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Ganijpeitlich

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Es gibt zwischen den meisten Befreiungstheologen und der Glaubenskongregation weitgehende Ubereinstimmung, daß das „umfassende Heil des Menschen“ das Ziel „der befreienden Mission“ der Kirche ist.

Auch die Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung betont, daß die verschiedenen Dimensionen des Menschen nicht getrennt werden dürfen, daß die Kirche die Aufgabe und das Recht hat, auch im politischen und gesellschaftlichen Leben für das gesamtmenschliche Heil einzutreten.

,Jndem die Kirche ihre eigene Zielrichtung verfolgt, richtet sie das Licht des Evangeliums auf die irdischen Realitäten, damit die menschliche Person von ihrem Elend geheilt und in ihrer Würde gehoben werde...

Ebenso ist die Kirche ihrer Sendung treu, wenn sie die Irrwege, Sklavereien und Unterdrückungen anprangert, denen die Menschen zum Opfer fallen.

Sie ist ihrer Sendung treu, wenn sie sich den Versuchen widersetzt, eine Form des gesellschaftlichen Lebens zu errichten, in der Gott abwesend ist, sei es aus bewußter Gegnerschaft, sei es durch schuldhaftes Ubersehen.

Sie ist schließlich ihrer Sendung treu, wenn sie politische Bewegungen beurteilt, die gegen Elend und Unterdrückung mit Theorien und praktischen Methoden

kämpfen wollen, die dem Evangelium widersprechen und dem Menschen selbst entgegenstehen.“ (Nr. 65)

Wenn es nun weitgehende Ubereinstimmung gibt, daß die „ganzheitliche Befreiung“ (Nr. 63) das Ziel der Kirche ist, warum gibt es dann den für viele Ärgernis erregenden Streit zwischen der Glaubenskongregation und den Befreiungstheologien?

Kann man Reich Gottes und irdisches Wohlergehen überhaupt trennen? Kommt nicht auch dort das Reich Gottes, wo Hungrigen zu essen gegeben wird? Und sind nicht deswegen viele in Europa areligiös geworden, weil die Kirche zu sehr um das Heil der Seele und zu wenig um die materiellen Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben besorgt war? Ist nicht der Kampf um die Gerechtigkeit und um das Uberleben wichtiger als die Sorge um die Rechtgläubigkeit?

Solche Fragen sind berechtigt. So wichtig auch die Klärung von Grundsatzfragen ist, darf diese Auseinandersetzung nicht das Engagement der Kirche für die Armen und Unterdrückten lähmen und behindern. Denn das Nichtstun widerspricht nicht weniger dem Evangelium als befürchtete Häresien.

Elfter Teil einer Serie zur „Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung“ der römischen Glaubenskongregation.

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