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In der Kraft Gottes

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Am 20. November wurden im Wiener Stephansdom die neuen Weihbischöfe zu Bischöfen geweiht. In ihren Ansprachen erklärten sie:

Dr. Helmut Krätzl:

Einem zaghaften Bischof Timotheus haben die Worte der Lesung gegolten. Er wurde erinnert, daß Gott ihm sicher nicht einen Geist der Furcht geben wollte, sondern den Geist der Kraft der Liebe und der Besonnenheit. Gerade diesen Geist erwarten heute viele Menschen vom Bischof: den Geist der Kraft, damit er ihnen Stütze sei in ihrer Angst; den Geist der Liebe, weil sie anderswo soviel Macht, Terror und Lieblosigkeit erfahren; den Geist der Besonnenheit in einer Zeit, da das Wort flüchtig geworden ist, in einer Zeit, da innere Treue nicht selten bequemer Anpassung oder geschickter Taktik geopfert wird. Die Menschen erwarten viel von einem Bischof.

Wer allein auf sich vertraut, auf sein eigenes Wissen und Können, muß solche Erwartungen allemal enttäuschen. Was hier erwartet wird, kann nur geben, wer aus der Kraft Gottes heraus wirkt. Und so will ich das Wort aus dem 2. Timotheusbrief als Motto über mein künftiges Wirken setzen: „In der Kraft Gottes.“ Alles, was ich bin und was mir vielleicht in meinem Priesterleben schon gelungen ist, war die Kraft Gottes. Ich weiß, daß auch mein künftiges Wirken nur dann fruchtbar sein wird, wenn ich die Kraft Gottes in mir wirksam werden lasse.

Klingt das nicht nach Flucht aus der eigenen Verantwortung, die ich heute übernehmen soll? Was bringst du selbst mit für dein neues Amt, könnte einer fragen? Wenn ich mich recht beurteilen kann, dann bringe ich mit eine große Liebe zur Kirche insgesamt und zur Kirche hier in Wien, und zwar von meiner frühesten Kindheit an. Ich bringe mit einen frohen Mut und einen nicht leicht besiegbaren Optimismus, daß es mehr Gutes gibt als andere gelten lassen wollen. Ich habe das Vertrauen, daß mit Gottes Hilfe das Gute schließlich siegen wird.

Florian Kuntner:

Im 2. Korintherbrief schildert Paulus die Last wie den Glanz, die Armut wie den Reichtum des apostolischen Amtes. Was den Apostel drängt, ist die Liebe dessen, der für uns alle gestorben ist, um uns mit Gott zu versöhnen. Aber Versöhnung erreicht, den einzelnen Menschen nur durch Menschen, die- wie Christus - nicht mehr für sich leben, sondern für andere. Aus dem 11. Kapitel dieses Briefes habe ich mir das Motto „Sorge um die Gemeinden“ gewählt, weil ich dieser Sorge auch in Zukunft meine Kraft und Zeit schenken will.

„Sorge für die Gemeinden“ - das bedeutet Mitsorgen mit dem Diöze- sanbischof, daß in unseren Gemeinden und Gemeinschaften Sinn des Lebens erfahren und Freude erlebt wird durch Glauben, Hoffnung und Liebe; daß die Versöhnung, die Paulus meint, erlebt wird in den Familien, in der beruflichen Arbeit, in der Begegnung von Menschen verschiedener politischer Anschauung, verschiedener sozialer Gruppen, verschiedener Lager innerhalb der christlichen Konfessionen; daß diese Gemeinden darüber hinaus offen sind für die Weltkirche und geistig und materiell Antwort zu geben versuchen auf dieNot in der Welt, von der sie immer mehr betroffen sein müssen.

Miteingeschlossen in diese Sorge ist auch das Bemühen, Menschen zu finden, die sich für die Ämter und Dienste zur Verfügung stellen, die eine Gemeinde braucht: Priester, Diakone, Kommunionhelfer, engagierte Pfarrgemeinderäte.

Diese Sorge birgt gerade in der heutigen Zeit viel Schweres in sich, das leidvoll erfahren wird. Unser Leben ist geschenktes Sein. Dankbar bekennen wir, daß alles, was wir sind und haben, unsere Fähigkeiten und unsere Berufung, unsere Aufgaben, aus Gottes Hand kommt.

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