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Fundgrube Matthaus

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Die Bibel begreift den Menschen als einen, der sich in der Welt befindet, nicht als isolierte Zelle, ohne Bezug zur Umwelt.

Wir alle beeinflussen unsere Umgebung, und diese wirkt auf uns zurück. Das wieder prägt die Stellung des einzelnen zu sich selbst — der Kreis schließt sich. Wir wirken und werden bewirkt, — wir entkommen einander nicht.

Ein Beruf, der sich dazu bekennt (oder es zumindest sollte),

auf die Umwelt Einfluß zu nehmen, ist der Journalismus. Ein Journalist beeinflußt seine Umgebung, und diese wirkt auf ihn zurück.

Ein Journalist sollte die Bergpredigt lesen!

„Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.“ (Mt 7,5)

Wer sieht schon gut mit einem Balken im Auge? Und gerade die Klarsichtigkeit sollte eine Tugend des Journalisten sein. Klar sehen kann nur, wer auch seine eigenen Fehler kennt, seine Schwächen im Umgang mit anderen. Er wird sei ne Meinung verantwortungsbewußt formulieren.

„Selig, die keine Gewalt anwenden;“ und „Selig, die Frieden stiften;“ (Mt.5,5; 5,9). Das hat nichts mit Schönfärberei zu tun. Man muß nicht entzweien, um Klarheit in einen Sachverhalt zu bringen.

„Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein;“ (Mt 5,37). Daß journalistische Formulierungen mitunter zweideutig sind, kann mehrere Ursachen haben: Der Autor hat sich über sein Thema nicht ausreichend informiert, er formuliert daher unpräzise; oder er fürchtet die rechtlichen Folgen einer allzudeutlichen Sprache und sichert sich durch eine unklare Formulie- rung ab.

„…; wer aber zu ihm sagt: Du gottloser Narr! soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“ (Mt 5,22) Kein Journalist spricht sie aus, aber zwischen den Zeilen stehen oft weit ärgere Schimpfworte. Keinem Journalisten kann man unterstellen, daß er jemandem Leid zufügen will, aber es wäre schlimmg genug, wäre ihm die Möglichkeit egal.

Jesu ewige Medizin bleibt die Liebe: Man kann einen Gegner kritisieren, um ihm seine Nichtswürdigkeit vor Augen zu führen und ihn vor der Umwelt unmöglich zu machen, oder man kritisiert ihn, weil man ihn ernst nimmt, und damit er nachzudenken beginnt.

„Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten?“ (Mt 5,46).

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