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Mit Härte gegen die Religion

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Das diktatorische Regime Nicolae Ceausescus richtet sich nicht nur mit aller Härte gegen jede Opposition im Lande, sondern auch gegen die Glaubensgemeinschaften.

Das geht aus Materialien hervor, die dem KSZE-Folgetreffen in Wien kurz vor Abschluß der Implementierungsphase zugeleitet worden sind.

„Haben Sie Feuerwaffen oder religiöses Schrifttum?“ Mit dieser Frage werden in der Regel rumänische Bürger, die in ihr Land zurückkehren, von den Zollbehörden empfangen.

Das Bedürfnis aller Religionsgemeinschaften nach religiöser Literatur oder Bibeln wird vom Staat aber keineswegs erfüllt. Sendungen aus westlichen Ländern erreichen die Kirchen nur unvollständig oder gar nicht.

Von 20.000 Bibeln in ungarischer Sprache, die der Reformierten Kirche von ihren Glaubensbrüdern im Westen zur Verfügung gestellt wurden, wurden nur 1.800 verteilt. Die Versprechungen der rumänischen Behörden, im Jahre 1986 5.000 Bibeln in rumänischer Sprache zu drucken, wurden nicht erfüllt.

Schlimm steht es auch um den Priesternachwuchs. Allein in

Siebenbürgen würden die rund eineinhalb Millionen ungarischen Katholiken jährlich an die 100 Neupriester benötigen, um durch Altersabgang verwaiste Pfarren neu zu besetzen.

Zu den römisch-katholischen Priesterseminaren wird aber nur eine ungenügende Anzahl von Studierenden zugelassen.

Am ungarischsprachigen Seminar in Alba Julia wurden 1984 30 junge Männer zum Priesterstudium zugelassen, 1985 nur noch 15,1986 ist diese Zahl auf 13 gesunken.

An der rumänischsprachigen römisch-katholischen Fakultät in Iassy wurden 198415 Personen zugelassen, 1985 waren es 30,1986 wiederum nur 15.

Im Falle der Protestanten ist die Zulassungspraxis noch restriktiver. Die ungarischsprachige Fakultät in Cluj-Napoca und die deutschsprachige in Si-biu erreichen im Schnitt jährlich nicht mehr als 20 Studenten.

Bewerbungen gibt es allerdings genügend — allein im Sommer 1986 gab es 70 Kandidaten für die Aufnahme.

An der rumänischsprachigen Ausbildungsstätte für Priester in Iassy gibt es auch ungarischsprachige junge Männer. Sie stehen jedoch unter schwerstem Druck und dürfen ihre Muttersprache nicht verwenden; selbst dann nicht, wenn die Eltern zu Besuch kommen. Die Verwendung der ungarischen Sprache kann zur Relegierung vom Seminar führen.

Der Verfall der Kirchenbauten aller Konfessionen geht rapide weiter; auch Demolierungen gibt es immer wieder.

In Bukarest sind von 1982 bis 1986 sechs orthodoxe Kirchengebäude abgerissen worden, eine Kirche der Adventisten und eine spanische Synagoge.

Die mittelalterliche Kirche von Alba Julia verfällt immer mehr, das Priesterseminar ist in einem erbärmlichen Zustand. Der Staat weigert sich, zu renovieren, Spendenaktionen unter Gläubigen dürfen nicht durchgeführt, Spenden aus dem Ausland nicht angenommen werden.

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