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Milch und Honig für die Kinder

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Dr. Hemma Bischof ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern (15 und 16) und als Psychologin seit Jahren in der Erwachsenenbildung des Katholischen Familienverbandes tätig.

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Dr. Hemma Bischof ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern (15 und 16) und als Psychologin seit Jahren in der Erwachsenenbildung des Katholischen Familienverbandes tätig.

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Vor kurzer Zeit hörte ich den Drogenexperten Primarius Pernhaupt über seine Erfahrungen mit Drogenabhängigen sprechen. Er versuchte dabei die Wurzeln des Suchtverhaltens zu erklären.

Die Gruppe der sehr interessierten Zuhörer rekrutierte sich auf der einen Seite aus Eltern von noch kleineren Kindern, für die das Drogenproblem sicherlich noch nicht akut ist, auf der anderen Seite waren es Leute, die sehr wohl direkt oder indirekt mit der Suchtgiftwelle konfrontiert sind, sei es als Lehrer oder als Väter und Mütter.

Dr. Pernhaupt zeigte sehr vorsichtig, aber sehr deutlich auf, wie verhängnisvoll Verhaltensweisen von Eltern sein können, wie schon in der Vorgeburtsphase und im ersten Lebensjahr die Wurzel für Abhängigkeit gelegt werden kann.

Eltern seien Vorbilder, ihre Gewohnheiten, ihre Rolle in der Familie, ihre Aggressivität oder ihre Depressionen beein-flussten die psychische Entwicklung ihrer Kinder.

Die Betroffenheit, die diese Erklärungen bei der Zuhörerschaft auslösten, war groß. Auch mir war nicht sehr wohl

in meiner Haut, vieles habe ich auch falsch gemacht, vieles mache ich heute falsch.

Erich Fromm beschreibt in seinem Buch „Die Kunst des Liebens" in einem Kapitel die Mutterliebe als eine bedingungslose Bestätigung des kindlichen Lebens und seiner Notwendigkeiten.

Die Bestätigung des kindlichen Lebens hat zwei Aspekte, der eine ist jene Fürsorge und jene Verantwortlichkeit, die zur Bewahrung und Entfaltung des kindlichen Lebens unbedingt notwendig ist, der andere

Aspekt geht jedoch über die Bewahrung hinaus. Es ist jene Haltung, die dem Kind die Liebe zum Leben einflößt, die ihm das Gefühl gibt, es ist gut, zu leben, es ist gut, ein kleiner Junge oder ein kleines Mädchen zu sein.

Diesen Gedanken kann man in einem Gleichnis der Bibel sehr deutlich zum Ausruck bringen. Es heißt, daß im Gelobten Land „Milch und Honig fließen" wobei Land als Muttersymbol verstanden werden muß. Die Milch ist das Symbol für den ersten Aspekt

der Liebe, für den der Fürsorge. Der Honig symbolisiert die Süße des Lebens, die Liebe zum Leben und das Glück, am Leben zu sein.

Die meisten Mütter sind in der Lage, „Milch" zu geben, aber nur wenige können daneben auch noch „Honig" reichen. Um Honig geben zu können, muß man nicht nur eine gute Mutter, sondern auch ein glücklicher Mensch sein. Die mütterliche Liebe zum Leben ist genau so ansteckend wie die mütterliche Angst. Beide haben eine tiefgreifende Wir-

kung auf Persönlichkeitsentwicklung des Kindes.

Die echte Mutterliebe erweist sich erst in der Liebe zum heranwachsenden Kind. Die Liebe zu einem Säugling kann auch eine Befriedigung der Eigenliebe sein, (die Psychologie spricht von der narzißtischen Mutterliebe) oder seine Wurzel in dem Wunsch der Mutter nach Macht und Besitz haben..

Das eigentliche Wesen der Mutterliebe liegt darin, für das Heranwachsen des Kindes zu sorgen, das eines Tages die Trennung von Mutter und Kind mit sich bringt. Dieser Prozeß der Loslösung, dieses Selbständigwerdenlassen der Kinder stellt uns Eltern oft hart auf die Probe.

Benützen wir diese Probe und fragen wir uns, ob es die richtige Art der Liebe ist, die wir unseren Kindern geben. Denn was die Jugendlichen in offenkundig hellen Scharen programmiert, ist nicht die individuelle Selbstbestätigung, sondern die kollektive Sehnsucht nach Liebe, nach Harmonie, nach Zärtlichkeit.

Sie fühlen sich nicht mißverstanden, sie fühlen sich im Stich gelassen!

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