US-Truppenabzug in Afghanistan: Vom Scheitern am Hindukusch
Bis zum 11. September zieht nun auch Amerika aus Afghanistan ab. Der längste Krieg der USA geht zu Ende – an seinen Zielen gescheitert und mit enormen Kosten an Mensch und Material.
Bis zum 11. September zieht nun auch Amerika aus Afghanistan ab. Der längste Krieg der USA geht zu Ende – an seinen Zielen gescheitert und mit enormen Kosten an Mensch und Material.
Den Khyber-Pass hinauf – das sind 53 Kilometer zum Fürchten: eine Wahnsinnsfahrt zwischen indischer Tiefebene und Zentralasien. Auch Alexander der Große, die Mogulen, die Mongolen und Marco Polo waren hier einst unterwegs – aber noch nicht so eingezwängt zwischen überfüllten pakistanischen Autobussen und desolaten afghanischen Lkws.
Endlich oben, beim legendären Grenztor, erlebe ich den schaurigen Mikrokosmos eines kaputten Landes: den hemmungslosen Schwarzmarkt von in Heimarbeit hergestellten Waffen; das Angebot auch, meine Kamera gegen Drogen zu tauschen – und später die rasante Talfahrt in einem Sammeltaxi, dem auf meiner Seite die Türe fehlt. Mehr an Afghanistan-Lokalaugenschein kann ich nicht bieten. Aber seit diesem Erlebnis – übrigens noch lange vor Osama Bin Laden und seinem Terrornetzwerk – ist mein Interesse an diesem Stück „Geopolitik pur“ enorm gewachsen: wegen der Menschen dort, die sich bisher so erfolgreich gegen jeden Zähmungsversuch von Invasoren verteidigt haben – ob von Briten, Russen oder US-Truppen. Und wegen der Schrecken ihrer Stammes- und Glaubenskriege.
Neue Zeitenwende in Afghanistan
Seit einer Woche wissen wir: Wieder einmal ist Zeitenwende. Denn bis 11. September dieses Jahres – bis zum 20. Jahrestag von „9/11“ – zieht nun auch Amerika (samt befreundeten NATO-Truppen) aus Afghanistan ab. Der längste Krieg der USA geht zu Ende – an seinen Zielen gescheitert und mit enormen Kosten an Mensch und Material.
Was Amerika wollte: das ferne Land stabilisieren und zugleich die Taliban vernichten – nichts ist daraus geworden. Am Ende verhandelte schon Donald Trump mit den Todfeinden, dem innerafghanischen Dialog aber fehlt jeder Fortschritt. Der kommende Abzug enthüllt das Ausmaß der Hoffnungslosigkeit: Wie zuvor die Sowjets, so hat auch Amerika im Schatten des Hindukusch die Grenzen seiner Macht erlebt. 20 Kriegsjahre haben zudem viel vom einstigen Terrortrauma des 11. September vergessen lassen.
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