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Erholung, Bildung, Gemeinschaft

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Jedes Jahr spätestens knapp vor Schulende stellt sich vielen Familien die Frage: Wie planen wir unseren Urlaub richtig? Wie können die Wünsche der einzelnen Familienmitglieder unter einen Hut gebracht werden? Erholung brauchen alle, Eltern wie Kinder. Der Leistungsdruck im Arbeits- und Schulbereich nimmt immer mehr zu. Entspannung, Tapetenwechsel, weg vom oft eintönigen Alltag ist notwendig, um allen Anforderungen nach dem Urlaub wieder gerecht werden zu können.

Bildungsmöglichkeiten auszunützen, sich zu informieren und auszusprechen über anstehende Probleme, dazu gibt es oft das ganze Jahr über wenig Zeit. Hier ist nicht die berufliche oder schulische Bildung gemeint, sondern jene, die den ganzen Menschen erfaßt. Ein sich wieder Bewußtwerden der innersten und ewig gültigen Werte des menschlichen Daseins. Haben wir nicht oft das Bedürfnis, uns unter behutsamer Führung mit religiösen Fragen zu beschäftigen und auseinanderzusetzen? Kommt nicht auch das Gespräch mit dem Ehepartner und mit

den Kinderen im Alltagseinerlei zu kurz? Das Bedürfnis, alle diese Wünsche zu verwirklichen, nimmt im Laufe des Jahres zu. Ebenso der oft unterdrückte oder nicht ausgesprochene Wunsch nach Gemeinschaft mit Gleichgesinnten.

Viel wird über die Kontaktarmut und Isolierung der Kleinfamilie geklagt. Aber was wird konkret getan, diesem Problem abzuhelfen? Die Großstadt, die modernen Wohnsilos und selbst die Lebensgewohnheiten im ländlichen Bereich sind nicht dazu angetan, Abhilfe zu schaffen. Der Wunsch herauszukommen aus dieser zunehmenden Vereinsamung, sich dem Nächsten mitteilen zu können,

wird, vor allem bei den jüngeren Familien, immer größer.

Der Anstoß, auf diesem Gebiet aktiv zu werden und alle diese Wünsche und Bedürfnisse zu vereinen, wurde schließlich vom Katholischen Familienverband Österreichs gegeben. Seit 12 Jahren bietet er ein Familienur-laubs-Modell an, das - so hoffen die Veranstalter - allen diesen Wünschen

gerecht wird. Das Modell „Familienwochen“ wurde immer wieder verbessert und ausgefeilt und stellt in der heutigen Form eine sowohl den Vorstellungen entsprechende als auch praktikable Lösung dar. P. Alois Jäger SJ, der Initiator dieser Wochen, erkannte schon vor Jahren bei den dreitägigen Familien-Exerzitien die Bedürfnisse und Probleme der Familien. So entstand, in Zusammenarbeit mit in der Familienarbeit tätigen Mitarbeitern, dieser dreiwöchige Familienurlaub.

Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe mit vielen Kindern verbringt zusammen Ferien. St. Georgen am Längsee, Kärnten, und Hohenems in

Vorarlberg bieten hiezu ihre landschaftlich schöne Umgebung an. Uber die natürlich vorhandenen Gegensätze hinweg bildet sich schnell eine Gemeinschaft. Gemeinsame Probleme, Fragen und Diskussionen bilden die Basis dafür. Einige lernen wieder ihre oft im Alltag verdrängten Probleme zu artikulieren. Erfahrungen werden ausgetauscht und über Partnerschafts-

und Erziehungsprobleme diskutiert. Sich selbst auszusprechen und wieder zu lernen, dem Nächsten zuzuhören, verringert die eigenen Sorgen. Neue Anregungen werden gewonnen und der Mut gefaßt, das bisherige oft in festgefahrenen Geleisen sich bewegende Leben als Familienmitglied und Christ etwas zu verändern. Ihre Hilfe und Unterstützung zu all diesem bieten ein Familienseelsorger und ein pädagogischer Referent an.

Natürlich befaßt man sich nicht nur mit ernsten Fragen. Die für die jeweiligen Familienwochen verantwortliche Kursleiterfamilie sorgt für Freizeitgestaltung. Musikalische Abende, Tanzfeste, Ausflüge in die Umgebung

wechseln ab. Aber auch der Wunsch, allein zu sein oder nach langer Zeit mit seinem Partner auszugehen, wird ermöglicht. Ein Team von Betreuern (drei Mädchen, zwei Burschen) sorgen halbtags und auf Wunsch auch abends für Kinderbetreuung. Dadurch ergibt sich einer der größten Vorteile dieser Familienwochen. Die Kinder sind dem Alter entsprechend in Gruppen be-

treut und sinnvoll beschäftigt. Die Großen (12- bis 16jährigen) werden schon manchmal in Diskussionen miteinbezogen oder sprechen in der Gruppe über ihre Probleme. Die Kleinsten (eine Beschränkung nach unten im Alter gibt es nicht) lassen sich die liebevolle Betreuung der Kindergarten-Tante gerne gefallen. So haben hier die Eltern einmal Zeit und Muße, den Urlaub zu genießen und trotzdem noch vollauf zufriedene Kinder zu haben. Höhepunkt ist die tägliche von Eltern und Kindern mitgestaltete Eucharistiefeier.

Der Zukunftsforscher Dr. Johannes Millendorfer, der mit seiner Familie selbst aktiv an diesem Urlaubserlebnis teilnahm, sagte in einem Interview: „Diese Wochen sind der Zeit um Jahre voraus! Sie könnten ein Modell abgeben für den Bildungsurlaub, der immer stärker diskutiert wird. Das Bedürfnis der modernen Menschen, zusammenzurücken, wird berücksichtigt, ohne daß man sich anstrengen muß, den unbekannten Nachbarn anzunehmen. Im Erlebnis der Gemeinschaft Gleichaltriger wird in gewisser Weise die frühere Großfamilie wieder erfahren. Hier werden nicht nur materielle Dinge angeboten, sondern geistige Werte vermittelt. Deshalb halte ich diese Form für den Urlaub der Zukunft.“

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