Joe Biden: Eine Welt ganz ohne Kriege?
Über die Visionen und Irrealismen des neuen US-Präsidenten.
Über die Visionen und Irrealismen des neuen US-Präsidenten.
Und wieder einmal acht Tage „Welt-Entsagung“. Kein Radio und TV, aber viel Stille. Nur im Koffer ein Rest von Versäumtem: zwei Dutzend gesammelte Artikel aus Zeitschriften und Kopiertes aus Büchern. Nichts davon mit Anspruch auf Aktualität.
Und doch: Manches davon ist am Ende nicht im Kloster-Müll gelandet, sondern gemeinsam mit mir heimgekehrt. Darunter die erste Rede Joe Bidens in der UNO-Generaldebatte von Ende September. Wie nie zuvor müsse die Welt jetzt zusammenhalten, sagte er da – und verwies auf Corona, Klimakrise, neue Cyber-Drohungen und den bisher kaum gehörten Ruf nach mehr „globaler Menschenwürde“. Nicht schlecht.
Was mich (als altgedientem Ghostwriter vergangener Jahrzehnte) aber besonders interessiert hat: Wie würde der erfahrende Haudegen Biden den schmachvollen US-Abzug aus Afghanistan darstellen, der eben mit dem letzten Heldenbegräbnis eines US-Soldaten sein (vorläufiges) Finale gefunden hatte? Würde er das Scheitern der Weltmacht mit gesenktem Haupt gestehen? Oder die Schuld verteilen – auf das Rachebedürfnis Amerikas nach 9/11, auf die Fehleinschätzungen seiner Vorgänger, die Gnadenlosigkeit des Terrors und auf die Demokratie-Ferne afghanischer Kriegsherren? Was alles nicht falsch wäre.
Bidens „unnachgiebige Diplomatie“
Nein, der US-Präsident fand eine ganz andere Lösung aus dem Dilemma: Feierlich verkündete er, Amerika sei jetzt erstmals seit 20 Jahren weltweit nirgends mehr in einen Krieg verwickelt. Statt Kampf zähle ab nun eine „unnachgiebige Diplomatie“. Und: Die Ära einer „gespaltenen Welt“ müsse zu Ende sein, trotz aller Differenzen. Also: Zurück an Verhandlungstische, alte Bündnisse wiederbeleben und Menschenrechte vor Machtspiele.
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