Erleichterungen beim Grenzverkehr und ein Kulturinstitut wünschte sich unter anderem Vizekanzler Alois Mock bei seinem Besuch in der ČSSR. Was bedeutet das praktisch?
Das diktatorische Regime Nicolae Ceausescus richtet sich nicht nur mit aller Härte gegen jede Opposition im Lande, sondern auch gegen die Glaubensgemeinschaften.Das geht aus Materialien hervor, die dem KSZE-Folgetreffen in Wien kurz vor Abschluß der Implementierungsphase zugeleitet worden sind.„Haben Sie Feuerwaffen oder religiöses Schrifttum?“ Mit dieser Frage werden in der Regel rumänische Bürger, die in ihr Land zurückkehren, von den Zollbehörden empfangen.Das Bedürfnis aller Religionsgemeinschaften nach religiöser Literatur oder Bibeln wird vom Staat aber keineswegs erfüllt.
Der totale Immobilismus, der seit den siebziger Jahren das politische Leben in der CSSR prägt, wächst sich für das Prager Regime zu einem immer größeren Problem aus: Die - auch vom Kreml — gewünschte „Intensivierung“ der Wirtschaft kommt nicht in Schwung.Mit dem neuen Kremlherrn Michail Gorbatschow ist das Prager Regime, dessen konservativdogmatischer Flügel und dessen pragmatisch-liberaler Teü sich so in Balance halten,' daß jeder Ansatz von Aktivität bald neutralisiert ist, in Zwänge gekommen: Von Moskau kommt der Druck zu mehr Integration innerhalb der
Über Ungarn, der lustigsten „Baracke“ im Ostblock, wetterleuchtet eine ökonomische Krise. Die Partei ist alarmiert und sucht nach Lösungen -sogar bei Goethe.
Wir haben die dramatische Bewährungsprobe bestanden, der unser Land ausgesetzt war. Der Entwicklungsrhythmus im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben wurde wiederhergestellt. Polen wurde wieder ein festes Glied der sozialistischen Staatengemeinschaft.“Wer diese martialisch knappen Sätze aus den „Thesen des ZK zum 10. Parteitag“ liest, sieht und hört gewissermaßen ParteichefJaruzelski, mit salutierender Hand an der Generalsmütze, militärische Vollzugsmeldung erstatten.Wenn auch die polnischen Massenmedien und der Propagandaapparat nun schon seit Wochen unermüdlich
In Osteuropa macht sich ein ideologisches Vakuum breit. In der geistigen Dürre des Systems, im Leer-Raum seiner Lehre, blüht eine wachsende Religiosität auf.
Nichts Neues im Osten -erstarrte Fronten im Verhältnis zwischen Kirche und Staat in Polen. Der geplante dritte Polen-Besuch des Heiligen Vaters ist dadurch gefährdet.
Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in Polen steuert einem neuen Tiefpunkt zu. Die Klimaverschlechterung ist Folge der Parlamentswahlen im Oktober des Vorjahres.
Parallel mit dem Wachsen der Friedensbewegung im Westen wurde auch die Wehrdienstverweigerung im Osten aktuell. Die Behörden reagieren mit Härte und Repression.
Mit einer gewissen Routine haben das Prager Regime, das kleine Häuflein Dissidenten und auch die Bevölkerung die „kritischen” Augusttage gemeistert: die Erinnerung an die Warschauer-Pakt-Invasion 1968. Doch alle drei Gruppen wissen um die tiefe Krise des Landes, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint.
Jugoslawien steckt in einer schweren Wirtschaftskrise, aber optisch ist davon nicht viel zu bemerken. Alte Klischeebilder - wie etwa von den dominanten und prorussischen Serben - muß man über Bord kippen. Und von Slowenien bis Montenegro herrscht Angst über eine schleichende Invasion der Albaner.
Während in der westlichen Industriewelt die „zweite industrielle Revolution” längst eingesetzt hat, beginnen sich Osteuropas Regime ihrer technologischen Rückständigkeit bewußt zu werden und Maßnahmen dagegen zu unternehmen. Freilich ist der Vorsprung des Westens für Osteuropa nur mehr schwer aufzuholen.
Der Warschauer Pakt hat mit der Gipfelkonferenz von Warschau vergangene Woche und der Verlängerung des Bündnisses um 20 Jahre den Schritt ins nächste Jahrtausend getan. Ein Signal für Optimismus, Siegeswillen und Zukunftsgläubigkeit? Wohl kaum.
Die vagen Hoffnungen auf verbesserte Beziehungen zwischen Kirche und Staat in der CSSR sind erneut zerronnen. Das belegen einige, zum Teil dramatische, Vorgänge in unserem Nachbarland.
In ungewohnter Schärfe hat Polens Primas, Kardinal Glemp, vergangene Woche die polnischen Behörden vor weiteren Angriffen auf Kirche und Papst gewarnt.
In Ungarn gehen die politischen Uhren anders. Das bewies erneut der 13. Parteitag der KP in Budapest in der vergangenen Woche. Personelle Sensationen blieben zwar weitgehend aus, aber der Kongreß hob sich doch erfrischend - stilistisch und inhaltlich — vom öden Parteitagsritual anderer osteuropäischer Bruderparteien ab.Anstatt Phrasenstroh mit dem marxistisch-leninistischen Dreschflegel zu bearbeiten, sich selbst Weihrauch zu streuen und ein byzantinisch-fades Ritual ablaufen zu lassen, zeigte die „Ungarische Vereinigte Arbeiterpartei”, wie Parteikongresse auch aussehen können: ohne
Die „brüderlichen Glückwünsche”, die von Osteuropas KP-Führern an den neuen Kreml-Chef Gorbatschow gerichtet wurden, ließen in ihrer traditionellen Phrasenhaftigkeit wenig erkennen. Im Verhältnis zwischen Moskau und den Vasallen in Osteuropa könnte dennoch eine neue Zeit anbrechen.
