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FILM

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Probleme der Arbeitswelt

Es geschieht höchst selten, daß sich ein Film ernsthaft mit Problemen des arbeitenden’Menschen beschäftigt. Zu sehr prägen noch Traum-, Vergnügungs- oder Abenteuerwelt das Gesicht der meisten Filmproduktė.

Eine rühmliche Ausnahme ist ein deutscher Film mit dem so gar nicht kommerziellen Titel „Das Brot des Bäckers”. Hier geht es um echte Probleme einer Berufsgruppe, eben des Bäckereigewerbes, exemplifiziert an einem Mittelbetrieb in einer fränkischen Kleinstadt. Der Chef einer durch ihre Qualitätsware angesehenen Bäckerei weiß um die harte Konkurrenz durch Großlieferanten und Supermärkte und findet sich zu großzügigen Investitionen bereit, die ihm eine größere Kapazität mit vielfältigerem Warenangebot ermöglichen. Als er dieses Ziel mit beträchtlichem finanziellen Aufwand erreicht hat, bleibt er auf einem guten Teil seiner Ware sitzen. In seiner Verzweiflung begeht er einen Akt von Vandalismus im benachbarten Supermarkt. Die Solidarität seiner beiden Söhne und eines ehemaligen Lehrlings scheinen aber ihm und dem Betrieb über die ärgste Krise zu helfen.

Mit dokumentarischer Eindringlichkeit schüdert der Film die Arbeit in einem Bäckereibetrieb, ohne trocken oder langweilig zu werden. Er bezieht unaufdringlich den privaten Alltag eines Unternehmens ein, in dem die Angestellten zur Familie gehören. Vor allem macht er aber - ohne Polemik und Demagogie - auch alle sozialen und ökonomischen Probleme einsichtig, denen sich heute mittelständische Privatinitative im Gewerbe in schwerem Konkurrenzkampf gegen Großbetriebe, Ladenketten uhd Konzerne gegenübersieht. Der gebürtige Schweizer Erwin Keusch, selbst ein Bäckerssohn, hat hier bei seinem Spielfilmdebüt einen formal ausgereiften, in Kamerarbeit und Darstellung im besten Sinne professionellen Streifen geschaffen, den besten deutschen Film seit langem.

Polnische Filmkunst

Leider zu einem witterungsmäßig ungünstigen Sommertermin kommt ein erlesener polnischer Film zu uns: „Die See der Kuriositäten” von Jan Batory. Der Titel bezieht sich auf ein Stück Film im Film, im übrigen ist der Streifen ganz normal und gar nicht kurios, erzählt er doch sehr einfühlsam die Geschichte eines jungen Mädchens, das dem verstorbenen Vater tief verbunden war und’durch die Wiederverheiratung ihrer Mutter sowie erste Herzensbeziehungen in Konflikte gerät. Erstaunt registriert man, will man den Film als authentisches Zeugnis betrachten, wie autoritär und konservativ die Jugenderziehung im heutigen Polen sein muß, beglückt stellt man anderseits fest, mit welchem Maß an künstlerischer Diskretion und Poesie der Streifen in Szene gesetzt wurde.

Rossellinis Meisterwerk

Kurz nach dem Ende des Filmfestivals von Cannes, bei dem er als Präsident der Jury fungiert hatte, starb im Alter von 71 Jahren der berühmte italienische Filmregisseur Roberto Rossellini.

Dieser traurige Anlaß gibt uns Gelegenheit, sein berühmtestes Werk, „Rom - offene Stadt” wiederzusehen. Und man kann feststellen, daß sich dieser unmittelbar nach dem Kriegsende in Italien gedrehte Streifen über den Widerstandskampf der römischen Zivilbevölkerung gegen die deutsche Besatzungsmacht bis heute als Klassiker des Neoverismus gehalten hat. Er überzeugt nach wie vor durch seine humane Kraft, das ohne Polemik gezeichnete politische Zeitporträt sowie die stilsichere Gestaltung, in der Rossellini zwei berühmte Berufschauspieler wie Anna Magnani und Aldo Fabrizi zu homogenem Zusammenwirken mit Laien - Kindern wie Erwachsenen - führte.

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