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Glauben lernen
Höllenpredigten ausgemalt wurden. Noch mehr gilt das für unkritische Übernahme von „Privatoffenbarungen“, die immer einer sachgemäßen Interpretation bedürfen.
Eine Ablehnung der biblischen Hoffnungsbotschaft ist vor dem Tod niemals als endgültig anzusehen. Gott beruft nicht jeden in
Eine Frage, die viele unserer älteren Zeitgenossen plagt, ist die, wie man der Jugend heutzutage die Geborgenheit in Gott beibrin- gen kann.
Wie lehrt man seine Kinder das Glauben — ohne Moral zu predigen oder sie zu langweilen?
Die Antwort des Judentums stammt aus der Bibel: Keine Theorien, noch Ideologien kommen da zu Wort, sondern im Nacherzählen einfacher Glaubenserlebnisse wird der Hunger nach dem Worte Gottes geweckt.
Denn das erzählende Wort ist im gläubigen Judentum mehr als bloßes Reden. Es erweckt das, was einst geschehen ist, zu neuem Leben und führt es in die künftigen Geschlechter hinüber. Ja, das echte Erzählen ist selbst ein Geschehen, das die Weihe einer heiligen Handlung auszustrahlen vermag.
Einst ersuchte man einen alten Rabbi, dessen Großvater ein Jünger des berühmten Baal Schern Tov gewesen war, eine Geschichte zu erzählen.
„Eine Geschichte soll man so er-
gleicher Weise und zur selben Stunde zum Glauben (vgl. Mt 20, 1-16). Im Vertrauen auf die göttliche Güte und Macht darf der Christ auch für die Ungläubigen auf Heil hoffen. Er muß ihnen besonders mit Geduld, Toleranz und Liebe begegnen.
Der Autor ist Vorstand des Instituts für Neu- testamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Wien.
zählen“, sagte er, „daß sie selber Hilfe ist.“ Und so begann er: „Mein Großvater war seit vielen Jahren gelähmt. Einmal bat man ihn, eine Geschichte von seinem vielgerühmten Lehrer zu erzählen. Da erzählte er, wie der heilige Baal Schern Tov beim Beten vor lauter Gottesfreude zu hüpfen und zu tanzen pflegte, bis daß die Engel im Himmel mitsangen und alle in der Synagoge nicht mehr stillhalten konnten, sondern um ihn herum im Kreis das Tanzbein schwangen. Als gäbe es kein Leid und keinen Tod mehr auf Erden — nur Freude, Jubel, Dank und Lobgesang.
Mein Großvater stand da und erzählte, und die Erzählung riß ihn so ganz und gar hin, daß er hüpfend und tanzend zeigen mußte, wie der große Meister es einst getan hatte, als er noch jung war.
Von der Stunde an war er geheilt.“
So sollte man Geschichten erzählen, die unwiderstehliche Lust zum Glauben machen.
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