Der jüngste Konflikt in Polen um die geplanten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln und Energie hat die Aufmerksamkeit auf ein nach wie vor spannungsgeladenes „Dreieck” gelenkt: Regime, offizielle Gewerkschaften und die im Untergrund agierende Arbeiter- und Oppositionsbewegung der „Solidarität”.
Der Kommunismus hat Nachwuchsprobleme — und zwar im eigentlichen Sinn des Wortes. Mit Ausnahme des katholischen Polen verlieren die Regime Osteuropas die Schlacht an den Wiegen und Kinderbettchen. Mit sozialen und oft auch tief ins persönliche Leben eingreifenden staatlichen Maßnahmen will man eine Trendumkehr an der „Babyfront” erzwingen.Die jüngste Alarmmeldung kam dieser Tage aus Ungarn. Die fertiggestellten Statistiken derDemographen für das Jahr 1984 wiesen nach, daß die Magyaren wiederum geschrumpft sind. Nur 125.000 Kinder wurden im 10-Mil-lionen-Land ans Licht der
Lange, allzu lange sind im kommunistischen Osteuropa Probleme des Umweltschutzes unter den Teppich gekehrt worden. Mit fortschreitender Zerstörung der Natur erwachen aber auch in den roten Landen die „Grünen”, zum Beispiel im Land an der Weichsel.
Jugoslawien ist mit rund vier Millionen Moslems der wichtigste Brückenkopf des Islam in Europa. In jüngster Zeit verschärften sich die Gegensätze zwischen der mohammedanischen Glaubensgemeinschaft und der kommunistischen Führung Jugoslawiens.
Rund drei Wochen nach der Tagung der regimetreuen Priestervereinigung „pacem in terris" in Brünn wird durch repressive Maßnahmen gegen praktizierende Katholiken und durch zahlreiche Pressekommentare in den CSSR-Medien immer deutlicher, daß die Regierung in Prag in der Religionspolitik weiter auf offensivem Kurs bleibt.Der für Religionsfragen zuständige Kulturminister Milan Klu-sak hatte zwar auf dem Brünner Kongreß betont, daß sich Gläubige und Atheisten gleichermaßen an den „Errungenschaften des Sozialismus" beteiligen können. Er pries auch das angeblich „solide
Jerzy Popieluszko wurde ermordet, weil er sich um die konkreten Sorgen und Nöte der Menschen gekümmert hat. Aber war er deswegen auch schon ein „politisierender" Priester?
Mit seinem Besuch in Warschau vom 16. bis 18. Oktober durchbrach Österreichs Außenminister Leopold Gratz die Isolation Polens durch den Westen. Aber das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Land an der Weichsel wird nach wie vor von kühler Distanz geprägt.
Nach dem großen Eucharistischen Kongreß in Zagreb, der Jugoslawiens Katholiken mit Recht mit Freude und Stolz erfüllt hat, ist nun wieder der Alltag eingekehrt. Immer deutlicher wird: Der Papstbesuch wird so bald nicht zu realisieren sein.
lm Kreml herrscht offenkundig Verwirrung. Nichts demonstriert das deutlicher als das Tauziehen um die Gespräche über Weltraumwaffen in Wien. Hintergrund dieses Gerangeis ist ein Disput über die künftige „Westpolitik" Moskaus, wobei vor allem Michail Gorbatschew für eine flexiblere Haltung eintritt. Er ist die Nr. 2 in der Kremlhierarchie und ein kommender Mann.
Am Freitag, 13. Juli, wird vor einem Militärgericht in Warschau ein Prozeß beginnen, der dem Image des polnischen Regimes im In- und Ausland großen Schaden zufügen und Märtyrer schaffen könnte: Den vier Gründern des oppositionellen „Komitees zur gesellschaftlichen Selbstverteidigung" (KOR) drohen ein Blitzverfahren und schwere Haftstrafen bis zu zehn Jahren.
Die Ost-West-Konferenz über Umweltschutz, die vergangene Woche in München mit einigen greifbaren Resultaten zu Ende ging, zeigte auch die politische Problematik eines wirksamen Schutzes unserer Lebensgrundlagen auf. Kommunistische Staaten - so zeigte sich - tun sich im Umweltschutz besonders schwer.
Ein Lokalaugenschein in Polen beweist: Politisch scheint sich einiges aus der Erstarrung zu lösen und in Fluß zu kommen. Bei fast allen entscheidenden Fragen spielt die Kirche eine gewichtige Rolle: aktiv - oder durch beredtes Schweigen.
Ein Augenschein in der CSSR bestätigt: Es dominiert nach wie vor die „Flucht ins Private". Innenpolitischer Verkrustung und ideologischer Verhärtung steht eine für osteuropäische Verhältnisse akzeptable Versorgung gegenüber.
Der politische Staub, den der Machtwechsel im Kreml aufgewirbelt hat, hat sich schon etwas gesetzt. Dennoch sind die Konturen über das Verhältnis Tschernenkos zu den osteuropäischen Bruderstaaten noch verschwommen. Vorsicht, Nervosität und verklausulierte Wünsche prägen das Bild.
Staatliche Repression und Überwachung, wie sie George Orwell in seinem Roman „1984" beschreibt, gehören in manchen Staaten Osteuropas zum Alltag. Dennoch formen sich immer wieder Menschenrechtsgruppen und Oppositionsbewegungen, Ein markantes Beispiel ist die CSSR-Bürgerrechtsbewe-gung „Charta 77", die wieder kräftige Lebenszeichen gibt.
