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In Zukunft: lauter Schwejks?

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Die SPÖ hat mit dem Wehrgesetz erstmals zu spüren bekommen, was es heißt, zu regieiien, was es heißt, wirklich Verantwortung zu tragen. Den Erdolschock konnte man auf die Araber schieben, die Inflation ebenfalls -— sie aber zumindest als nicht „hausgemacht“ deklarieren. Bei den Benzinpreis- und Steuererhöhüttgen konnte man den Bürger auf das Ziel besserer Straßen vertrösten. Die Landesverteidigung ist und bleibt jedoch eine unpopuläre Last jeder Begierungi Das hat auch die ÖVP erkennen müssen. Will man sich als staatstragende Partei verstehen, muß man den Mut zu Unpopulärem haben.

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Die SPÖ hat mit dem Wehrgesetz erstmals zu spüren bekommen, was es heißt, zu regieiien, was es heißt, wirklich Verantwortung zu tragen. Den Erdolschock konnte man auf die Araber schieben, die Inflation ebenfalls -— sie aber zumindest als nicht „hausgemacht“ deklarieren. Bei den Benzinpreis- und Steuererhöhüttgen konnte man den Bürger auf das Ziel besserer Straßen vertrösten. Die Landesverteidigung ist und bleibt jedoch eine unpopuläre Last jeder Begierungi Das hat auch die ÖVP erkennen müssen. Will man sich als staatstragende Partei verstehen, muß man den Mut zu Unpopulärem haben.

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Bruno Kreisky hat, wie schon so oft in solchen Situationen, das richtige G'spür gehabt. Sein Kraftakt gegen die vermeintlichen Jusos in der Partei zeigt, daß dem Kanzler die Rolle des Staatsmannes bereits zu lieb geworden ist, als sie durch seine Jungrevoluzzer gefährden zu lassen. 1970 war es noch einfach, Populäres auf dem Sektor Landesverteidigung zu verkünden. Der Slogan: „Sechs Monate sind genug“, war zweifelsohne ein Politsehlager. Doch dann wurde man leichtfertig. Allen Warnungen zum Trotz wollte man die Realität nicht sehen. Und einfacher wäre es wohl gewesen, bereits damals Sicherheiitsnetze in den Gesetzestext einzuziehen. Sicherheitsnetze für den Fall, daß das Prinzip der Freiwilligkeit nicht den gewünschten Erfolg bringt

Der Mißerfolg ist nun eingetreten. Und wieder will man ihn nicht recht sehen. Dabei steht die Mitschuld des Verteidigungsministers und seiner verantwortlichen Generäle außer Zweifel. Wer von den Herren hat sich seit 1971 um Freiwillige unter den Reservisten gekümmert? Wer 'hat um sie geworben, wer hat daran gedacht, ihnen Vorteile anzubieten?

Das ganze Bundesheer war auf das Ziel hin fixiert, so rasch wie möglich die Bereitschaftstruppe aufzubauen. Sie besaß von allem Anfang an einen Kristallisationspunkt im späteren Armeekomimandanten, sie erhielt die Werbemittel und Werbemillionen. Oder gab es vielleicht ein Plakat für Freiwillige bei der Landwehr? Man warb noch um Soldaten für die Be-reiitechaftstruppe, als nicht einmal mehr Dienstposten frei waren und ein Aufnahmestopp verfügt werden mußte!

An flankierenden Maßnahmen, wie sie nun die beiden Oppositionsparteien fordern, hat man im Bun-

desheer anscheinend nicht gedacht. Dabei ist die Vorstellung des FPÖ-Wehrexperten Zeillinger, dem Offizier oder Unteroffizier, der sich um die Werbung dieser Freiwilligen unter den Reservisten verdient macht, einen besseren Aufstieg zu ermöglichen, nicht von der Hand zu weisen.

Wie schlägt sich nun das teilweise Scheitern der Vorstellungen des Verteidigungsministers in Zahlen nieder?

1970 standen nach Unterlagen, die die ÖVP letztes Jahr veröffentlicht hat, 40.000 Reservisten mit einer Kaderfunktion, also einer Schulung zum Kommandanten, zur Verfügung. Dazu kamen 110.000 beorderte, das heißt: eingekleidete und durch Wiederholungsübungen geschulte Reservisten. Zusammen mit den Berufssoldaten und Längerdienenden im aktiven Heer ergab das eine annähernde Stärke von 150.000 Mann.

Davon ist man jetzt wieder meilenweit entfernt 1977 wird man nach den gleichen Angaben nur noch 14.000 Reservisten mit Kaderausbildung und knapp 40.000 Reservisten am Anfang ihrer 60-Tage-Wiederho-lungsübungen haben. Vom gewünschten Etappenziel, dem 150.000-Mann-Reserveheer, ist man meilenweit entfernt!

Es wird bis Mitte der achtziger Jahre dauern, bis man dort angelangt ist, wo man bereits 1970 war.

Das ist ein harter Preis für die Idee von mehr Wehrgerechtigkeit Sie stand am Anfang der SPÖ-Re-f orm. Jetzt kommen wieder die Idealisten an die Reihe und sollen „Feuerwehr“ spielen. Nur könnte das zusammen mit der geplanten Zwangsverpflichtung dazu führen, daß sich künftig alle Grundwehrdiener nur noch den Soddaten Schwejk zum Vorbild nehmen.

Wird der ^Kompanietrottel“ nicht die Ausnahme, sondern die Regel?

Ronald Reagan gegen Jimmy Carter. Der Filmschauspieler gegen den Gesundbeter. Noch ist dieses absurde Spektakel nicht fix programmiert, aber zumindest als Möglichkeit zeichnet es sich doch immer deutlicher ab. Kommt es dazu, hat die amerikanische Wirklichkeit die frechsten Parodien übertroffen.

Aber auch, wenn es nicht soweit kommt, sollte man das, was der Kampf um die Präsidentschaftskandidaturen bisher schon geboten hat, auf gar keinen Fall leichtnehmen.

Jimmy Carter bietet nur Phrasen. Er spricht von Liebe und Güte und läßt seine Zuhörer beten, statt ihnen zu sagen, zu welcher Wirtschaftspolitik er sich bekennt, welche Rolle seiner Meinung Amerika in der Welt spielen soll und wie seine Ostpolitik aussehen würde. Ronald Reagan wiederum, der direkt vom Filmstudio zum Job des Gouverneurs von Kalifornien überwechselte, ist ein gelernter Wildwestdarsteller und hat ein Leben lang vor allem studiert, wie man sein Publikum nimmt. Diesem seinem Publikum gegenüber profiliert er sich als Ordnungsfanatiker. Da auch bei ihm mindestens die Hälfte seines Erfolges auf Perfektion im Showbusineß zurückgeht, steht ein demokratischer Kandidat, der gar nichts Genaueres sagt, gegen einen republikanischen Kandidatur fighter, der höchstens zur Hälfte ist, was er spielt. Bei Ronald Reagan ist die Vermutung nicht abwegig, daß der Cowboydarsteller dabei seine bessere Hälfte ist.

Wahrscheinlich wird trotzdem Ford für die Republikaner kandidieren. Aber das Showbusiness als Ersatz für Politik hat sich schon jetzt etabliert. Weil die Amerikaner das Showbusineß so lieben. Oder weil ihre Politik so gründlich auf den Hund gekommen ist.

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