Vom Vergessen - und Bewahren

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Wieviel Erinnerung braucht der Mensch? Eine Frage anlässlich 75 Jahre Kriegsende.

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Wieviel Erinnerung braucht der Mensch? Eine Frage anlässlich 75 Jahre Kriegsende.

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Da ist sie also, die alte Frage: Wie viel an Erinnerung brauchen wir Menschen? 75 Jahre nach Diktatur, Krieg und nach Österreichs Wiedergeburt aus Zerstörung, Not und Schuld meldet sich jetzt wieder unser Gewissen: Was von alle­dem, was da war, dürfen wir vergessen? Und was müssen wir behalten?

Die Antwort ist schwierig – und sie wird noch schwieriger, je weiter wir uns von den Tragödien von einst entfernen. Die Erinnerungs-Skeptiker sagen: Sobald die Opfer anerkannt und die Täter zur Rechenschaft gezogen sind, sollte „die Heilkraft des Vergessens“ einsetzen. Denn unserem Gehirn sei neben dem Gedächtnis auch eine „Löschfunktion“ geschenkt – um all das loszulassen, was uns belastet, verstört und entzweit. Damit wir neu denken, handeln und auch lieben können.

Keine neue These übrigens: In vielen Friedens­verträgen der Geschichte war den Konfliktgegnern das Vergessen aller Gräuel sogar zur Pflicht gemacht worden. „Was etwa wäre Millionen Menschen auf dem Balkan erspart geblieben, hätten die Serben nur ihre ‚Schlacht auf dem Amselfeld‘ gegen die Türken (im Jahr 1389) vergessen“, hat erst jüngst ein Historiker gemeint. Denn das Schlimme wiederhole sich oft gerade deshalb, weil Menschen sich daran erinnern.

Zukunft braucht Herkunft

Ganz anders die gängige Mehrheitshaltung: Geschichte kenne kein Ablaufdatum – sie sei unser wichtigster Lehrmeister gegen den Rückfall in die Bestialität. „Wer die Vergangenheit nicht kennt, dem fehlt die Kraft, Zukunft zu gestalten“, hat Jean-Claude­ Juncker dieser Tage im ORF gesagt. Das Kürzel heißt „Zukunft braucht Herkunft“.

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