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Großstadt-Seelsorge der achtziger Jahre

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Nun nimmt die “Kirche energisch den Kampf um die Großstadt Wien auf und stellt die Weichen für das nächste Jahrzehnt. Wie Pfarrer Gustav Gran- ditsch, einer der Initiatoren der anlaufenden Aktion „Symposion Großstadt - Christsein in Wien” des Vikariates Wien-Stadt, gegenüber der FURCHE erklärte, verstehe sich die Kirche bei ihrem verstärkten Einsatz in der Bundeshauptstadt durchaus als „ecclesia militans”. Ihre Bemühungen müßten aber in erster Linie als Kampf um etwas, nämlich die Erhaltung menschlicher Grundwerte, weniger als Kampf gegen etwas gesehen werden.

Bischofsvikar Pater Josef Zeininger erhofft sich von der Aktion zunächst eine genauere Kenntnis des pastoralen Bodens und in der Folge davon die Chance, sich auf besondere Schwerpunkte zu konzentrieren. Es sind drei Phasen vorgesehen. In der ersten und umfangreichsten wird eine Umfrage unter den Pfarrgemeinderäten und Sillen, die sich in der Wiener Kirche besonders engagieren, durchgeführt, ergänzt durch entsprechende Bildungsveranstaltungen, besonders im Bildungshaus Neuwaldegg. Im Anschluß daran sollen Experten (Pastoraltheo- logen, Soziologen, Psychologen, Historiker und Futurologen) die Zwischenergebnisse diskutieren, ehe schließlich das Vikariat Wien-Stadt die Resultate dieses Symposions in konkrete pastorale Initiativen für die achtziger Jahre umsetzt.

Vordringliches Ziel der Aktion, die- erklärt Pfarrer Granditsch – eine „Bürgerinitiative im Volk Gottes” sein will, daher besonders an der Mitwirkung der Christen an der Basis interessiert ist, ist das Zusammenfinden der engagierten Christen einerseits und der noch Fernstehenden anderseits zu einem Gespräch. Wenn Kommunikation zustande kommt, ist bereits viel gewonnen. Idealvorstellung wäre eine weitgehende Affinität zwischen Kirche und Volk von Wien.

Granditsch ist sich bewußt, daß die Kirche nicht alle Antworten und die damit verbundenen Wünsche wird akzeptieren können, aber zumindest sollten die dem Volk am Herzen liegenden Themen spürbar werden. Daß in Wien - je nach Pfarre verschieden - nur zwischen fünf und 15 Prozent der getauften Katholiken die Messe besuchen, müßte zu verbessern sein. Erfahrungsgemäß engagieren sich von dieser Zahl wieder nur wenige im Pfarrbereich. Von den 1100 Meßbesuchern der Pfarre St. Leopold, die Granditsch betreut, sind nur 50 ständig im Pfarrleben aktiv, weitere 250 immerhin sporadisch.

Zweifellos sind gerade in der Großstadtseelsorge schon vor Jahrzehnten Fehler gemacht worden. Mammutpfarren haben sich negativ ausgewirkt, 17 Prozent der Wiener Bevölkerung sind seelisch gestört, was auch auf Versäumnisse der Seelsorge hindeutet. Aber jetzt soll ein neuer Anfang gemacht werden, der gute Erfolge verspricht. Warum auch nicht? Die ersten großen Christengemeinden entstanden bekanntlich in Großstädten.

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