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Ein Auflruch

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Die „Theologie der Befreiung“ gehört zu den theologischen Aufbrüchen in der heutigen Weltkirche. Sie entstand auf dem geistigen Hintergrund des Zweiten Vati-kanums angesichts der großen sozialen Probleme der Dritten Welt und will die kirchliche Praxis zur Lösung dieser Fragen beeinflussen.

Die Glaubenskongregation hat in zwei Schreiben zur Theologie der Befreiung Stellung genommen. Die erste Instruktion „über einige Aspekte der Theologie der Befreiung“ (1984) hat zu heftigen Reaktionen geführt und ist auf Widerstand gestoßen. Das zweite Dokument mit dem Titel .Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung“ hat weitgehend Zustimmung erfahren. Dieses soll in den nächsten Monaten in dieser Kolumne dargestellt gestellt und kommentiert werden.

Was hat die Glaubenskongregation überhaupt veranlaßt, zur Theologie der Befreiung Stellung zu beziehen? In der Einleitung der Instruktion werden zwei Gründe genannt.

Erstens: Das Suchen nach Freiheit und die Sehnsucht nach Befreiung gehören zu den herausragenden Zeichen der Zeit. Die Glaubenskongregation anerkennt diese Tatsache und bejaht auch die Forderung des Zweiten Vati-kanums, daß die Christen auf die Zeichen der Zeit achten und sich mit ihnen auseinanderzusetzer} haben. „Die Kirche Christi macht sich diese Sehnsucht (nach Freiheit und Befreiung) zu eigen, wobei sie jedoch stets ihr Urteilsvermögen im Licht des Evangeliums anwendet, das aus sich selbst bereits eine Botschaft der Freiheit und der Befreiung ist“ (Nr. 1).

Zweitens: Freiheit und Befreiung werden aber nach Meinung der Glaubenskongregation oft mißverstanden: .JDiese Sehnsucht drückt sich bisweilen in Theorie und Praxis in Formen aus, die nicht immer mit der Wahrheit des Menschen übereinstimmen, wie diese sich im Lichte seiner Schöpfung und Erlösung zeigt“ (Nr. 1). Darum ist es Ziel dieser Instruktion, sich auch kritisch mit diesen Anliegen auseinanderzusetzen.

Kritik soll aber nicht als Geringachtung der Anliegen der Befreiungstheologie mißverstanden werden. So heißt es schon im ersten so umstrittenen Dokument zur Befreiungstheologie: .Mehr denn je ist es erforderlich, daß die zahlreichen Christen, die in ihrem Glauben erleuchtet und dazu entschlossen sind, ein christliches Leben ohne Abstriche zu führen, sich aus Liebe zu ihren enterbten, unterdrückten und verfolgten Brüdern im Kampf für Gerechtigkeit, Freiheit und Menschenwürde einsetzen“ (Vorwort).

Erster Teil einer Serie „Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung“ der römischen Glaubenskongregation.

hat sie sehr schnell aufgenommen und in seinem Sinne interpretiert. Von diesem Augenblick an hatten beide Religionen großen Einfluß auf die Menschen, auf die geistigen und sozialen Strukturen.

In einem Interview mit dem früheren senegalesischen Präsidenten Leopold Senghor sagte der tunesische Schriftsteller Mohamed Aziz: „Ein besonders interessantes Spezifikum des Senegal liegt darin, daß die Ökumene kein leeres Wort oder ein frommer Wunsch ist. Mir schien, daß die Ökumene eine Realität ist, in der die senegalesische Gesellschaft lebt; und ich kenne Familien, deren Mitglieder zum Teil Moslems und zum anderen Teil Christen sind, die in großer Harmonie und perfekter Toleranz zusammenleben... “

Dies ist ganz richtig, denn ungeachtet dessen, daß in Schwarzafrika die Moslems das Christentum als eine koloniale Strömung, das heißt, als ein Instrument der Entfremdung, empfanden, hat der Senegalese die Religion seiner Kultur angepaßt, und er hat sich immer vor religiösem Fanatismus gehütet. Im Senegal lebt der Geist des Islam in gutem Einverständnis mit dem Geist des Christentums.

Das senegalesische Volk, das in seiner Mehrheit aus Moslems besteht, unterstützte mehr als ein Vierteljahrhundert den christlichen Staatspräsidenten Senghor. Der Erzbischof von Dakar, Kardinal Hyacinthe Thiandoum, das Oberhaupt der senegalesischen Kirche, hat unter seinen Angehörigen Moslems, einer von ihnen gehört zu ihren religiösen Oberhäuptern. Der heutige Präsident, Abdou Diouf, ist Moslem, aber seine Frau ist Christin. Diese Liste könnte beliebig fortgesetzt werden.

Die Symbiose von Jesus Christus und Mohammed tritt in vielen alltäglichen Handlungen zutage. An den hohen christlichen Feiertagen kommen die Moslems in die Häuser der Christen, um ihre Glückwünsche auszusprechen. Umgekehrt kommen die Christen in die Häuser der Moslems, um sie zu ihren großen religiösen Festen zu beglückwünschen. Und natürlich versammeln sich alle in der Kirche oder in der Moschee, wenn es eine Taufe oder eine Hochzeit zu feiern gibt.

Ungeachtet ihrer geringen Zahl ist die senegalesische christliche Gemeinde die älteste Kirche im

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