Im Macht-Dreieck - Vatikan, Warschauer Regierung, polnischer Episkopat — knistert es. Verschiebungen, Schwerpunktverlagerungen, neue Winkel im delikaten Verhältnis deuten sich an. Noch sind die Umrisse dessen, was daraus schlußendlich entstehen wird, ziemlich verschwommen, die künftige Gestalt des Macht-Dreiecks nicht abschätzbar.Und das sind die Fakten:#. Nach seiner Rückkehr aus Rom, wo er vier Tage lang mit dem Papst konferiert hatte, erklärte Primas Kardinal Josef Glemp in Wärschau: „Wenn die Umstände günstig sind, könnten die vollen diplomatischen Beziehungen zwischen dem
Die KP-BezirkssekretärinHalina Minkowska aus Danzig ist einigermaßen verzweifelt. Auftragsgemäß hält sie derzeit in Betrieben, Parteizellen und kleinen Unterorganisationen ihre Treffen mit den Werktätigen ab, um ihnen die „Beschlüsse des 13. Plenums des Zentralkomitees der Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei betreffend ideologische Fragen“ nahezubringen. Aber niemand scheint richtig zuzuhören. Und nachher kreisen alle Fragen nicht um ideologische Probleme, sondern natürlich um die bevorstehenden Preiserhöhungen.Nach den Vorschlägen der Regierung sollen die Preise für
Lech Walesa, der Friedensnobelpreisträger 1983, entzieht sich den gängigen Kategorien, die man ansonst an Laureaten anzulegen gewohnt ist.Allein die Vorstellung: Der gewerkschaftliche Robin Hood aus Polen in Frack und steifer Hemdbrust inmitten ehrwürdiger Honoratioren bei der Verleihung in Oslo — das Bild hat etwas unzweifelhaft Skurriles an sich.Der walroßbärtige Volkstribun aus Danzig ist wohl auch einer der ersten Preisträger, der — nach eigenem Bekenntnis — kaum ein Buch gelesen hat. Seine Intelligenz ist von anderer Art — ungeschliffen, unbearbeitet. Ein Roh- Diamant.Auch
Bei der endgültigen Aufhebung des Kriegsrechtes im heurigen Sommer hatte General Jaruzelski den Rückzug der Armee in die „zweite Linie“ angekündigt. Davon ist bis jetzt in Polen wenig zu merken. Die bewaffnete Macht ist nach wie vor ein eisernes Korsett für das Land.
Nicht zuletzt wegen der anhal- 1^1 tenden Wirtschaftskrise in Jugoslawien, die immer tiefgreifendere und sogar systemändernde Eingriffe erfordert, beginnt auch der Mythos von Josip Broz Tito zu zerbröckeln.In den ungezählten Artikeln der jugoslawischen Massenmedien über die ökonomische Misere, bei den Nachforschungen über die tieferen Wurzeln der Krise, findet sich nun immer häufiger der Hinweis, daß die meisten gegenwärtigen Übel in Entscheidungen ihren Ursprung haben, die schon Jahre zurückliegen.Auch die resolute Regierungschefin des Vielvölkerstaates, dieAnfang Juli auf einer
Obwohl der Besuch des Papstes im Land an der Weichsel noch sichtlich belebend nachhallt, ist dennoch der schwere und mühselige, politisch unbefriedigende Alltag wieder zurückgekehrt.
Wunder geschehen selten zweimal. Mit diesem einfachen Satz läßt sich die Erwartungshaltung vor dem zweiten Besuch von Johannes Paul II. in seinem Heimatland Polen umschreiben, der am Donnerstag, 16. Juni, beginnen wird.Der erste Polen-Besuch des Oberhauptes der katholischen Kirche, der aus dem Osten kam, war vor vier Jahren ein einzigartiger Triumph: für Johannes Paul selbst, für die polnische Kirche; auch für die Gläubigen im Land an der Weichsel, die — zutiefst lateinisch-mitteleuropäisch — für ihre Rom-Treue spirituell „belohnt“ wurden und ein lang verdrängtes
Die „Normalisierungspolitik“ unter sowjetischer Regie hat sich nach 1956 in Ungarn, nach 1968 in der CSSR vollzogen und wird soeben in Polen wiederum praktiziert. Die Ergebnisse können ganz verschiedenartig ausfallen, wie die Erfahrung zeigt.Prominente Wissenschaftler und Ex-Politiker aus den drei betroffenen Ländern haben daher eine großangelegte Studie zu diesem Thema verfaßt. Titel der interessanten Analyse: „Normalisierungsprozesse im sowjetisier- ten Mitteleuropa. Ungarn, CSSR, Polen.“Wichtig ist zunächst die Begriffsklärung dessen, was mit dem etwas gedankenlos auch im
Am bevorstehenden Papstbesuch in Polen vom 16. bis 23. Juni ist aller Voraussicht nach nicht mehr zu rütteln. Die Visite wird stattfinden. Alle maßgeblichen Kräfte — Kirche, Opposition und Staat — erwarten Johannes Paul II. Die Motive freilich sind unterschiedlich, die Einheit in allen Gruppen nur äußerlich.Das Militärregime in Warschau hat sich - nach langem Zögern - zu einer positiven Einstellung gegenüber dem Papstbesuch durchgerungen. Die Machthaber sind sich dabei der Risken der Visite wohl bewußt, wird doch die Reise des Heiligen Vaters erneut eindrucksvoll demonstrieren,
Die wirtschaftlichen Krisenerscheinungen haben auch Ungarn nicht verschont. Dennoch ist die Budapester Führung offenbar fest entschlossen, die auf die Wirtschaft beschränkte Reformpolitik fortzusetzen - wie auch ZK-Beschlüssen der letzten Woche bestätigten.
Die mit großem Pomp verkündete Einführung der Fünftagewoche in Ungarn, vom Regime als ein „Geschenk" an die werktätige Bevölkerung bezeichnet, erwies sich als trojanisches Pferd. Nunmehr ist es klar, daß die 3,1 Millionen Beschäftigten in Ungarn länger arbeiten müssen als zuvor.Selbst die offiziellen ungarischen Medien müssen zugeben.daß es mit der Fünftagewoche in Wirklichkeit nicht weit her ist. So berichtete Ende Jänner die ungarische Nachrichtenagentur MTI, daß „1982 einige Bergwerksbetriebe infolge unerwarteter geologischer Schwierigkeiten und aus anderen Gründen"
In dramatischer Form hat der jugoslawische Parteichef Mitja Ribičičs in der vergangenen Woche vor einem Umkippen der derzeitigen Wirtschaftskrise in eine schwere Krise des politischen Systems gewarnt. Er malte die Möglichkeit von Streiks, Unruhen und nationalen Streitigkeiten innerhalb der Föderation an die Wand. Die Warnungen kommen nicht von ungefähr, sondern sind sowohl durch die aktuellen Ereignisse, als auch durch soziologische Umfragen erhärtet.Hintergrund für die Äußerungen Ribičičs sind nicht nur die einschneidenden administrativen Sparmaßnahmen der Regierung und die
Die Vorfälle häufen sich, Zufall ist auszuschließen: Ungarn, bisher eines der „saubersten“ Länder in bezug auf Menschenrechte innerhalb des Ostblocks, steuert nun deutlich einen härteren Kurs gegen Oppositionelle.
Wie steht nach einem Jahr Kriegsrecht der Alltag für die polnischen Bürger aus? Hat sich die Lage tatsächlich, wie offiziell behauptet, „normalisiert“? Ja, wenn Verrücktes als normal gilt.
Seit Montag, dem ominösen 13. Dezember, wird im polnischen Parlament der Antrag auf Aufhebung des Kriegsrechtes behandelt. Verfolgt man die Spur zurück, so kommt man zur „Patriotischen Bewegung für nationale Wiedergeburt" (PRON). Diese hatte am 26. November den Antrag formuliert. Was verbirgt sich hinter dieser Bewegung, diesem geheimnisvollen Kürzel PRON?Die Entstehung dieser Organisation, mit der Partei- und Regierungschef Wojciech Jaruzelski noch einiges in der politischen Zukunft vor hat, datiert zurück in die düsteren Tage unmittelbar nach der Verhängung des
Am 16. November kommt CSSR-Staatspräsident Gustav Husak zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Österreich. Ein „historisches Ereignis", wie manche sagen? Skepsis ist angebracht.
„Umgekommen beim Fluchtversuch aus der WirkUchkeit" — immer zutreffender wird dieser Befund eines polnischen Epigrammatikers angesichts der letzten Entwicklungen im Land an der Weichsel. Das Verbot der „Solidarität" und die Auflösung der Bauerngewerkschaft, die nachfolgenden Unruhen, Streiks und Straßenschlachten haben ebenso wie die Zuflucht des Regimes zu Terror und Gewalt einen stark irrationalen Zug.Die Gräben vertiefen sich, die Konfrontation wächst, der Stellungskrieg im Kriegszustand dauert an, eine Lösung ist in noch weitere Fernen gerückt.Ein echter Dialog
Durch die Verabschiedung des neuen Gewerkschaftsgesetzes durch den Sejm, das polnische Parlament, hat die formaljuristische Todesstunde der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarität” geschlagen. Es gibt nur noch eine vom Regime gelenkte Gewerkschaft, die irreführend aber das Etikett „unabhängig und selbstverwaltet” bekommt.
Die wirtschaftliche Lage Jugoslawiens, so Parteichef Mitja Ribicic vergangene Woche auf einer dringlichen Sitzung des ZK, sei,.schwierig, aber nicht hoffnungslos”. Das ist Zweckoptimismus. Denn der wirtschaftliche Zerfall Jugoslawiens hält weiter an, über kurz oder lang werden sich politische Folgen mit weitreichenden Konsequenzen einstellen.
Der „Krieg” der CSSR-Be-hörden, der sich in letzter Zeit vor allem gegen die politische Opposition und gegen die Kirche gerichtet hat, wird in verstärktem Maße fortgesetzt. Ein Signal dafür wird die Berufungsverhandlung gegen Ivan Jirous sein, der am 27. September in Usti nad Labern beginnt.Jirous, Kunsttheoretiker, Fran-tisek Starek, Bauingenieur, Milan Fric, Tischler, Milan Hybek, Student, und Jaroslav Chnapko,Schlosser, waren bereits im Juni 1982 vor Gericht gestanden. Sie alle sind Mitglieder der „Charta 77,”, der Bürgerrechtsbewegung in der CSSR, deren Manifest sie auch
„Schlacht um das Getreide”; Neue Erfolge an der ,,Erntefront”; „Kampf ums Brot” - geradezu martialisch berichten Ostblock-Massenmedien derzeit über die Einbringung der Ernten in ihren Ländern.
Die Tränengasschwaden haben sich in Polen verzogen, dennoch gibt es genug Tränen: Tränen der Trauer über die Toten, die dieser letztlich irrationale Konflikt wiederum gefordert hat, Tränen der Verwundeten ob ihrer Schmerzen, Tränen der Erbitterung und Enttäuschung, Tränen der Machtlosen und Gedemütigten — und wohl auch Tränen des Zorns, die die Quelle künftiger Auseinandersetzungen und Konflikte sein werden.Für beide Seiten im Land an der Weichsel — Regime und Bevölkerung, die sich nach wie vor mit den Grundideen und Zielen der suspendierten Gewerkschaft „Solidarität"
Die Reformbewegung des „polnischen Sommers" hatte auch die KP Polens erfaßt - was heute meist schon vergessen ist, weil die „Solidarität" untergegangen ist. Was ist davon eigentlich geblieben und welche Rolle spielt die Partei im Lande General Jaruzelskis heute?
Das Erdgas-Röhrenge-schäft zwischen der Sowjetunion und Westeuropa wird immer mehr zum Strengstoff innerhalb der nordatlantischen Allianz. Hier scheiden sich die Geister, wird von jeder Seite mit guten Argumenten nahezu ein „Krieg” geführt. Worum geht es denn nun eigentlich wirklich?
So wie andere Ostblock-Staaten kämpft auch die CSSR zunehmend mit Ver-sorgungsengpässen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Unter dem Druck der Notlage scheinen nun die Pragmatiker um Premier Lubomir Strougal Oberhand zu gewinnen und zaghafte Reformversuche zu wagen.
Die jugoslawischen Kommunisten vor dem ersten Partei kongreß ohne TitoVom 26. bis 29. Juni wird in Belgrad der erste Parteikongreß der jugoslawischen Kommunisten ohne Titoüberdie Bühne gehen. Viele offene Probleme harren einer Lösung - etwa die Wirtschaftskrise und die unter der Oberfläche brodelnden nationalen Spannungen, aber auch die Frage der politischen Führung des Landes.Die fast 22 Millionen Jugoslawen haben sich daran gewöhnt, daß es Tito, die einigende Patriarchenfigur aus einer heroischen Epoche, nicht mehr gibt. Sein Wort „Wenn ich einmal abtreten werde, wird sich nichts
Tito ist zwar im Jugoslawischen von heute, das sich auf den ersten Parteitag ohne ihn vorbereitet, nach wie vor in alle Munde. Sein Name, sein Werk, sein Vermächtnis werden krampfhaft beschworen. Doch die ersten Signale einer beginnenden Ent-Titoisierung sind keineswegs zu verkennen.
Der wirtschaftliche Niedergang und die Versorgungsmisere - für beides macht die Propaganda des polnischen Militärregimes die Gewerkschaft „Solidarität" verantwortlich - ist offenbar auch durch Uniformträger nicht zu stoppen. Das tägliche Leben ist für die Polen nach wie vor eine unsägliche Mühsal.Die Schlangen vor den Geschäften in Warschau sind tatsächlich kürzer geworden, das Angebot — wiewohl noch immer dürftig genug, selbst für Ostblockverhältnisse — scheint geringfügig reichhaltiger zu sein. Diesen oberflächlichen Eindruck vermittelt ein Lokal-Augenschein in der
Unentschlossenheit und Unberechenbarkeit bestimmen die Politik der Militärs gegenüber den rund 3000 noch immer Internierten. Auch die Behandlung ist unterschiedlich und anscheinend keiner Regel unterworfen
Polens katholischer Kirche sind unter dem Kriegsrecht noch mehr Aufgaben und Bürden zugewachsen. Sie versucht diesen Pflichten nachzukommen und ihre Chancen wahrzunehmen. Ihre Lage ist dennoch schwieriger geworden. Im Episkopat gibt es Meinungsverschiedenheiten, die Basis ist unzufrieden mit der Hierarchie
Die polnische „Vereinigte Arbeiterpartei", wie sich die Kommunisten im Land an der Weichsel nennen, ist — wie so vieles in diesem Staat — ein Unikum. Schon dreimal in ihrer Geschichte hat sie vor der Realität kapitulieren müssen: 1956, 1970 und 1980. . Allein diese Tatsache zeichnet die polnische Partei vor den anderen kommunistischen Parteien Osteuropas aus und bestätigt Stalins Vermutung, der nach der Einverleibung Polens in seinen Machtbereich nach 1945 Schwierigkeiten voraussah und meinte, den Polen den Kommunismus zu bringen, heiße, einen Eber zu satteln.Der moderne
Nach der Verhängung des Ausnahmezustands („Kriegsrechts“) in Polen und der damit verbundenen völligen Militarisierung der Gesellschaft stellt sich erneut und in fast tragischer Weise die Frage, ob der despotische Sozialismus in Osteuropa reformiert, verändert, vermenschlicht werden kann.Oder ist es so, daß — wie in der Natur - dem Tauwetter irgendwann einmal wieder der Frost folgt, dem Sommer der Winter, der Hitze die Kälte?Mit dem Wort „Tauwetter“, das sich seit dem 1956 erschienenen Roman des Sowjetrussen Ilja Ehrenburg als politischer Begriff für eine Ubergangsphase der
Der traditionelle Weihnachtsmarkt auf der Prager Kleinseite, im Schatten der majestätischen Karlsbrücke, ist heuer noch ärmer bestückt als die Jahre zuvor. Es gibt weder Feigen noch Bananen und auch die angebotenen Süßigkeiten und Schokoladen nehmen sich recht ärmlich aus.In den Geschäften rund um den Wenzelsplatz sind in den Auslagen der Lebensmittelläden jedenfalls genug Fleisch- und Wurstwaren zu sehen, auch Kaffee und Tee gibt es. Man ist noch weit entfernt von polnischen oder rumänischen Zuständen.In den Warenhäusern gibt es viel Gedränge um eine Reihe vonProdukten, die von
Die Kirchenverfolgung in der CSSR hat sich in den letzten Wochen und Monaten dramatisch verschärft und steuert einem neuen Höhepunkt zu. Es gibt Hinweise, daß spezielle Kommandos der Geheimpolizei — vielleicht sogar auf eigene Faust und ohne Dek- kung durch das Prager Innenministerium — Fememorde an katholischen Aktivisten verüben.Der letzte Fall, der unter den Katholiken in der CSSR sich langsam herumgesprochen hat und Angst und Entsetzen verbreitete, ereignete sich vor rund vierWochen. Auf dem Boden der 138 Meter tiefen Macocha-Schlucht unweit von Brünn wurde die Leiche des
Nach Polen, das noch immer die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich zieht, ist zweifellos Rumänien dasjenige Ostblockland, das am meisten von wirtschaftlicher Krise und potentiell auch von politischer Instabilität bedroht ist. Seit rund einem Jahr häufen sich in dramatischer Weise die Alarmsignale.
Im Radio klingen die Stimmen von einst: Mit Hilfe von Tondokumenten aus der Zeit des Volksaufstandes versucht das Regime in Budapest derzeit die Ereignisse von 1956 verständlich zu machen. In den Zeitungen, allen voran im Parteiorgan „Nepszaabasdag", ergießen sich über viele Spalten und seit Wochen ebenfalls „ausgewählte" Dokumente über das, „was wir wohl für immer und ewig Konterrevolution nennen werden." (So ZK-Mitglied und stellvertretender Chefredakteur des Parteiorgans, Peter Renyi, bei einer Pressekonferenz in Wien).In Partei-Versammlungen und auch in den
Das Verdrängen der Tatsache, daß Polen ein „sozialistisches" Land ist, war eines der auffälligsten und auch emotionell berührendsten Erlebnisse beim Kongreß der „Solidarität" in der Sporthalle in Danzig-Oliwia.Der Wunsch der Polen und der Gewerkschaft „Solidarität" für polnische Probleme polnische Lösungen zu suchen war so machtvoll, daß sich wirklich niemand diesem Sog entziehen konnte-und selbst in den Dokumenten dieses Gewerkschaftstages findet sich ja nur ein karger, wenn auch äußerst kluger Hinweis auf die Tatsache, daß man bestehende Bündnisse nicht antasten und die
In und um Polen hat sich die Situation nach dem ersten Teil des Kongresses der unabhängigen Gewerkschaft ,,Solidarität" gefährlich verschärft, zumal in Danzig auch die Staatsmacht offen herausgefordert wurde; Ende dieser Woche folgt der zweite Teil. Hier eine Analyse der Ausgangslage:
Während die Polpn bei ihrer geplanten Wirtschaftsreform immer wieder das ..ungarische Modell" als beispielhaft erwähnen, sind die Magyaren - auch dank des politischenWindschattens", den die Ereignisse im Land an der Weichsel erzeugen - schon wieder einen Schritt weiter: Privatbetriebe, die bis zu hundert Beschäftigte haben können, sollen möglich werden, Privatbauern gefördert werden.
Vor einem Jahr, am 14. A ugust 1980, erreichte mit dem A usstand der 17.000 A rbeiter der Lenin- Werft in Danzig der polnische Streiksommer seinen Höhepunkt; es entstand eine revolutionäre“ Lage, die schließlich zu tiefgreifenden Änderungen in Polen führte, die das Beiwort „historisch“ durchaus verdienen. Was ist das Wesen dieser Ä nderungen, wie sieht die Bilanzier polnischen Erneuerung nach einem Jahr aus?
In einem Land wie Polen, das seit fast einem Jahr durch außerordentliche Ereignisse geprägt ist, ist ein außerordentlicher Parteikongreß nichts Außerordentliches. Diese pointierte Formulierung des radikal reformwilligen polnischen Journalistenpräsidenten Stefan Bratkowski ist, nach dem Ende des 9. Parteitages der „Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei“ in Warschau, ebenso bestätigt wie widerlegt - und paßt somit vollendet in die an Paradoxien und Widersprüchen so reiche Entwicklung im Land an der Weichsel.Außerordentlich war an diesem Parteikongreß tatsächlich vieles:• Zum
Polens Parteichef Stanislaw Kania, der am Dienstag den außerordentlichen Parteikongreß der polnischen Kommunisten in Warschau eröffnete, hatte diesen schon zwei Wochen vorher als „großes, internationales Ereignis“ gepriesen. Das ist er und noch mehr: Er ist ein Ereignis von historischer Dimension.Zum ersten Mal seit der Installierung der kommunistischen Systeme in Osteuropa darf das formell höchste Gremium einer kommunistischen Partei - und das ist der Parteikongreß den Statuten nach - beanspruchen, politisch legitimiert und weitgehend demokratisch (im westlichen Sinne)
Nach dem warnenden Brief, den das sowjetische ZK an die Warschauer Genossen gerichtet hat, scheint eine Verschärfung des lange schwelenden Konfliktes zwischen Moskau und Warschau unausweichlich. Dabei hat die „Erneuerung" in Polen die historische Chance geschaffen. Russen und Polen miteinander auszusöhnen und -soparadox es klingt - die kommunistische Herrschaft im Land an der Weichsel z u festigen.
Hinter seiner Bahre schritten Kardinal-Staatssekretär Ca- saroli und die Spitzen des kommunistischen Regimes. KP-Chef Kania würdigte die Fähigkeit des am 28. Mai verstorbenen Kardinals Wyszynski, „die Zeichen der Zeit 'Zu deuten“. Knapp zuvor hatte er dem sowjetischen Oberbefehlshaber der Warschauer-Pakt-Truppen, General Kulikow, die Zeichen der Zeit in seinem Land erklärt: Polen wolle auf Reformkurs bleiben. Eine gespenstische Symbolik...
Am 6. Mai beginnen Verhandlungen zwischen Regierung und der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarität“. Dabei wird auch die Frage des Zugangs der Gewerkschaft zu den Massenmedien und - damit verbunden - auch der „neuen“ Zensur erörtert werden. Wie ist die A usgangslage für diese Gespräche?
Der Reigen der osteuropäischen Parteitage ist in der vergangenen Woche mit dem Kongreß der,,Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (SED) abgeschlossen worden. Die Monstershow der DDR-Kommunisten unterschied sich in einigen Akzenten bemerkenswert von den Parteitagen in Moskau, Sofia und Prag.
Eines der vielen ungelösten Probleme, das Tito dem Vielvölkerstaat Jugoslawien hinterlassen hat, ist plötzlich akut geworden: Der albanische „Nationalismus“ in der autonomen Provinz Kosovo hat in den letzten Tagen und Wochen zu blutigen Unruhen geführt. Ende der vergangenen Woche waren noch immer Notstandsmaßnahmen, Versammlungsverbot und faktisch eine Einreisesperre in Kraft.
Trotz der üblichen grellen Propagandafanfaren herrschen beim 16. Parteitag der tschechoslowakischen Kommunisten, der Montag in Prag eröffnet wurde, die Molltöne vor. Als Devise gilt: Das Erreichte bewahren!
Ein Gespenst ist wieder aufgetaucht in Polen: der A ntisemitismus. Selbst der Führung ist das peinlich. Das einflußreiche Politbüromitglied, General Moczar, sah sich in der vergangenen Woche genötigt zu erklären:,, Wir werden das einfach nicht zulassen."
Daß in Kroatien Jakov Blazevic zum „Präsidenten des Präsjdiumsder Republik“, also zum formellen Staatsoberhaupt dieses überwiegend katholischen Teilstaates Jugoslawiens gemacht wurde, war schon in sich eine instinktlose und beinah provokatorische Handlung der Staatsmacht: Denn der Altkommunist war seinerzeit Ankläger im Schauprozeß gegen den damaligen Erzbischof von Agram und kroatischen Primas, Kardinal Stepinac.Blazevic selbst tat dann noch einiges, um, die Provokation unerträglich zu machen. Anläßlich der Veröffentlichung seiner Memoiren unter dem bezeichnenden
Als ein Reporter des dänischen Fernsehens vor kurzem Lech Walesa interviewte und ob der kargen und oft widersprüchlichen Aussagen des Gewerkschaftsführers in geistige Atemnot kam, schoß er auch die Frage heraus: „Warum machen Sie das alles?“Die Antwort Walesas: „Für die Gottesmutter, für die Königin Polens.“Diese Antwort, die vermutlich echte, naive Gläubigkeit und politische Schläue gezeugt haben, paßt in das allgemeine Schönbild jenes katholischen Polen, wo Kruzifixe, Papst- und Marienbilder neuerdings nicht nur die Betriebe und Kohlenzechen, sondern auch
Polen befindet sich in einem Prozeß rasanter Umgestaltung. Die alten Machtstrukturen zersetzen sich, in der Partei sind Flügelkämpfe im Gange. Aber auch in der ..neuen Macht", den unabhängigen Gewerkschaften, ist weder personell noch sachlich schon eine endgültige Entscheidung über den künftigen Kurs gefallen.
Kann der,,polnische Bazillus” auch ganz Osteuropa infizieren und die Stabilität des kommunistischen Herrschaftsystems gefährden? Derzeit gibt es dafür keine Anzeichen. Der,,polnische Sommer” hat dennoch tiefe Spuren im sowjetischen Imperium hinterlassen und schon jetzt in allen Ländern Wirkung gezeigt.
Jugoslawien trudelt immer stärker in eine Wirtschaftskrise, die nicht ohne politische Folgen zu bleiben droht. Nicht der Tod Titos, sondern die ökonomische Misere könnte sich als der gefährlichste Sprengsatz für den Vielvölkerstaat erweisen.
Durch die dramatischen Ereignisse in Polen ist vorerst eine grundsätzlich neue Lage entstanden. Sie betrifft auch die Kirche und stellt sie vor ein fast unlösbares Dilemma.
500 fackeltragende Sportler, die sowjetischen Olympia-Kandidaten, hatten sich im Oktober 1979 auf dem Ma-majew-Hügel, der im Zweiten Weltkrieg so erbittert umkämpften Erhebung bei Stalingrad (heute Wolgagrad), eingefunden. Von der Riesenstatue der „Mutter Heimat" ertönte eine Stimme:„Meine lieben Söhne und Töchter der großen Heimat! Hier, auf der geheiligten Erde, nehmt meinen mütterlichen Befehl entgegen: Die Erde der Heldenstadt, das ganze Land, hat euch unter sein olympisches Banner gerufen. Die Heimat erweist euch das große Vertrauen, daß ihr ihre sportliche Ehre
Die Olympischen Spiele in Moskau sind zwar eine Rumpf-Veranstaltung, insgesamt aber muß man mit aller Nüchternheit feststellen, daß der Boykott der Spiele nicht gelungen ist. Das ganze von Washington initiierte Unternehmen ist kläglich gescheitert.Es ist nicht gescheitert, weil es an moralischer Begründung für die Boykott-Bewegung gefehlt hätte. Es ist keine Frage, daß es moralisch kaum vertretbar ist, in einem Land Olympische Spiele abzuhalten und an ihnen teilzunehmen, daß sich offener und andauernder Aggression in Afghanistan schuldig gemacht hat. Aber Moral und politische
Er ist nun schon mehr als hundert Tage im Amt und sein zweiter Auslandsbesuch führt ihn nach Österreich: Edward Babiuch, Polens neuer Ministerpräsident. Die Visite in der Alpenrepublik gilt hauptsächlich der Erörterung wirtschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Polen und Österreich. Die ökonomische Situation ist auch Babiuchs Sorgenkind in der Heimat. Wie er bisher die polnische Wirtschaftsmisere in den Griff zu bekommen versucht, ist bemerkenswert.
Rein äußerlich scheint alles in Ordnung. Als Tito ausgelitten hatte, schickten die Vertreter aller Religionsgemeinschaften des Vielvölkerstaates Ergebenheitsadressen und Beileidswünsche an das kollektive Führungsgremium. Der Erzbischof von Belgrad ordnete gar an, daß am Tage des Begräbnisses von Tito alle Glocken der katholischen Kirche der Save-Stadt zu läuten hätten. Das schloß sich nahtlos an den Aufruf des Zagreber Erzbi-schofs, der zum Gebet für Tito aufgefordert hatte, als dieser noch im Klinikzentrum Laibach seinen Todeskampf ausfocht.Diese Fakten, von den Massenmedien
Rein äußerlich bot der in der vergangenen Woche zu Ende gegangene Parteitag der ungarischen Kommunisten das sattsam bekannte Ritual solcher Veranstaltungen: Jubel für den Parteichef, der wiederum den Delegierten applaudiert, perfekte Regie und „Demokratie" (nie gibt es eine Gegenstimme), Beweihräucherung, viel Phrasen, Selbstkritik und „vollkommene Zustimmung" zum Ergebnis.Doch der Parteikongreß der ungarischen KP vom 24. bis 28. 3. unterschied sich doch von Parteitagen anderer kommunistischer Staaten und zeigte auf, daß es den Magyaren tatsächlich gelungen ist, einen im
Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Polen sind noch immer weit davon entfernt, „normal" zu sein. Der Alltag, der nach dem Papst-Besuch eingekehrt ist, hat auch wieder die zermürbenden Positionskämpfe aufleben, die Zahl der „Waffenstillstandsverletzungen" anwachsen lassen. Mit gestärktem Selbstbewußtsein, routiniertem Geschick und zäher Unnachgiebigkeit verteidigt sich die Kirche, wo sie sich übergangen oder herausgefordert fühlt.
Das Jahr 1948, als Tito mit Stalin brach und Jugoslawien aus der Gemeinschaft der kommunistischen Staaten ausgeschlossen wurde, war die Geburtsstunde des „Titoismus".Was bedeutet dieser heute wieder so aktuell gewordene Begriff? Darauf läßt sich mit Ernst Fischer eine sehr einfache Antwort geben: Titoismus sei zwar kein theoretisch abgerundetes und in sich geschlossenes ideologisches System, aber eine „geschichtliche Tat". .Worin bestand sie? Schon bald nach dem Angriff Nazi-Deutschlands auf Jugoslawien wurden Titos kommunistische Partisanen die militärisch stärkste
In dieser Woche geht, im Warschauer Kulturpalast der Parteitag der polnischen Kommunisten über die Bühne. Die Aufbruchsstimmung nach dem 6. Parteitag im Dezember 1970, als Parteichef Gomulka durch Gierek abgelöst wurde, ist verflogen. Auch der noch immer spürbare Optimismus des 7. Parteitags vom Dezember 1975 ist dahin. Das Land an der Weichsel steckt heute in einer tiefen Krise, der Zukunftshorizont ist umwölkt.Die Polen sind Weltmeister im „Durchwursteln" und haben, nicht nur im altösterreichischen Krakau, das kakanische „Sich's richten" zu seltener Perfektion entwickelt.
Eine der hausgemachten Krisen Jugoslawiens hat, so paradox das klingt, Titos kraftvolle Persönlichkeit selbst produziert. Er ist, aus eigenem Verdienst und durch die Ereignisse und den Verlauf der Geschichte, zum „charismatischen Führer" geworden. Seine und Jugoslawiens Tragik ist, daß seine historisch manifest gewordene Schöpfung - der Selbstverwaltungssozialismus, die Blockfreiheit, die Uberbrückung nationaler Gegensätze durch ein kommunistisches Gesellschaftssystem -unauslöschlich mit seiner Persönlichkeit und seinem Charisma verbunden ist. Und so werden auch diese Schöpfung
Aus macht- und außenpolitischen Interessen kommt der amerikanisch-iranische Konflikt den Interessen Moskaus durchaus entgegen. Insgeheim betrachtet der Kreml jedoch die Vorgänge im südlichen Nachbarland mit Beunruhigung. Denn ein Fünftel der Bevölkerung der Sowjetunion ist. vom Islam geprägt. Der Chomeini-Bazillus könnte auch die sowjetischen Mohammedaner anstecken, deren „angepaßter Widerstand" gegen das Sojetregime ohnehin wächst und recht erfolgreich ist.
Wie gebannt starrt die Welt auf den Iran und das Duell der Mullahs mit der Supermacht Amerika. Das scheint weit weg zu sein. Aber der „Chomeini-Effekt“, richtig verstanden als eine weltweite Renaissance des Islams, spielt sich, auch vor Österreichs Haustür ab - im südlichen Nachbarland Jugoslawien.