7053266-1991_09_02.jpg
Digital In Arbeit

Kein Jubelgeschrei

Werbung
Werbung
Werbung

Der Erfolg wird, das lehrt Erfahrung, auch das moralische Urteil über die Endphase des Golfkrieges weithin bestimmen. Aber die Leichtigkeit, mit der manchen Kommentatoren schon am Sonntag der Jubel von den Fingern ging, kann doch nicht völlig unwidersprochen bleiben.

Gewiß lieferte Saddam Hussein bis zuletzt jenen Material, die seine totale Entmachtung immer schon angestrebt hatten. Der Ölbrand und das Massaker an Zivilisten in Kuweit hat den Wüstendespoten noch einmal als Menschen-und Umweltverächter ausgewiesen, mit dem man offenbar nicht wirklich verhandeln konnte.

Auch stimmt die gern zitierte Sentenz, noch nie habe ein Krieg die Probleme gelöst, um deretwillen er geführt wurde, in dieser Form nicht. Weltkrieg II tat genau dies. Hitler war nicht, wie das knieschwach gewordene Regime der DDR in deren Sterbestunde, mit gewaltfreien Demonstrationen zu stoppen, und Saddam Hussein offenbar auch nicht.

■Trotzdem mutete die brüske Zurückweisung des sowjetischen Vermittlungsversuches vom letzten Wochenende auch zynisch an. Vor Tagen noch hatte es in Washington geheißen, ein Zeichen der Abzugswilligkeit genüge. Jetzt war auch ein ministerielles Angebot nicht mehr genug.

Fragwürdig und vom UN-Mandat sicher nicht gedacht ist auch die hierauf angestrebte Totalkapitulation des Irak. Wird man morgen schon wieder bereuen, daß man heute das Mullah-Regime von Iran und den noch gestern als Weltterroristen verteufelten Präsidenten Assad von Syrien wieder stärkt?

Man darf doch nicht vergessen, daß die hinterher von allen verurteilte Aufrüstung des Irak vor allem das Ziel gehabt hatte, ein Gegengewicht zum unberechenbar gewordenen Iran zu schaffen. Wieviele Kriege müssen zur Vernichtung immer neuer Gegengewichte denn noch geführt werden?

Der Befehl zum Bodenkrieg schloß auch von Anbeginn die Möglichkeit ein, daß der skrupellose Diktator in letzter Stunde Giftbomben und bakteriologische Waffen einsetzen würde. War es gerechtfertigt, dieses Risiko einzugehen? Oder war das Ausmaß dieses Risikos nach Ansicht der Verantwortungsträger am Ende nur vorgetäuscht? Beides gibt sehr zu denken.

Gepokert wurde demnach nicht nur auf der einen Seite. Am Ende auch eines raschen und vielleicht relativ opferarmen Krieges bleiben genug Probleme diesmal tatsächlich ungelöst. Präsident Bush sollte für Einsicht und Weisheit auf allen Seiten und nicht nur für die Sache der eigenen Wüstenboys beten lassen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung