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Geistiges Potential für Kirche und Gesellschaft

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Die große Symposionreihe „Wovon morgen leben?“, deren erster Teil am 17. und 18. November stattgefunden hat, will als Zeichen eines neuen Aufbruches im Katholischen Akademikerverband gewertet werden. Der erste Teil befaßt sich mit der Wirtschaft, der Rolle des Geldes und der Evolution des Menschen. Im kommenden Frühjahr werden Kultur und Bildungsgeschehen beleuchtet, im Herbst 1979 soll dieser Themenkreis mit einer Auseinandersetzung über Religion seinen Abschluß finden. Die Ergebnisse werden publiziert.

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Die große Symposionreihe „Wovon morgen leben?“, deren erster Teil am 17. und 18. November stattgefunden hat, will als Zeichen eines neuen Aufbruches im Katholischen Akademikerverband gewertet werden. Der erste Teil befaßt sich mit der Wirtschaft, der Rolle des Geldes und der Evolution des Menschen. Im kommenden Frühjahr werden Kultur und Bildungsgeschehen beleuchtet, im Herbst 1979 soll dieser Themenkreis mit einer Auseinandersetzung über Religion seinen Abschluß finden. Die Ergebnisse werden publiziert.

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Der Katholische Akademikerverband hatte nach dem plötzlichen Tod Msgr. Otto Mauers, seines spirituellen Beraters, Jahre des Sammeins gebraucht, um neue Wege für eine geistig, sozial und kirchlich völlig gewandelte Situation zu finden. Was vielen allmählich klar geworden war, sprach kürzlich einer aus: „Es ist einfach schamvoll, wenn man bedenkt, wie schwach das Fundament ist, auf dem wir stehen. Alles ist in Bewegung, die Wissenschaft, soziale Strukturen, ja sogar das Selbstverständnis des Menschen. Fragen brechen auf, haben wir eine Antwort?“

Ein zentraler Ort, des Treffens ist der Katholische Akademikerverband in Wien. Hier werden Beziehungen geknüpft, kleine Kreise von Interessenten gebildet, nicht bloß graduierter Akademiker; auch Lehrer, Künstler, B-Beamte, Maturanten-, kurz Menschen, die sich der drängenden Probleme unserer Zeit bewußt sind, werden zur Mitarbeit eingeladen. Intellektuelle aller Schichten sollen angesprochen werden, um durch ihre religiöse und ethische Aktivierung die heute so notwendige Funktion der Stellvertretung zu übernehmen. Gerade diese Menschen, die durch ihre Bildung und soziale Position die Voraussetzung mitbringen, die Bedürfnisse der Menschen, die in ihrem

Umkreis wohnen und arbeiten, zu artikulieren, ihre Sorgen zu den ihren machen und sich für sie einsetzen. Sie bilden Aktionsgruppen für anstehende Probleme wie etwa über die Strafrechtsreform oder die Schulgesetzgebung.

Erst kürzlich wurde hier von einem Team eine Arbeit über „Pornographie und Brutalität“ publiziert. Darin wird erhöhter Schutz für die Jugend gefordert, bei gleichzeitiger Großzügigkeit gegenüber den Erwachsenen, so weit diese nicht einer Belästigung ausgesetzt werden. Ein Arbeitskreis, der sich mit Brutalität befaßt, wird noch weiter geführt, um einen Vorschlag auszuarbeiten, in wie weit bildliche und schriftliche Darstellungen der Brutalität gesetzlich bewältigt werden können.

Die Ergebnisse des letzten Symposions „Bildung und Erziehung“ mit Bischof Johann Weber (Graz) dienen als Grundlage für die gleichnamige Kommission, die ihre Beratungen beim Sekretariat der österreichischen Bischofskonferenz aufgenommen hat. Sie befaßt sich mit der Situation und Mentalität der Jugend, vor allem werden die Probleme der Erziehung im Vorschulalter, des Religionsunterrichts, der Ganztags- und Tagesheimschulen, sowie der Er-

wachsenenbildung konkret bearbeitet.

Von großer Bedeutung ist der Medienarbeitskreis, der das Interesse für das Medienapostolat wecken will. Deswegen beteiligt sich dieser Arbeitskreis an den Arbeiten des „Club M: Christen machen Medien“, um eine einheitliche Medienpolitik zu unterstützen.

In den vergangenen Monaten konnte die Ärztegemeinschaft, eine der größten akademischen Berufsgruppen, von Primarius Dr. Wolfgang Müller-Hartburg wieder neu aktiviert werden. Ihre Zeitschrift „Arzt und Christ“, die von Dozent Gottfried Roth redigiert wird, steht im gesamten deutschen Sprachraum als wissenschaftliche Publikation einzigartig da. Du/ch den Verlagswechsel zum Oberösterreichischen Landesverlag dürfte nun eine größere Verbreitung garantiert sein.

Alle diese Gruppen sind ein geistiges Potential für Kirche und Gesellschaft. Neben ihren Aktivitäten sind Großveranstaltungen auf dem Boden der Universität, wie im vergangenen Semester der Vortrag von Edward Schillebeeckx, notwendig, um geistig Interessierte mit religiösen Problemen in Kontakt zu bringen. Sie richten sich hauptsächlich an Suchende, in der Hoffnung, daß diese dann den Weg zu anderen, kleineren Veranstaltungen und auch zu der Arbeit des Verbandes selbst finden mögen.

Eine große Sorge des Verbandes gilt den ländlichen Gebieten der Wiener Erzdiözese. Was geschieht mit den Dörfern, in denen die Kirche aus dem Ortsbild verschwindet, Pfarrer, Arzt und Gendarm zu Pendlern werden, die alten Bauernhäuser zu Hülsen für die Wochenendstädter? Gemeindebildung wird dort immer schwieriger.

Zwischen den einzelnen Intellektuellen, den Teams, den Landvikaria-ten und dem Zentrum Wien wirkt Prälat Karl Strobl als Akademikerseelsorger der Erzdiözese Wien und Katalysator für neue Ideen, Beziehungen und Aufgaben. Neben ihm betont Ministerialrat Christoph Mayerhofen Vorsitzender des Katholischen Akademikerverbandes der Erzdiözese: „Wir wollen ein Gefäßsystem aufbauen und hoffen, daß es wächst, einen Organismus aus' horchenden, sprechenden, handelnden, verantwortungsbewußten Menschen.“ Erst dann werden all diese Arbeitsgruppen und Expertenteams Frucht bringen, wenn sich in ihnen tatsächlich Kirche ereignet, wenn sie durch ihre Arbeit zu lebenden Gemeinschaften werden.

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