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Frieden ist zu groß für Spott
38 Jahre nach dem Abwurf der ersten Atombombe bedeckt das Geschwür von rund 40 Kriegen und Bürgerkriegen die Erde: von Mittelamerika bis Tschad, von Nordirland bis Afghanistan, von Libanon bis Sri Lanka.
Man müßte meinen, daß jeder, der irgendwo auf diesem bluttriefenden Planeten irgend etwas tut, um Frieden zu stiften, dafür den Beifall von Millionen erntete.
Bruno Kreisky hat sich, als Einzelgänger wie im Rahmen der Sozialistischen Internationale, oft um Vermittlung bemüht. Zeit- und Methodenwahl wurden bisweilen kritisiert — sein Engagement als solches nie.
Seit ÖVP-Obmann Alois Mock Präsident der Internationalen Demokratischen Union ist, trachtet er nach Förderung unblutiger Problemlösungen für Mittelamerika. Das SPÖ-Organ „AZ“ gefiel sich darin, Mock zu verhöhnen, weil er in Washington jüngst nur von einem Vizeaußenminister, nicht aber von Vizepräsident Bush empfangen worden war.
Als tags darauf Bush dennoch Mock zu sich lud und dann sogar Wien als mögliche Begegnungsstätte für Reagan und Andröpow nannte, machte die „AZ“ zwar ein Kurzinterview dazu mit Außenminister Erwin Lanc, unterließ aber jeden Hinweis auf Mock.
Das ist mieser Stil. So mies ist Kreisky von Kritikern nie behandelt worden. So mies ist vor allem noch nie ein Friedensvermitt- lungsversuch behandelt worden.
Mieses Verhalten gegenüber Friedensdemonstranten bei totalitären Regimen ist man hingegen wohl gewohnt. Daß 15 Amerikaner und Westeuropäer, die einen „internationalen Friedensgang von Washington nach Moskau“ unternehmen, nach einer (jeder Werbewirkung beraubten) Wanderung durch die Tschechoslowakei an Polens Grenzen abgewiesen wurden, überraschte nicht. Sie fordern Abrüstung und Einhaltung der Menschenrechte ja von beiden Supermächten, nicht nur von den USA.
Wenn es zu keiner Einigung in letzter Minute in Genf mehr kommt, steht uns, so hören wir, ein heißer Herbst bevor, wenn die. ersten Pershing-II-Raketen in Westeuropa aufgestellt werden sollen. Die Vorgeplänkel sind auch in Österreich bei Vorbereitung der für 22. Oktober vorgesehenen Friedensdemonstration bereits zu spüren.
Zu hoffen bleibt, daß möglichst alle Friedensfreunde die Gabe kritischer Unterscheidung sich bewahren — wie jener Franz Jä- gerstätter sie besaß, der vor genau 40 Jahren in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ hingerichtet wurde. Jägerstätter lehnte nicht, wie vielfach behauptet, den Wehrdienst überhaupt, sondern nur jenen in der Hitler-Armee für Naziziele ab.
Kritische Friedenspolitik heute heißt, Kriegshetzer zu entlarven, wo immer sie stehen, und Friedensinitiativen zu fördern, wo immer es sie gibt.
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