7010341-1988_05_16.jpg
Digital In Arbeit

Emil-Nordpol bitte melden!

Werbung
Werbung
Werbung

Der Automat, der Hirsch und der Präsident haben etwas Gemeinsames: sie lassen sich nach Herrn Grimm nur schwach biegen.

Nun sollte das ein Volk, das sich seit geraumer Zeit erstaunlich viel mit seinem Präsidenten befaßt und das sich darüber hinaus aus abertausenden Vereinen und deren Präsidenten zusammensetzt, ein Volk, das im noch immer waldreichen Raum von starkem

Rotwildbestand begleitet wird und in dessen Grenzen die Automatisierung heftig im Vormarsch ist, eigentlich wissen. Wenigstens die Schriftsteller, Redakteure und Texter dieses Volkes sollten sich darüber im klaren sein. Doch davon ist keine Rede.

Wer hierzulande beispielsweise Geld braucht, der hat. Es, das Geld, natürlich, und von wo hat er es, bitte sehr? Man hört's allabendlich. Nein, nicht vom Papa, der's schon richten wird, oder vielleicht doch, jedenfalls aber vom Konto, und da die Leut von den Geldinstituten sich schließlich nicht zerreißen können und ihre Filialen zuzeiten zusperren, haben sie ihn erfunden, von dem das Geld neuerdings auch mitternächtlich und sonntags fließt: vom Bankomat hat er sie, die Scheinchen, so will's das raffinierte Viech des Reimes willen und der Grammatik zum Trotz.

Und weil's eh schon wursdht ist und weil die Hauptsache ist, daß man, wie auch immer, einander versteht, und weil man beim Schreiben und beim Denken spart, schießt der heimische Jägersmann den Hirsch, auch wenn er nachher auf einen Schoppen zum „Hirschen“ geht, der aber, was das betrifft, eher zu den Altvorderen, Reaktionären, Gestrigen gehört.

Bezöge jemand in Zusammenhang mit der zweifellos zahlreichen Post, die an die Hofburg, aber auch an alle, die einem Sparverein, einer Kleingartenanlage oder einem Musikverband Vorsitzen, gerichtet ist, einen Schilling für jeden Brief, der an den Herrn Präsidenten, mit e und n also, adressiert wurde, nagte er längst am Hungertuche.

Seltsam. Da geht's den Idioten gut. Die haben sich, weder in der Ein- noch in der Mehrzahl, noch nicht kurz- und kleinkriegen lassen. Sie müssen in keinem Fall, vom zweiten bis zum vierten nicht, um ihre Endung bangen, da funktioniert alles bestens und richtig.

Es scheint sich um eine Solidaritätsbewegung zu handeln, und so weit ist ja alles in Ordnung. Leider geht von hier jedoch keinerlei Beispielswirkung aus, und selbst die ansonsten so angeregte Unterhaltung über die Frage, was denn da und dort schon wieder das Ausland über uns denken wird, verstummt und versagt diesbezüglich völlig.

Bleibt die Hoffnung auf die Polizei, deren Beamte ja jederzeit vom Schicksal der fall-weisen Verstümmelung bedroht sind, was sich kein Polizist, der sich seiner schwachen Biegung bewußt ist, gefallen lassen sollte.

Und wenn man sich mit der gemischten Art der Biegung verbündet, einfach um vereint stär--ker zu sein, was zwar paradox, hier aber richtig ist, müßte es doch noch im letzten Moment zur Rettung der beiden Emil und Nordpol zu buchstabierenden Lettern kommen können.

Ich wünsche es mir. Aus ganzem Herz.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung