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Digital In Arbeit

Faktor Mensch am Arbeitsplatz

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Die Annäherung Österreichs an die EG ist aus der Sicht der Vorarlberger Arbeiterkammer ein dringend notwendiger und zukunftsweisender Schritt. Ob unsere Wirtschaft am großen EG-Binnenmarkt erfolgreich bestehen kann, hängt von mehreren Faktoren ab; vor allem aber davon, auf welchem technischen und organisatorischen Standard sich unsere Industrieproduktion befindet.

Voraussetzung für diesbezüglich notwendige Innovationen ist neben anderen Faktoren ein großes Potential an gut ausgebildeten kreativen Arbeitnehmern. Nur mit qualifizierten Arbeitnehmern kann der effiziente Einsatz neuer Technologien gewährleistet werden. Das Fehlen qualifizierter Fachleute in bestimmten Betriebsbereichen schwächt ein Unternehmen deutlich und gefähr-, det Arbeitsplätze.

Deshalb hat die Vorarlberger Arbeiterkammer eine Bildungsoffensive auf breitester Ebene gefordert. Daß sie damit bei der

Vorarlberger Wirtschaft auf große Zustimmung gestoßen ist, erleichtert die Umsetzung der Vorhaben im Bildungsbereich. Die Arbeiterkammer hat es jedoch nicht bei Forderungen an Bund und Land bewenden lassen, sondern in Eigenregie einige beachtliche Akzente gesetzt.

So wurde von ihr die erste Abend-HTL für Elektronik gegründet. Diese als Privatschule der Arbeiterkammer geführte HTL für Elektronik kommt in erster Linie berufstätigen Interessenten zugute. Inhaltlich wird dem Schwerpunkt Steuerungsund Regeltechnik besonderes Augenmerk geschenkt, weil hier eine echte Bildungslücke besteht. Eine Woche nach Ankündigung der neuen HTL haben sich bereits 150 Interessenten für den ersten Jahrgang gemeldet. Dieser unerwartet große Ansturm belegt meiner Ansicht nach deutlich, daß die Bereitschaft der Arbeitnehmer zur Weiterbildung vorhanden ist.

Wie Erfahrungen in Baden-Württemberg zeigen, besteht von Seiten der Industrie ein großer Bedarf an Arbeitnehmern mit Qualifikation, die zwischen HTL und Universitätsniveau liegt. Aus diesem Grunde habe ich deshalb bei der Vorarlberger Landesregierung die Gründung einer eigenen Fachhochschule gefordert. Mit Erfolg, wie sich zeigt: Die geforderte Bildungseinrichtung wird in Form eines Bundestechnikums verwirklicht.

Diese Schule wird in enger Zusammenarbeit mit .der Baden-Württembergischen Steinbeis-Stiftung geführt. Ziel des Bundestechnikums ist eine über das HTL-Niveau hinausgehende Wissensvermittlung aus dem Bereich neuer Technologien. Dabei stellt die Vernetzung von Produktionssteuerungen und Arbeitsabläufen unter besonderer Berücksichtigung neuer Kommunikationstechniken einen der Schwerpunkte im Lehrprogramm dar.

Mit nächstem Jahr beginnt somit eine neue Ära in der berufsbezogenen Ausbildung in Österreich. Daß dies auf Initiative des Vorarlberger Arbeiterkammerpräsidenten zurückgeht, ist angesichts der Notwendigkeit neuer

Bildungsmöglichkeiten letztlich unwesentlich. Wichtig ist, daß die neuen Bildungseinrichtungen möglichst flexibel und praxisnahe geführt werden.

Eine Bildungspolitik, die an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei Absolventen produziert, können wir uns nicht länger leisten. Nur eine an die rasche wirtschaftliche und technische Entwicklung angepaßte Bildungspolitik kann die bestehenden Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.

Als Arbeiterkammerpräsident könnte ich mir durchaus vorstellen, daß berufsspezifische Ausbildungsteile direkt in Betrieben durchgeführt werden. Die Barriere zwischen der Schule und den Betrieben muß im Interesse aller abgebaut werden. Letztlich profitieren auch die Arbeitnehmer davon, wenn ihre Qualifikation auf jenem Stand ist, der von der Wirtschaft gefragt wird.

Eine umfassende Bildungspolitik bedeutet eben auch eine ständige Anpassung an die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die EG-Annäherung stellt für unser Land eine der größten Herausforderungen dar.

Ob wir von einem Beitritt profitieren beziehungsweise ob unsere Wirtschaft angesichts des enormen Konkurrenzdruckes am EG-Binnenmarkt bestehen kann, wird vielfach vom Einfallsreichtum und der Qualifikation der Arbeitnehmer abhängen.

Deshalb müssen wir so rasch als möglich neue Akzente in der beruflichen Aus- und Weiterbildung setzen und noch mehr in die Bildung der Arbeitnehmer investieren.

Der Autor ist Präsident der Vorarlberger Arbeiterkammer.

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