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Karibik-Hilfsplan hängt im US-Senat

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Der Mini-Marshallplan für die Karibik, den Präsident Ronald Reagan, begleitet von starkem Beifall, vor der Organisation amerikanischer Staaten im Februar angekündigt hat, ist in den' US-Kongreßausschüssen verheddert. Nicht zuletzt deshalb, weil die „Caribbean Basin Initiative" (CBI) von Reagan-Kritikern als zusätzliche versteckte Schützenhilfe für El Salvador abgelehnt wird.

Tatsächlich würde die CBI, selbst bei rascher Annahme durch den Kongreß, kaum dramatische Änderungen im karibisch-mittel-amerikanischen Raum bewirken.

Dies zeigt ein Eingehen auf die drei Hauptteile des Planes — Freihandel, steuerbegünstigte Privatinvestitionen, Finanzhilfe.

Reagans Angebot, eine Freihandelszone mit den Vereinigten Staaten, auf zwölf Jahre befristet, zu errichten, klingt bestechender als es ist. Viele karibische Produkte genießen schon jetzt zollfreien Eintritt in die USA, und zwei Basisprodukte, Zucker und Textilien, bleiben ausgenommen, sodaß unterm Strich lediglich fünf Prozent der heutigen Exporte in die USA begünstigt wären.

Produktmäßig ginge es dabei um Fleisch und Fleischwaren, Elektronik, Tabak und Zigarren, Medikamente und Chemieerzeugnisse, Lederartikel, Gepäckssortiments, Fußbekleidung, Ananas, Eisen und Stahlröhren. Eine Studie des US-Analytikers Richard E. Feinberg rechnet vor, daß diese Begünstigung nur einen zusätzlichen Absatz von 0,2 Prozent des karibischen Gesamtvolumens bringen würde — nach dem Stand von 1980 lediglich 23 Millionen Dollar.

CBI-Kritiker weisen darauf hin, daß höhere Quoten für Zuk-ker und Textilien öder gar die Senkung der horrenden Zinsen

für den karibischen Schuldenberg über Nacht mehr Hilfe bringen würde als das halbherzige, aber gut klingende Angebot der Zollfreizone (das im übrigen vor allem den US-Industrietöchtern in der Karibik zugute käme).

Die steuerbegünstigten Privatinvestitionen sehen nach der CBI für neue Anlagen in der Karibik für fünf Jahre eine Kreditbegünstigung in der Höhe von zehn Prozent der Gesamtsumme vor. Das US-Schatzamt schätzt, daß dafür im ersten Jahr der CBI 40 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt werden müßten.

In den USA schafft im Schnitt jeder Dollar Steuerbegünstigung 76 Cents Neuinvestitionen, also

30 Millionen Dollar für das erste CBI-Jahr in der Karibik, soferne das Verhältnis wegen der von Guerilla, Bürgerkrieg und Sozialismus verschreckten US-Investoren nicht weit ungünstiger ist.

Auf keinen Fall kann dieser An-, reiz die Kapitalflucht aus dem karibischen Becken nach Miami aufwiegen. 1979 und 1980 kamen -so die US-Entwicklungsbehörde AID — zumindest 500 Millionen Dollar an Fluchtgeldern nach Florida.

Auch die 350 Millionen Dollar Soforthilfe — so groß der Betrag scheinen mag — schrumpfen zu einer Bagatelle, wenn man sie dem Kapitalbedarf der weitgehend bankrotten Region gegenüber-

stellt: Allein die Deckung der Zahlungsbüanzdefizite (Kuba, das wie Nikaragua und Grenada nicht in den Genuß der CBI käme, natürlich ausgenommen erfordern 1982 an die vier Milliarden Dollar!

Zudem sind 100 Millionen der Soforthilfe ausschließlich für El Salvador vorgesehen, der Rest soll hauptsächlich den US-freundlichen Staaten Jamaica, Dominikanische Republik, Honduras und Costa Rica zukommen.

Obwohl die Analyse-des Karibik-Planes zeigt, daß damit eine Generalsanierung der von wirtschaftlichen, sozialen und ideologischen Problemen heimgesuchten Region nicht möglich ist, meinen die Karibikanrainer, daß auch diese Spärliche und späte Hilfe Entlastung bringen könnte.

Die Verzögerung des Hilfsprogramms, dessen Ziel die Befriedung der rastlosen Region durch die Stützung der US-freundlichen Regimes ist, bringt die Reagan-Regierung in Verlegenheit. Diejenigen, die eine militärische Intervention zur „Sicherung der US-Interessen" in diesem Raum (direkte Intervention in El Salvador, mittelbare via Unterstützung Honduras in Nikaragua) wünschen, finden jetzt besser Gehör.

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