, daß die Wahrheit von der .großen Wende* sich von neuem offenbaren möge: In Gen 3,15 angekündigt, mit der Menschwerdung des Sohnes in Maria dem Menschen bestimmt, gehört diese Wende zur ganzen Geschichte bis hin zum Ende, von dem uns Jesus „weder den Tag noch die Stunde“ offenbart hat. (vgl. Mt 25,13)

„Es ist eine unaufhörliche und ständige Wende vom Fallen zum Wiederaufstehen, vom Menschen der Sünde zum Menschen der Gnade und Gerechtigkeit. Dementsprechend richtet sich die Bitte der Kirche an Maria: .Komm, hüf deinem Volk, das sich müht, vom Fall aufzustehen!* Das bezieht sich auf jeden Menschen, auf die Gemeinschaften, die Generationen und Epochen der menschlichen Geschichte, auf unsere Epoche, auf diese letzten Jahre des Jahrtausends, das sich dem Ende zuneigt: .Hilf deinem Volk, das fällt!*“ (RM Nr. 52)

So soll mit beidem, mit der Enzyklika und mit dem Marianischen Jahr, mitten in Problemen und Kämpfen der Erneuerung der Herzen der Gläubigen und aller Menschen guten Willens gedient sein. (RM Nr. 52)

DEnzyklika Papst Johannes Pauls II. „Redemptoris Mater“ (RM) über die selige Jungfrau Maria im Leben der pilgernden Kirche, in: Wiener Diözesanblatt 125/Son- dernummer 1, Mai 1987, Nr. 2.

2) Vgl. II. Vaticanum, Dogmatische Konstitution über die Kirche, „Lumen Gentium“ , 8. Kapitel.

3) Beide abgedruckt in AAS (Acta Aposto- licae Sedis) 59 (1967), 465-475 bzw. AAS 66 (1974), 113-168.

4) „Dives in Misericordia“ , s. WDB1.118/ Sondernummer 1, Dez. 1980; „Redemptor Hominis“ , s. WDB1.117/Sondernummer 1, März 1979; „Dominum et Vivificantem“ , s. WDBL 124/Sondemummer 1, Juli 1986.

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