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Digital In Arbeit

Ein Seminarist kostet 20 S im Tag

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In drei Pfarren hilft der Priesterstudent Ricardo aus Biafra bei der Seelsorgearbeit, und am Sonntag hält er sogar schon eine Predigt. Sie fällt ihm nicht leicht, wie er schreibt, weil er noch zu wenig Erfahrung besitzt.

In Nairobi betreuen die Seminaristen die Gefängnisse und kümmern sich um die vielen arbeitslosen Jugendlichen. Der Priestermangel ist so groß, daß die Priesterstudenten schon während ihres Studiums in der Seelsorge eingesetzt werden. Das Studium kommt dabei nicht zu kurz, denn die afrikanischen Studenten sind voll Bildungshunger.

In Nigerien wurde ein interdiöze-sanes Missionsseminar gegründet, um Tschad, Mali, Zentralafrika und den Sudan mit Priesternachwuchs zu versorgen. Auch in Ländern, in denen es staatliche Grundschulen gibt wie in Südafrika, Rhodesien, Mo-zambique und Angola, entschließen sich zu wenig junge Menschen zum Priesterberuf.

In Kenia, Tansania und Nigerien gäbe es an sich genügend Studenten, die sich zum Theologiestudium melden, für viele ist jedoch ein Studium nicht erschwinglich. Jeder Tag eines Studenten „kostet" 20 Schilling für den reinen Unterhalt.

1979 haben 1606 Österreicher eine Patenschaft für einen Priesterstudenten übernommen. Mindestens 20 FURCHE-Leser waren unter ihnen. Sehr rührig ist die Diözese St. Pölten, von der 200 Priesterstudenten unterstütz werden. Mit 860 Patenschaften hat Wien als Zentrum der Missionswerke den größten Anteil. Spitzenreiter ist Vorarlberg, das bereits vor zehn Jahren mit der Aktion begonnen hat und heute an die 500 Priesterstudenten betreut.

Wer im Monat keine 600 Schilling für einen Studenten zahlen kann, dessen kleinerer Beitrag wird ebenfalls mit Freuden angenommen. Oft tun sich einige Leute zu einer Gruppe zusammen, manchmal übernimmt auch eine Familienrunde oder Pfarre einen oder mehrere Seminaristen. Eine beachtliche Anzahl von Spendern hat schon im vorhinein für vier Jahre das Studium eines Kandidaten bezahlt.

Viele Paten stehen im persönlichen Briefkontakt mit „ihrem" Priesterstudenten. Die päpstlichen Missionswerke leiten die Briefe an die Empfänger in Afrika oder Asien weiter und von ihnen zu den Gebern. Sie machen auch die notwendigen Ubersetzungen. Österreich ist das einzige Land, das mit seinen Schützlingen in Kontakt steht, wo nicht nur anonym gespendet wird. Das bringt für beide Seiten viel Anregungen.

Können tatsächlich 600 Schilling im Monat ausreichen, um Unterhalt und Studium zu bezahlen? Auch in den billigen Entwicklungsländern ist dies lediglich der dringendst benötigte Zuschuß, ohne den das Studium nicht möglich wäre.

Die Priesterstudenten kommen fast alle aus armen Verhältnissen. Nicht selten zieht ein Student seine Brüder, ja manchmal sogar die ganze Familie nach. Da der Afrikaner im Familienclan lebt, müssen die Studierenden oft ihre Familien auch während des Studiums unterstützen. Für echte Notfälle haben deshalb die päpstlichen Missionswerke einen Sonderfonds eingerichtet.

Die jungen Leute in Afrika sind sich wohl bewußt, daß sie auch als Priester ein Leben in Armut führen werden. Viele Seminaristen könnten auf Grund ihrer Ausbildung eine gute Stellung im Staatsdienst finden, die meisten jedoch widerstehen dieser Verlockung.

Angesichts des großen Priestermangels wird auch auf die Ausbildung der Katechisten großer Wert gelegt. Sie dauert nur zwei Jahre und erfolgt in mehreren Etappen, meistens während der Regenzeit. Wenn die Ernte vorbei ist, zieht der werdende Katechist oft mit seiner ganzen Familie zur Missionsschule.

Zu Epiphanie rufen die päpstlichen Missionswerke wieder auf, die Heranbildung einheimischer Priester zu unterstützen. Im vergangenen Jahr erbrachte die Kirchensammlung 8 Millionen Schilling. Durch diese Sammlung kann 98 Priesterseminaren mit 9380 Seminaristen geholfen werden.

Es geht darum, der Kirche in Afrika und Asien aus ihren Kinderschuhen zu helfen, und ihr die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Priester auszubilden. Darum die Frage: Wie viele Patenschaften werden für ein weiteres Jahr übernommen?

(Meldungen bitte direkt an die Päpstlichen Missionswerke, Seilerstätte 11, 1010 Wien. Telefon 52 32 75).

Wahrheit-Kraft des Friedens

Papst Johannes Paul II. wandte sich in seiner Botschaft zum „Welttag des Friedens" am 1. Jänner mit Nachdruck gegen die zunehmende Gewalt im gesellschaftlichen, nationalen und internationalen Leben. Er tritt darin der Auffassung'

entgegen, daß der Mensch und die Menschheit ihren Fortschritt vor allem durch den gewaltsamen Kampf erreichen. Er verurteilt die Fortsetzung des Wettrüstens, das in „tragischem Widerspruch" zu den allseitigen Friedensbeteuerungen stehe.

„Man hat sich immer mehr daran gewöhnt, alle Vorgänge im gesellschaftlichen und internationalen Leben allein mit den Begriffen von Macht und Gegenmacht zu analysieren und sich als Folge davon so zu organisieren, daß die eigenen Interessen durchgesetzt werden können. Letztlich weichen alle maßvolle

Abstufung, alle Zurückhaltung und Begrenzung vor der einfachen und brutalen Logik der Gewalt zurück"

Leitwort des „Welttages des Friedens" und Thema der Botschaft des Papstes ist „Die Wahrheit ist die Kraft des Friedens".

Die Achtung vor der Wahrheit erneuern, bedeutet für Johannes Paul II. in erster Linie, alle Formen der Gewalt beim Namen zu nennen: den Mord, den Völkermord, die Folter und die Unterdrückung und Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, des Menschen durch den Staat, eines Volkes durch ein anderes Volk.

Die Mächte der Unterdrückung müssen „durch wirksame Pressionen zur Veränderung der Verhältnisse veranlaßt" werden, nicht durch Gewalt, die nur eine Zukunft mit noch größeren Leiden bringen könne.

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